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Zwischen Kult und Kitsch: Cliff Richards Orchester-Album

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Cliff Richard
Cliff Richard hat seine Hits zu Swing-Nummern umgewandelt. © --/WMG Warner/dpa

Er steht länger auf der Bühne als fast alle seiner britischen Musiker-Kollegen. Mit 83 Jahren veröffentlicht Cliff Richard jetzt ein Orchester-Album, auf dem er erstaunlich jugendlich klingt.

London - Nach 65 Jahren im Musikgeschäft hat Cliff Richard immer noch nicht genug. Wer gedacht hatte, dass seine „The Great 80 Tour“ ein Abschied von der Bühne war, hat sich geirrt. Denn im November geht der mittlerweile 83-jährige Sir Cliff wieder auf Tournee im Vereinigten Königreich.

Und kurz zuvor veröffentlicht der unermüdliche Sänger mit der soften Stimme ein neues Album mit alten Songs, auf dem er sich von einem Orchester begleiten lässt. Richard nennt es eine „emotionalen Reise“ in die Vergangenheit.

Karriereumspannend ist „Cliff With Strings - My Kinda Life“ nicht so ganz. Das Repertoire beschränkt sich überwiegend auf die erste Hälfte von Sir Cliffs langlebiger und erfolgreicher Karriere. Die Tracklist beinhaltet Ohrwürmer der 50er und 60er Jahre („Living Doll“, „The Young Ones“), 70er- und 80er-Pophits („We Don't Talk Anymore“, „Wired For Sound“) und seine eher schnulzigen Balladen aus den späten 80ern und früheren 90ern („The Best Of Me“, Peace In Our Time“).

Originale Gesangsspuren wurden verwendet

Neu eingesungen hat Sir Cliff die Songs nicht - wer will es ihm mit 83 Jahren verdenken. Die hohen Töne von „We Don't Talk Anymore“ oder „Carrie“ fallen dem Musik-Veteran vermutlich nicht mehr ganz so leicht wie vor 40 Jahren oder mehr. Stattdessen wurden für „Cliff With Strings - My Kinda Life“ die originalen Gesangsspuren verwendet und mit neuen Band- und Orchester-Arrangements kombiniert. Ähnlich haben es vor kurzem die britischen Hardrocker Def Leppard gemacht.

So sind Rock'n'Roll-Oldies wie „Living Doll“ oder „Summer Holiday“ im neuen Arrangement zu wunderbaren Swing-Nummern geworden. Wie passend, denn ein Crooner war Sir Cliff genau genommen schon immer - eher ein Bobby Darin als ein Tony Bennett. Bei „We Don't Talk Anymore“ sind die Synthesizer der orchestralen Begleitung gewichen. Durch die atmosphärischen Streicher bekommt die tanzbare Popballade einen Hauch von Burt Bacharach.

Bei „Marmaduke“, dem einzigen Song auf der neuen Zusammenstellung, der keine Single war, überraschte Cliff Richard 1989 mit einem fetten Rocksound, mit pulsierendem Schlagzeug und kräftigen E-Gitarren. Die neu arrangierte Version ist hingegen deutlich zurückgefahren und hat auch nicht den gigantischen Orchestersound. Es ist eher eine Mischung aus Blues, Country und Bluegrass mit Mundharmonika, Geige und Slide-Gitarre.

Ein bisschen Kitsch schwang beim einstigen Rocker spätestens seit den 70er Jahren mit, manchmal auch ein bisschen mehr. Da ist „Cliff With Strings - My Kinda Life“ keine Ausnahme. Seine Version von Bryan Adams' Megaballade „(Everything I Do) I Do It for You“ ist dermaßen dick aufgetragen, dass sie so klingt wie die musikalische Version eines Internet-Memes von einem Sonnenuntergang, das am Hochzeitstag bei Facebook gepostet wird. Der Gesang stammt übrigens von Sir Cliffs Millennium-Konzert 1999.

Duett mit Olivia Newton-John

Nicht unbedingt weniger kitschig, aber dennoch sehr schön ist die neue Version von „Suddenly“, dem Duett mit der 2022 gestorbenen Olivia Newton-John aus dem trashigen Kultfilm „Xanadu“ von 1980. Dafür wurde nicht die Tonspur von damals genutzt, sondern eine Live-Aufnahme von 2015 anlässlich Richards 75. Geburtstag.

„Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut unsere Stimmen zusammen klingen, und über die kristallklare Eleganz, die Olivia immer ausgestrahlt hat“, heißt es von Sir Cliff dazu im Begleittext. „Ich freue mich, dass ich diese tolle Performance noch mal hervorheben konnte.“

Seit 1958 hat Cliff Richard fast 50 Alben und mehr als 200 Singles veröffentlicht - eine stattliche Diskografie. Im Vergleich dazu ist sein neues Album mit nur zwölf Songs fast etwas kurz geraten. Ein Kultklassiker wie „Lucky Lips“, das in Deutschland und mehreren anderen Ländern ein Nummer-eins-Hit war, fehlt zum Beispiel - schade. Aber ansonsten ist „Cliff With Strings - My Kinda Life“ ein kurzweiliges musikalisches Vergnügen. dpa

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