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Eine Wetterstation aus dem 3D-Drucker

Bei einem Workshop am Institut für Meteorologie konnten Studierende mithilfe neuer Technik eine Wetterstation bauen

25.10.2018

Für einen Windgeschwindigkeitsmesser, der einem kleinen Propeller gleicht, benötigt der Drucker etwa zwölf Stunden.

Für einen Windgeschwindigkeitsmesser, der einem kleinen Propeller gleicht, benötigt der Drucker etwa zwölf Stunden.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Experiment geglückt – die neue Wetterstation, die Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Meteorologie im Rahmen eines Workshops während der vorlesungsfreien Zeit gebaut haben, erfasste alle Daten, die an diesem Spätsommertag für die Wetterbeobachtung relevant waren: Temperatur: 20.8 Grad Celsius, Windgeschwindigkeit: null Meter pro Sekunde, Luftdruck: 1013 Hektopascal, Luftfeuchtigkeit: 59.5 Prozent, Strahlung: 120 Watt pro Quadratmeter, Niederschlag: null Millimeter. Das Besondere an der Station ist, dass ihre einzelnen Komponenten – kleine weiße Plastikteilchen – Schicht für Schicht in einem 3D-Drucker gedruckt wurden.

Interdisziplinäre und internationale Bastelarbeit

Eine Woche lang hatten rund 20 Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen aus Berlin und Potsdam geplant und gebastelt. Sie kamen von der Freien Universität, der Technischen Universität und der Humboldt-Universität sowie vom Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ), dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Potsdam (AWI), der Universität Potsdam und dem Wissenschaftsladen Potsdam. Meteorologieprofessor Henning Rust von der Freien Universität und der wissenschaftliche Mitarbeiter Christopher Kadow leiteten den Workshop gemeinsam mit dem aus den USA von der University Corporation for Atmospheric Research (UCAR)/National Center for Atmospheric Research (NCAR) angereisten Paul Kucera.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Meteorologie, Physik, Informatik und Geoökologie arbeiteten in fünf Gruppen an den verschiedenen Teilen der Messstation.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Meteorologie, Physik, Informatik und Geoökologie arbeiteten in fünf Gruppen an den verschiedenen Teilen der Messstation.
Bildquelle: Petra Grasse und Organisationskomitee

Drucken über Nacht

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiteten in fünf Gruppen an den verschiedenen Teilen der Messstation. Sie kamen aus verschiedenen Disziplinen, etwa der Physik, Informatik, Geoökologie und der Meteorologie. Gedruckt wurden die Einzelteile über Nacht und zum Teil auch schon in den Wochen vor dem Workshop. Denn die Herstellung braucht Zeit: Für einen Windgeschwindigkeitsmesser, der einem kleinen Propeller gleicht und die Größe von etwa drei Tannenzapfen hat, benötigt der Drucker etwa zwölf Stunden. Aber auch während des Workshops wurde der Drucker ausgiebig genutzt: etwa wenn kaputtgegangene Teile nachgedruckt werden mussten. Oder wenn ein Einzelteil aus dem Gerät zu Lehrzwecken von den Dozenten „über Nacht“ herausgenommen wurde, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer herausfinden sollten, wo der Fehler liegt und sie das fehlende Stück anschließend noch einmal drucken mussten.

Deutlich geringere Kosten für selbstgedruckte Instrumente

Die Arbeit mit dem 3D-Drucker sei aber nicht nur interessant und mache Spaß, sagt Henning Rust. Die Produktion der derart hergestellten Wetterstation habe vor allem meteorologischen, ökonomischen und pädagogischen Nutzen: Eine „3D-Printed Automatic Weather Station“ (3D-PAWS) koste 500 Dollar und sei damit wesentlich günstiger als eine Standardstation, deren Kosten sich auf rund 15 000 beliefen. Dadurch sei eine breitere räumliche Abdeckung durch Wettermessgeräte überall auf der Welt möglich, sagt Rust. „Wenn wir in Berlin auf dem gesamten Stadtgebiet nicht nur – wie derzeit – fünfzehn Stationen hätten, sondern wenn zahlreiche kleine, über das Internet angebundene Geräte beispielsweise an Laternen hängen würden, hätten wir eine größere Datenmenge zur Verfügung.“ Die Geräte könnten dann zu einer genaueren Dokumentation des städtischen und globalen Klimawandels beitragen – ein Projekt, mit dem sich Paul Kucera befasst.

Kucera hat ähnliche Workshops wie den am meteorologischen Institut der Freien Universität bereits vor allem in afrikanischen Ländern angeboten. Gerade in ärmeren und weniger dicht besiedelten Gebieten sei es ein großer Vorteil, günstige Messgeräte – und wenn nötig – Ersatzteile selbst drucken zu können. Die Daten der Messgeräte sind von überall auf der Welt am Computer oder Smartphone online live abrufbar. Henning Rust und Christopher Kadow waren bei einer internationalen Tagung auf Kuceras Projekt aufmerksam geworden. Darüber waren die Kooperation und der Workshop zustande gekommen.

Eine 3D-Printed Automatic Weather Station“ (3D-PAWS) ist wesentlich günstiger als eine Standardstation, deren Kosten bei etwa 15 000 Dollar liegen.

Eine 3D-Printed Automatic Weather Station“ (3D-PAWS) ist wesentlich günstiger als eine Standardstation, deren Kosten bei etwa 15 000 Dollar liegen.
Bildquelle: Petra Grasse und Organisationskomitee

Die Entwicklungskette von Anfang bis Ende mitmachen

Das Selbstbauen der Messinstrumente habe für die Studierenden einen ganz anderen Anschaulichkeitswert, als wenn sie mit fertigen und bestellten Teilen arbeiteten, sagt Christopher Kadow. Nur so lasse sich die Funktion der Einzelteile tatsächlich nachvollziehen: „Bei High-End-Geräten lassen sich weder die Bewegungen einer Niederschlagswippe, die für die Messung der Regenmenge zuständig ist, beobachten, noch das Schalenkreuzanemometer, das die Windgeschwindigkeit misst, zusammenstecken. Da drückt man auf einen Knopf, und es funktioniert. Wer selbst baut, macht die Entwicklungskette von Anfang bis Ende mit.“

Auch außerhalb der universitären Lehre soll die Methode zum Einsatz kommen. Beim Girls' Day sei der 3D-Drucker beispielsweise sehr gut angekommen. Aber auch für den Geografieunterricht in der Schule könne er genutzt werden. Anders als statische Wetterkarten verspricht besonders die technische Anbindung, das Interesse der Schülerinnen und Schüler zu wecken. „Auf ihrem Smartphone können sie die Daten der von ihnen gebauten und an ihrer Schule errichteten Messstation jederzeit live ablesen“, sagt Rust. Um sie dann mit den Daten etwa in Simbabwe vergleichen zu können, wo ebenfalls eine Wetterstation aus dem 3D-Drucker steht.

Weitere Informationen

Die Daten der selbstgedruckten Wetterstation sind in Echtzeit online abrufbar.