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Hessen: CDU und SPD unterzeichnen Koalitionsvertrag

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Nancy Faeser (SPD, links) und Boris Rhein (CDU, 2. von links) sprachen von vertrauensvollen Verhandlungen.
Nancy Faeser (SPD, links) und Boris Rhein (CDU, 2. von links) sprachen von vertrauensvollen Verhandlungen. Michael Schick © Michael Schick

CDU und SPD besiegeln mit ihrem Koalitionsvertrag ein neues Bündnis für den hessischen Landtag. Kritik kommt von den Grünen und den Linken.

Hessen wird bald von einer schwarz-roten Koalition regiert: Ministerpräsident und CDU-Landeschef Boris Rhein sowie Bundesinnenministerin und SPD-Landesvorsitzende Nancy Faeser haben am Montag den Koalitionsvertrag unterzeichnet, symbolisch mit schwarzer beziehungsweise roter Farbe. Mit dem ersten „christlich-sozialen“ Bündnis in Hessen unter Führung der CDU schlügen die Parteien ein neues Kapitel auf, sagte Rhein im Neubau des noch nicht eröffneten Museums Reinhard Ernst. Wie der Titel des Vertrags, „Eine für alle“, deutlich mache, handele es sich um eine Koalition für alle Bürgerinnen und Bürger: „Wir wollen die Mehrheit und die gesellschaftliche Mitte stärken, aber wir wollen selbstverständlich auch Minderheiten schützen.“ Ziel sei ein neuer Zusammenhalt.

Faeser erklärte, in Zeiten der Verunsicherung, zu der etwa die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine beigetragen hätten, seien Stabilität und soziale Sicherheit besonders wichtig. Als eine Gemeinsamkeit der Parteien sieht die Ministerin, dass sie „vor Ort“ seien und sich kümmerten. Die künftige Koalition trete an, um das Leben der Menschen zu verbessern und dafür zu sorgen, dass sie zum Beispiel weiterhin Arbeitsplätze hätten, Hessen ein guter Standort für die Industrie bleibe und es ausreichend Kinderbetreuungsmöglichkeiten gebe.

Für die Unterzeichnung hat das Bündnis das Museum bewusst ausgewählt. Es stehe für etwas Neues, Modernes, sagten die Parteivorsitzenden fast wortgleich. „Jeder, der hier hereinkommt, spürt, dass etwas Neues stattfindet“, fügte Rhein hinzu.

Auch sonst demonstrierten sie immer wieder Einigkeit, nickten bei den Worten des anderen. Faeser betonte erneut, die CDU sei der SPD bei den Verhandlungen auf Augenhöhe begegnet, obwohl ihre Partei bei der Wahl am 8. Oktober mit 15,1 Prozent der Stimmen ein sehr schlechtes Ergebnis erzielt habe. Die CDU erreichte als stärkste Kraft 34,6 Prozent.

Am Wochenende hatten bei den Parteitagen 99 Prozent der CDU-Delegierten und 82 Prozent der SPD-Delegierten dem 184-seitigen Koalitionsvertrag für die Jahre 2024 bis 2029 zugestimmt. Bei den Sozialdemokraten übten vor allem die Jusos, die das Papier ablehnten, scharfe Kritik. Sie bemängelten die erheblichen Verschärfungen bei der Migration und ein „rechtspopulistisches Gender-Verbot“ an Schulen und Universitäten. Juso-Landeschef Lukas Schneider sprach von einer nicht akzeptablen Regierungsbeteiligung um jeden Preis. Die sozialdemokratische Handschrift sei so dünn wie Wasser.

Faeser wies die Kritik zurück. Die SPD habe beispielsweise im Hinblick auf mehr Kitaplätze und Lehrkräfte oder auf die Arbeitswelt ihre Positionen eingebracht, etwa mit einer Initiative für Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen oder einem Fonds, der auch kleineren Firmen helfen solle, die Transformation zu bewältigen.

Als Schwerpunkte der CDU nannte Rhein innere Sicherheit, Justiz, Landwirtschaft, Familienpolitik sowie Pflege. Für die SPD und damit gegen die Grünen habe sich die CDU aufgrund der größeren Schnittmengen entschieden. Am Ende gehe es darum, den Koalitionsvertrag umzusetzen, deshalb müsse auch der Partner einverstanden sein.

Der Vertrag sieht unter anderem höhere Investitionen in Schulen und Kitas vor, mehr Kompetenzen für die Polizei, eine Bauland-Initiative sowie Abschiebezentren und eine „Rückführungsoffensive“.

Nachdem CDU und SPD ihre Partnerschaft besiegelt hatten, monierten die Grünen, viele Fragen seien offengeblieben. „Auf fast 200 Seiten haben CDU und SPD in weiten Teilen einen Hauch von Nichts aufgeschrieben und sind sehr unkonkret geblieben“, sagte Fraktionschef Mathias Wagner. Auch lasse sich auf der „Demütigung eines Partners“ keine gute Regierungsarbeit aufbauen.

Die Linke, die den Wiedereinzug in den Landtag verpasst hat, bezeichnete den Vertrag als „Papier der leeren Versprechungen“. Die Landesvorsitzenden Christiane Böhm und Jakob Migenda sehen etwa bei den in Hessen dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen nur Absichtserklärungen. In der Migrations- und Asylpolitik werde Humanität gestrichen.

Der neue Landtag konstituiert sich am 18. Januar, bis dahin wird Hessen noch von der seit rund zehn Jahren bestehenden schwarz-grünen Koalition geführt. In der neuen Regierung wird die CDU acht Ministerien übernehmen, die SPD drei.

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