Robin Menges
Kinder in Krisen sinnvoll begleiten
Psychische Resilienz und menschliche Verletzlichkeit hängen im tiefsten Kern zusammen. Der Beitrag zeigt sieben grundlegende Möglichkeiten, dem Schmerz und der Verletzlichkeit von Kindern zu begegnen und dadurch ihre gesunden Stress-Reaktionen und damit einhergehend ihre Resilienz zu stärken.
Wissen Sie, wie viele Superhelden es gibt? Ich war bass erstaunt, wie lang die Wikipedia-Liste der Superheldenfilme ist, noch länger ist die der Comics, der Figuren etc. Besonders beeindruckt hat mich, dass dieses Genre in den letzten 20 Jahren förmlich explodiert ist.
Ich bin keine große Filmschauerin und auch kein besonderer Fan von Superhelden, gleichzeitig haben sie doch auch mein Großwerden geprägt. Superman und Co. sind Teil unserer Sozialisation, genauso wie die Held:innen in Märchen und die Heroen der Antike. Es gibt eine menschliche Faszination für die Ausnahmefiguren, die scheinbar Unmögliches möglich machen.
Dieser Faszination entspringt wohl auch der Beginn der Resilienzforschung. Seit Mitte der 1950er-Jahre werden in unterschiedlichsten Ländern Kinder untersucht, die trotz schwierigster Verhältnisse relativ gut im Leben stehen und auf ihre Weise den Widrigkeiten in ihrem Leben etwas entgegensetzen.
Faszination Resilienz
Wir reden von Kindern, die sich trotz hoher Risikofaktoren gut entwickeln, in Stresssituationen kompetent reagieren und sich von traumatischen Erlebnissen erholen. Konkrete Zahlen (Werner 1997) zeigen: Zwei Drittel der Kinder, die in extremer Armut, in zerrütteten Familien, in einem von Drogen- und Alkoholmissbrauch geprägten Umfeld und mit Gewalterfahrungen sowie anderen Risikofaktoren aufwachsen, sind nachhaltig verletzt und kommen schwer aus diesem Umfeld heraus. Die Gewaltspirale dreht sich weiter, auch Probleme wie Substanzmissbrauch etc. bleiben bestehen oder verschlimmern sich. Aber das Erstaunliche ist – und lässt uns diese Kinder an Superheld:innen erinnern – jenes „Drittel der Kinder, die trotz der Erfahrung von mindestens vier der erfassten Risikofaktoren zu kompetenten, zuversichtlichen und fürsorglichen Erwachsenen heranwuchsen“ (Werner 1997, S.103 / Übersetzung Autorin).
Wäre es nicht schön, wenn Kinder (und auch Erwachsene) wie von Zauberhand unbeschadet durch Krisenzeiten und unverletzt aus schwierigen Verhältnissen hervorgingen? Immer wieder begegnen auch wir Kindern, die sich offensichtlich gut inmitten der Widernisse des Lebens bewähren. Kinder, von denen wir es nicht erwarten würden; Kinder, die aus schwierigen Verhältnissen kommen; Kinder, die kranke Elternteile haben; Kinder, die traumatisiert sind und gleichzeitig und auf beeindruckende Weise die Schule gut meistern, freundlich sind, sich sozial kompetent einbringen und vieles mehr.
Resilienz als Umgang mit Überforderung und Stress
Resilienz als Phänomen der Entwicklungspsychologie wird seit 70 Jahren erforscht und der Ruf nach Resilienz ist zu einem der schnellsten Reaktionen auf schwierige Verhältnisse geworden. Wenn Sie im Netz nach Resilienztraining suchen, kommen unzählige Angebote. Es scheint, jede:r hat etwas dazu beizutragen.
Es ist kein Zufall, dass dieser Text drei Jahre nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie erscheint. Wir sehen jetzt die psychischen Folgen der umfassenden Verunsicherung der Gesellschaft an konkreten Zahlen der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Vor allem die Erfahrung der gefühlten Bedrohung hinterließ Spuren in Form von gesteigerten Ängsten und Depressionen (vgl. Schenk 2022 sowie den Grundlagenbeitrag „Alles, was stärkt“).
Je mehr ich mich mit…
