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Der Fall zum Abwinken

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Die umstrittene Szene: Tobias Stieler (rechts) zeigt Alassane Plea (Mitte) die Gelb-Rote Karte.
Die umstrittene Szene: Tobias Stieler (rechts) zeigt Alassane Plea (Mitte) die Gelb-Rote Karte. © (c) dpa-Zentralbild

Schiedsrichter Tobias Stieler hat mit der Gelb-Roten Karte für den Gladbacher Alassane Plea ein Zeiten gesetzt. Am besten wäre, wenn Plea zum Präzedenzfall wird damit das Abwinken endgültig eingestellt wird. Ein Kommentar.

Lothar Matthäus, seines Zeichens immer noch deutscher Rekordnationalspieler und inzwischen als Experte des Bezahlsenders Sky etabliert, versieht seinen Job inzwischen mit einer gewissen Routine. Gute Vorbereitung, breites Wissen und große Erfahrung sind die Grundlagen für seine fachlich gelungenen Analysen. Nur selten noch kommt in dem 58-Jährigen der frühere Spieler durch. Am Samstagabend aber redete sich Matthäus beim Spitzenspiel RB Leipzig gegen Borussia Mönchengladbach (2:2) fast wie in hitzigen „Loddar“-Zeiten in Rage.

Die Gelb-Rote Karte gegen Alassane Plea ließ ihn fast genauso zürnen wie die betroffenen Gäste. Eine Doppelbestrafung nach Reklamieren und Abwinken in ein und derselben Szene raube dem Fußball seine letzten Emotionen, wetterte Matthäus. Dieselbe Argumentationskette knüpfte der nicht minder aufgebrachte Max Eberl, der als Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach die verschärfte Regelauslegung unmöglich fand. Man müsse aufpassen, dass die Fußballprofis keine Zinnsoldaten werden, die nur noch funktionieren müssten, schimpfte Eberl. Ist der Ärger anerkannter Branchengrößen nachzuvollziehen? Allenfalls teilweise.

Solch abfällige Gesten gegenüber Schiedsrichtern sind überflüssig. Tobias Stieler hat ja selbst eingeräumt, dass er in der Hinrunde keinen Platzverweis ausgesprochen hätte, aber nun komme halt ein anderes Regelwerk zur Anwendung. Und der 38-Jährige verwies auf eine Verständigung, neudeutsch „Commitment“, die es neuerdings gebe.

DFB gibt Rückendeckung

Der inzwischen in Hamburg beheimatete Referee der SG Rosenhöhe bekam am Sonntag von DFB-Seite wie erwartet Rückendeckung dafür, ein deutliches Zeichen gesetzt zu haben: Der kleinste Anflug von Respektlosigkeit wird mit einer Verwarnung geahndet, selbst wenn damit große Spiele massiv beeinflusst werden. Da sagt ein Verband jeder Form von Unsportlichkeit den Kampf an.

Es sind harte erzieherische Maßnahmen. Aber was machen Pädagogen mit Kindergartenkindern, die trotz aller Verbote Wände anmalen, beim Essen nicht still sitzen oder anderen die Spielsachen wegnehmen? Sie wiederholen und verschärfen notfalls die Sanktionen, bis das Gemeinwohl der Gruppe nicht mehr gefährdet ist. Ähnlich beharrlich muss jetzt im Fußball durchgegriffen werden, um zum von Stieler nicht zu Unrecht eingeforderten Umdenken zu kommen.

Ähnlich war es einst im Handball, als nach einem Pfiff der Ball sofort freizugeben war. Letztlich hat das konsequente Durchgreifen geholfen, den Spielfluss und das Benehmen zu verbessern. Natürlich liegt Borussen-Trainer Marco Rose nicht völlig falsch, dass er mit seinem Verhalten nicht dafür zuständig ist, wenn in unteren Fußballligen Schiedsrichter geschlagen werden. Aber wenn Bundesligaspieler bei vielen Schiedsrichterentscheidungen eine herablassende Geste machen, färbt das natürlich bis unten an die Basis ab.

Dass den Referees bei den Amateuren zu wenig Respekt entgegengebracht wird, hat sehr wohl mit fehlender Vorbildfunktion bei den Profis zu tun. Gerade bei Jugendlichen geht schnell in Fleisch und Blut über, was sie wöchentlich bei ihren Idolen beobachten. Am besten wäre, wenn Plea zum Präzedenzfall wird: Und die mehr als 550 Kicker aller Nationen aus der Bundesliga ab sofort mal das Abwinken einstellen.

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