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Witz

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Wird der Witzeerzähler die Pointe hinbekommen, vor allem nicht zu früh?
Wird die Erzählerin die Pointe hinbekommen, vor allem nicht zu früh? © IMAGO/Hodei Unzueta

Wenn jemand einen Witz erzählt, muss man manchmal hoffen, dass man es bald hinter sich hat. Andererseits kann der W. auch was fürs Leben sein. Die Kolumne „Times mager“.

Einen Witz erzählt zu bekommen, ist umgekehrt proportional zur Zahl der Zuhörer und Zuhörerinnen ein Stress. Wird man den Witz verstehen, im richtigen Moment lachen, vor allem nicht zu früh? Wird der Witzeerzähler die Pointe hinbekommen, vor allem nicht zu früh? Je länger der Witz, desto höher die Ansprüche. Ansprüche an das Hirn, logisch, aber da kann man noch mit dem Operettenprinzen Sou-Chong sagen: Wie’s da drin aussieht, geht niemand was an. Ansprüche aber eben auch an die Mimik, die am besten eine freudige Spannung aufrechterhalten sollte, weil man sich auf die Pointe freut und überhaupt des Lebens. Einen Witz erzählt zu bekommen, kann einen so in Verlegenheit bringen, dass man schon vor Erleichterung fröhlich wird, wenn man es hinter sich hat. War doch ganz lustig, und wenn nicht, hatte man ausreichend Zeit, sich einen eleganten Themenwechsel zu überlegen.

Der Witzeerzähler soll sich nicht unwohl fühlen, bloß weil er einen Witz erzählt hat. Es ist nett und freundlich und sogar ein bisschen mutig, einen Witz zu erzählen. Wer einen Witz erzählt, will anderen Menschen eine Freude machen. Trotzdem gut, dass im Krimi neulich das nervige Kind bis zum Schluss daran gehindert wurde, einen Witz zu erzählen (das war sozusagen der Witz). Kinder, die Witze erzählen, üben sich in Konzentration und Rhetorik und sind weitaus rührender als Erwachsene, die Witze erzählen. Im Krimi war es übrigens ein Mädchen, unter Erwachsenen ist das Witzeerzählen weitgehend eine Männerdomäne. Die meisten Erwachsenen sind aus dem Witzeerzählen herausgewachsen.

Aber wie sind wir jetzt darauf gekommen? Erstens wurde im Büro ein Witz erzählt, ein sehr langer. Er war sehr gut und auch sehr gut erzählt, angekündigt allerdings bereits als Philosophenwitz, so dass im Raum sofort Panik aufkam. Ein Philosophenwitz ist offensichtlich die Steigerung eines Witzes, was Anspruch und Länge betrifft. So war es dann auch. Die Pointe – à la bonne heure, nicht direkt ein Schenkelklopfer, dafür aber was fürs Leben.

Zweitens landete ein „Themenpitch“ in der Mail, und wenn man dann nicht in einer PR-Agentur tätig ist, kann einen das kurz aus der Bahn werfen. In diesem Fall auf eine Netzseite, auf der in aller Ruhe der Elevator Pitch erläutert wurde (dagegen ist ein Themenpitch Peanuts). Der Elevator Pitch ist offenbar die hohe Schule des flinken Andrehens, aber so viel Zeit muss sein: „Sie könnten zum Beispiel mit einem lockeren Witz einsteigen, um für eine entspannte Atmosphäre zu sorgen.“ Auf den „lockeren Witz“ kann man wiederum klicken, aber dazu fehlte uns bisher der Mut und, wie Sie sehen, nun auch der Platz.

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