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Ein Präsident für die Drecksarbeit

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Angolas amtierender Präsident (l.) und sein Nachfolgekandidat auf einer Veranstaltung.
Angolas amtierender Präsident (l.) und sein Nachfolgekandidat auf einer Veranstaltung. © afp

In Angola übergibt der kranke Staatschef José dos Santos das Zepter an João Lourenço, der nicht zu beneiden ist.

Das Interessante an den heutigen Wahlen in Angola fand schon Monate vorher statt: Anfang des Jahres gab der seit 38 Jahren regierende Staatschef José dos Santos bekannt, dieses Mal nicht wieder zur Wahl zu stehen: Und ausnahmsweise schien es der 72-jährige Langzeitpräsident sogar ernst zu meinen. Bereits wiederholt hatte der enigmatische Herrscher seinen Rücktritt angekündigt. Bislang allerdings nur, um potentielle Konkurrenten aufzuspüren, die unvorsichtig genug waren, nach seiner Ankündigung schnell ihren Finger zu heben. Ihre politische Laufbahn war damit beendet.

Staatschef José dos Santos an Krebs erkrankt

Die Gründe, dass dos Santos‘ Ankündigung dieses Mal ernst zu nehmen ist, sind an zwei Fingern abzuzählen. Der in Moskau ausgebildete Ex-Sozialist ist an Krebs erkrankt, und seine südwestafrikanische Heimat braucht dringend jemanden, der sie aus wirtschaftlicher Erstarrung führt. Als zweitgrößter Erdölproduzent Afrikas hat Angola nach dem Ende seines Bürgerkriegs 2002 einen atemberaubenden Wirtschaftsboom erlebt. Doch der Verfall des Erdölpreises hat den 28 Millionen Einwohner zählenden Staat inzwischen in eine Rezession gestürzt.

Schlechter afrikanischer Diktatorentradition folgend hatte dos Santos zunächst versucht, einen seiner Söhne als Nachfolger zu installieren. Doch seine Partei, die Volksbewegung für die Befreiung Angolas (MPLA), sagte „não“.

Wie in zahlreichen anderen Ländern des südlichen Afrika ist in Angola noch immer die schon in den 50er Jahren gegründete Befreiungsbewegung an der Macht – und weniger zerstritten als in Simbabwe oder Südafrika. Auch sein zweiter Vorschlag für einen Nachfolger, Manuel Vicente, fand unter den Genossen keinen Gefallen: Der ehemalige Chef der staatlichen Erdölfirma Sonangol gilt als hochgradig korrupt und muss sich in Portugal sogar vor Gericht verantworten.

Schließlich einigten sich Partei und Präsident auf den 63-jährigen João Lourenço als Kandidat: Der ehemalige General und Verteidigungsminister hat das Charisma eines russischen Kampfpanzers. „Diszipliniert“ ist das Eigenschaftswort, das Kennern des Kandidaten zu seiner Beschreibung einfällt. Und dass er nur selten mal lächelt. Auch wenn ihm ein Wahlsieg angesichts der überwältigenden Macht der Regierungspartei sicher ist, hat Lourenço tatsächlich wenig zu lachen.

Dos Santos stellte sicher, dass sein Nachfolger nicht nach eigenem Gutdünken regieren kann. Der Langzeitpräsident bleibt mindestens für die kommenden fünf Jahre noch MPLA-Chef und Patriarch der einflussreichsten Familie des Landes. Seine Tochter Isabel, die reichste Frau Afrikas, leitet Sonangol und sein Sohn José Filomeno steht dem über fünf Milliarden Dollar schweren staatlichen Investmentfond vor. Dos Santos, der sich in seiner fast vier Jahrzehnte langen Amtszeit Milliarden an Erdöldollar in die Taschen fließen ließ, stellte außerdem sicher, dass er nach seinem Rücktritt nicht vor den Kadi gezogen werden kann.

Halbierung der Erdöleinnahmen von 60 Milliarden Dollar

Und erließ noch schnell ein weiteres Gesetz, das seine Freunde an der Spitze der Armee und Polizei in den kommenden acht Jahren vor einem Rauswurf schützt. „Kamerad No 1“ habe zwar die Tür hinter sich geschlossen, sagt sein ehemaliger Premierminister Marcolino Moco: „Aber er hat den Schlüssel behalten.“

Dem ernsten Lourenço bleibt nun die Drecksarbeit. Er muss dafür sorgen, dass die Halbierung der Erdöleinnahmen von 60 Milliarden Dollar in den vergangenen drei Jahren irgendwie ausgeglichen, die Inflation von 45 Prozent bekämpft und die Arbeitslosigkeit von weit über 20 Prozent verringert wird. Gelingt ihm das nicht, wird die Unzufriedenheit in dem südwestafrikanischen Staat noch größer werden.

Schon heute gelingt es den Sicherheitskräften nur mit drakonischen Mitteln, die Straßen von Demonstranten frei zu halten. „Angola hatte viel Geld und eine große Chance, etwas für seine Bevölkerung zu tun“, sagt Francisco Miguel Paulo, Ökonom an der Katholischen Universität Angolas: „Diese Chance wurde leider vertan.“

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