Last Frontier – Freeriden im Denali Nationalpark

Pilotin Leighan öffnete das Cockpit-Fenster ihrer einmotorigen Propellermaschine de Havilland Canada DHC-3, manövrierte routiniert zwischen den vertikalen Granitzacken der Alaska Range hindurch und warf schwarze, beschwerte Beutel hinunter auf das makellose Weiß des Pika-Glaciers. Im Winter überprüfen Alaska Buschpiloten wie Leighan so, ob ein sicheres Landen auf den verschneiten Gletscherflächen im Denali Nationalpark ohne präparierten Runway möglich ist. Bleiben die Beutel an der Oberfläche liegen, kann der Landevorgang eingeleitet werden. Versinken sie aber im Schnee, muss abgebrochen und umgekehrt werden. Unsere Beutel wurden vom Weiß der eingeschneiten Gletscherfläche verschluckt! Im März 2019 waren wir die Passagiere auf dem ersten Flug des Jahres in einen der entlegensten, kältesten und schneereichsten Winkel dieser Erde – die Alaska Range rund um den höchsten Gipfel Nordamerikas.

Time matters: Happy Birthday Henry

Chris, mein Tiroler Spezl und ich waren bereits 20 Stunden unterwegs, als wir von München aus auf unserem Weg nach Alaska in Seattle das letzte mal den Flieger wechselten. Hier trafen wir den dritten im Bunde, Henry aus der Schweiz kommend. Ein schnelles Bier auf das Wiedersehen und seinen heutigen Geburtstag und ab in den letzten Vogel dieser Tortur nach Anchorage.

Ein paar Stunden später holte uns Papa Erik – wir nennen ihn so, weil er rund zehn Jahre älter ist als wir – mit einem fetten USA-Pickup am Flughafen ab. Den Amerikaner Erik hatte ich vor ein paar Jahren beim Skifahren an einem grausam schlechten Skitag in Kirgistan in einer Bar kennengelernt. Eine innige Freundschaft entstand, wir begannen zusammen die besten Freeride-Spots dieser Erde zu bereisen.

Am frühen Abend checkten wir übermüdet in ein schäbiges Motel in Anchorage ein. Eine kurze Nachricht an die Frauen daheim: „Gut angekommen!“ Keine Antwort, zu Hause war längst tiefste Nacht. Langsam versanken unsere müden Knochen in den super soften, amerikanischen Queensize-Betten. „Mit 32 Jahren darf man nach einer über 24 Stunden langen Anreise auch mal müde sein“, sagte ich auf Deutsch zu meinen Mitstreitern aus Europa. „Das stimmt nicht ganz“, meint Henry und springt aus dem Bett. „10 Stunden Zeitverschiebung!“ Um alles genau zu berechnen reichte unser Hirn nicht mehr, aber feststand: Henry hatte noch oder schon wieder Geburtstag. Ab in eine Bar – happy Birthday Henry. Der Jetlag griff, wir wurden wach und wacher. Zweite Bar. Absacker bei indigenen Locals. Es war sechs Uhr morgens als wir wieder unser Motel erreichten. Alaska, here we are!

Talkeetna, das Hippie-Dorf am Ende der Welt

Der nächste Morgen war ein Graus. Nach drei Stunden Schlaf fraß uns die bittere Realität mit all ihrer Wucht. Ohne Erik wären wir wahrscheinlich nie auf den breiten Highway in Richtung unserer eigentlichen Bestimmung gekommen – wir fuhren nach Talkeetna, dem letzten bewohnten Ort vor der unendlichen Weite des Denali Nationalparks, dort wo Amerika gefühlt endet und nichts als Wildnis auf uns wartete, werden wir, sobald es das Wetter zulässt, ein kleines Flugzeug besteigen, und irgendwo inmitten des höchsten und kältesten Gebirges des nordamerikanischen Kontinents wieder ausgespuckt.

Unser Abenteuer begann in einem Hippie-Dorf der Neuzeit. Talkeetna hat rund 1.200 Einwohner, von denen gefühlt keiner wirklich von hier ist. Dieses Dorf zieht seit jeher Aussteiger aus der ganzen Welt an. Wir fragen uns warum? Trostlos ist es hier: flach, keine Berge in Sicht, nasskalt mit matschigem Schnee. Im Sommer soll es hier viele Touristen geben. Im Winter waren wir die einzigen. In den zahlreichen Bars floss der Alkohol in Strömen – die Locals betäubten den grauen Winter. Wir akklimatisierten uns kurz, lange wollten wir hier nicht bleiben.

Gut vorbereitet für ein Camp im Niemandsland

Geplant war, dass wir für plus/minus sieben Tage auf dem Pika Glacier in der Alaska Range ein Camp aufschlagen, um von dieser Base aus Skitouren in Angriff zu nehmen. Der kalte, staubtrockene Schnee Alaskas ist der Traum jedes Skifahrers. Und doch geht dieser nur für die Wenigsten in Erfüllung. Denn in Alaska gibt es kaum Skigebiete und die besten Areas erreicht man sowieso nur per ultrateurem Heli-Skiing. Oder eben wie wir: auf einem Wintercamp im Ungewissen.

Die nächsten Tage verbrachten wir mit den Vorbereitungen. Wir meldeten uns beim Flugplatz, fuhren noch einmal drei Stunden zurück nach Anchorage, um uns für eine Woche mit Proviant einzudecken und um uns das nötige Camp-Equipment, allem voran einen robusten Gaskocher und ein Satellitentelefon zu mieten. Von zu Hause hatten wir lediglich unsere Skiausrüstung, die wärmsten Klamotten unseres Kleiderschranks, Expeditions-Daunenschlafsäcke und drei mehr oder weniger winterfeste Zelte mitgebracht.

Zurück in Talkeetna registrierten wir uns in der Ranger Station des Nationalparks und bekamen eine Einweisung in die Benützung der so genannten „Clean Mountain Cans“ – wir nannten sie fortan liebevoll und selbsterklärend „Shit-Cans“ – denn in Amerikas Nationalparks wird Umweltschutz großgeschrieben! Das Ganze läuft ähnlich wie mit Müllsäcken auf Festivals ab: Gibt man sie gefüllt retour, bekommt man die Kaution zurück.

Schon von zu Hause aus hatten wir einen Flug mit dem Talkeetna Air Taxi in den Denali Nationalpark gebucht, allerdings ohne genauem Abflugdatum – ob geflogen werden kann oder nicht, hängt hier zu sehr vom aktuellen Wetter ab. Manchmal – so erfuhren wir in Talkeetna – kann es eine Woche dauern, bis sich ein Wetterfenster ankündigt.

Bruchlandung ins Abenteuer

Doch das Glück war auf unserer Seite. Gerade als wir die Vorbereitungen abgeschlossen hatten, kündigte sich Hochdruckeinfluss an. Talkeetna präsentierte sich im flachen Licht der Wintersonne weitaus weniger hässlich als an den Tagen zuvor. Am Horizont, aber doch unendlich weit entfernt, ragten die Riesen der Alaska Range in den Himmel. Wir wogen unser Equipment, beluden das Bushplane, eine rot-blaue de Havilland Canada DHC-3, bekamen eine kurze Einweisung von Pilotin Leighan und ein zugerufenes „Good Luck on the first mission of the year in the Alaska Range“. Ein Flug ins Ungewisse lag vor uns – im Nationalpark wurden enorme Schneemengen vermutet. Wir sind Freerider und keine Pioniere, für uns war der zu erwartende Neuschnee eine Freude.

Leighan hob ab, Talkeetna verschwand auf einer riesigen Ebene mit wildverästelten Flusssystemen, Wäldern und schneeweißem Niemandsland. Die Berge, auf die wir nun schnurstracks zusteuerten, wurden mächtiger und dominierten zusehends den Blick aus den kleinen Fenstern unseres Flugzeugs. Erik saß im Cockpit neben Leighan, er selbst ist ebenfalls Pilot und besitzt in Virginia ein kleines Sportflugzeug. Wir erreichten die ersten Berge, sahen den Denali, mit 6.190 Metern der höchste Berg Nordamerikas.

Leighan steuerte zielsicher auf einen tief zwischen Granitmonolithen eingeschnittenen Gletscher zu, der wiederum einige Kilometer weiter unten in einen noch viel größeren Gletscherstrom mündet: Den Kahiltna-Gletscher. Mit circa 70 Kilometern ist er einer der längsten der gesamten Welt.

Warum Leighan plötzlich schwarze Beutel aus dem Cockpitfenster schmiss erfuhren wir erst später! Sie begann mit dem Landeanflug auf das jungfräuliche Weiß des Pika-Galciers. Die Propeller staubten den frischen Schnee in die Luft, die Kufen unseres Flugzeugs setzten sanft auf die Oberfläche auf. Leighan musste es schaffen den Speed so zu dosieren, dass sie am oberen Ende des Gletschers – und noch vor dem Stehenbleiben – eine 180 Grad Kurve einlegen konnte, um anschließend wieder starten zu können. Aber die Schneemassen übertrafen alles Erwartete. Der linke Flügel unseres Flugzeugs fing sich im Schnee, brachte uns in Schräglage und im hinteren Bereich des Flugzeugs wurden wir fast von unserer eigenen Fracht erschlagen. Wir tasteten uns ab: alles heil, die Maschine war zum Stehen gekommen. Auf einmal war alles ganz still. Wir blieben einen Moment wie versteinert in Schräglage sitzen. Leighan sagte kein Wort, sie öffnete die Tür, sprang hinaus in die Kälte Alaskas und versankt bis zu den Schultern im Schnee. Auch wir verließen vom Adrenalin gepusht das Flugzeug – Henry ohne Handschuhe. Für Leighan, der zweite Schock innerhalb kürzester Zeit. Eine Flasche Fireball-Whiskey kullerte durchs Flugzeug, wir schnappten sie uns und nahmen einen kräftigen Schluck. Leighan schaute uns ungläubig an. Vielleicht fragte sie sich im Stillen: „Wen um aller Welt habe ich da gerade ins größte Abenteuer ihres Lebens gestoßen?“ Stattdessen aber sagte sie: “This was the worst landing of my life. An Alaska bushpilot never wants to experience something like this. The situation right now definitely rates a nine out of ten on my ‘What The Shit-o-Meter’!” Ok, nicht gut!

Schaufel-Party für Leighan

So wie es aussah war das Flugzeug heil geblieben. Wir mussten es lediglich wieder aufrichten und in die richtige Position bringen. Leichter gesagt als getan, denn ein Flugzeug – und auch kein kleines – kann man, wenn man selbst bis zur Brust im Schnee versinkt, nicht so einfach anheben. Uns blieb nichts anderes übrig, als unter der gegenüberliegenden Kufe so lange zu graben, bis der Vogel wieder halbwegs in der Waagerechten war. Nach einer gefühlten Ewigkeit buddeln war das Flugzeug wieder gerade, aber mittlerweile so tief im Schnee versunken, dass die Tragflächen eine Ebene mit der Schneeoberfläche bildeten.

Der erste Startversuch von Leighan misslang. In den nächsten Stunden bauten wir also eine Art Rampe vor dem Flugzeug und stapften mit unseren Skiern den Schnee zu einem Runway platt. Als Leighan erneut den Motor startete, wirbelt der Schnee zum dritten mal an diesem Tag durch die Luft. Mit Mühe und vollem Schub schaffte sie es ihre de Havilland Canada DHC-3 aus dem selbst geschaufelten Grab zu befreien, Geschwindigkeit aufzubauen und in Richtung Kahiltna-Gletscher abzuheben.

Rund 100 Kilometer von der Zivilisation entfernt brach eine Stille über uns herein, die wir so noch nie erlebt hatten.

Die Ruhe vor dem Sturm

Als wir unsere Zelte aufbauten dämmerte es bereits, die Kälte zog uns in die Knochen, aber das Adrenalin unserer Bruchlandung hielt uns wach. Chris und ich, Erik und Henry –so teilten wir uns auf die beiden kleinen Zweimann-Expeditions-Zelte auf, ein Drittes Standard-Campingplatz-Zelt errichteten wir als Koch- und Aufenthaltsraum.

Erschöpft verkrochen wir uns im Schein der Stirnlampen in unsere Schlafsäcke. In der Nacht wachte ich einige mal auf, immer näher kam mir Chris – oder ich ihm. Die Zeltplane beulte sich zusehends ins Innere. Chris wollte nachsehen, woran das liegen könnte, öffnete unsere Behausung, staubtrockener Pulverschnee füllte unser Vorzelt. Der Wind peitschte uns ums Gesicht. Es dauerte nicht lange bis wir alle vier eine weitere Schicht an der Schaufel vollrichteten. Schon in unserer ersten Nacht mussten wir zweimal unsere Schlafzelte vom vielen Schnee befreien.

Und täglich grüßt das Murmeltier

Am nächsten Morgen war alles anders. Unser Kochzelt bog sich unter einer rund ein Meter dicken Neuschneeschicht. Wir sortierten uns, traten den Schnee platt, stolperten über unsere Shit-Cans, versuchten zu Frühstücken – Toast mit Nutella, schmolzen Schnee um Tee zu kochen – mit viel Zucker und Rum, der weckt die Lebensgeister! Und obwohl es immer noch schneite, beschlossen wir ein erstes Mal unseren Abenteuerplatz mit den Skiern zu erkunden. Wir klebten die Steigfelle auf, legten Klettergurt und Seil im Falle eines Gletscherspaltensturzes an und stapften los.  Es herrschte null Sicht, die Orientierung fiel uns schwer. Nach einer kurzen Abfahrt im bauchtiefen Schnee brachen wir ab.

Die nächsten Tage verbrachten wir mit Schaufeln. Der Schneefall, den wir sonst so liebten, ließ nicht nach und wurde zunehmend zum Problem. Jede Nacht wechselten wir uns ab, unsere Zelte von der weißen Last zu befreien. Die Schneewände rund um unsere Zelte wurden so von Tag zu Tag höher. Insgesamt, so erfuhren wir später, kamen um die fünf Meter Neuschnee während unseres Aufenthalts auf dem Pika Glacier zusammen. Über Satellitentelefon hatten wir ab und an Kontakt mit den Leuten am Flugplatz in Talkeetna. So lange keine Wetterbesserung in Aussicht war, konnten sie uns aus unserer misslichen Lage nicht befreien. Wir mussten ausharren.

Morning Glory: wie eine Fata Morgana in weiß und blau

Es dürfte der fünfte oder sechste Tag auf dem Gletscher gewesen sein, als Chris die Zeltplane öffnete und mich aus dem Schlaf riss. Ein lauter Jodler schallte über Alaskas ewige Schneeflächen, reflektierte an den steilen Granitwänden und holte auch Erik und Henry aus den Daunen. Die Sonne lachte vom azurblauen Himmel. Was für ein atemberaubendes Gefühl! Wie eine Belohnung für die harten, entbehrungsreichen Tage im Schnee.

Doch eine Prüfung hatte Alaska für uns noch bereit, bevor wir den ultrakalten Alaska-Powder endlich mit unseren Latten zum Stauben bringen durften. Unser Kochzelt, der Ort, an dem wir die letzten Tage gemeinsam im Trockenen abgesessen hatten, war kollabiert – Gestänge gebrochen, Plane zerrissen, einfach alles unter dem Schnee verschüttet.
Da wir diesen einmaligen Tag aber in vollen Zügen genießen wollten beschlossen wir zunächst die „Hausarbeit“ zu erledigen. Wir bargen unsere Ausrüstung aus dem völlig zerstörten Zelt, gruben eine Schneehöhle und bauten davor eine Art Vorzelt aus gebrochenen Campingstühlen und zerrissenen Zeltplanen.

Als die Sonne am höchsten Punkt des Tages stand, war unser Werk – eine neue Küche und ein neues Wohnzimmer – vollendet. Es schien alles perfekt, unser Abenteuergeist aufs Neue geweckt. Wir wählten eine erste, sanft ansteigende Route – die Lawinengefahr war enorm – und spurten euphorisch dem oberen Ende des Gletschers zu. Ganz oben in einer Scharte angekommen öffnete sich uns der Blick in eine schneeweiße, unendliche Hochgebirgslandschaft Viele dieser Zacken, die aus dem Gletscherfläche emporragen, hatte zuvor noch nie ein Mensch betreten. Wir fühlten uns klein, aber doch stolz dieses Abenteuer in Angriff genommen zu haben.

Unsere erste richtige Skiabfahrt in Alaska hätte nicht besser sein können. Noch nie zuvor in unserem langen Skifahrerleben hatten wir dermaßen fluffig-trockenen Pulverschnee unter den Latten. Es staubte, wir machten Bilder und klebten die Felle erneut auf unsere Ski, stiegen ein zweites, ein drittes mal unsere Spur hinauf, dropten Seracs, jubelten bei jedem Schwung und fühlten uns nun auch wie echte Pioniere. In der Abendsonne erkundeten Henry und ich eine neue Area unterhalb unseres Camps. Ich wollte bis auf einen schmalen Gipfel, um den Denali direkt vor meinen Augen zu haben. Und obwohl ich darauf vorbereitet war, holte es mich kurz wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, als sich unter meinen Skiern ein Schneebrett löste. Doch der Schock löste sich schnell, die restliche Abfahrt verlief wieder über sanfte Gletscherhänge. Wir zogen weite Schwünge, Henry gleich neben mir. Wir schrien vor Freude und motivierten Chris und Erik uns ein weiteres mal zu begleiten. Ein Tag, der nie zu Ende hätte gehen sollen. Zufrieden saßen wir im Freien vor unserem neuen Wohnzimmer, genossen Rum mit Tee. Die Sonne ging unter, der Schatten überzog unser Camp und die Luft begann allmählich vor Kälte zu klirren. An diesem klaren Abend maßen wir minus 30 Grad Celsius.

In der Nacht verkrochen wir uns mit samt unseren Daunenjacken in den Schlafsäcken und kuschelten uns so nah wie möglich zusammen.

Bitter grüßt die Realität

Noch in der Nacht brach eine neue Kaltfront über die Alaska Range herein und es begann wieder zu schneien. Am nächsten Morgen fühlte sich der vergangene Tag wie der Traum der letzten Nacht an. Alles war wieder wie vorher. Wir holten unsere Schaufeln und begannen erneut unser Camp vom Schnee zu befreien. Uns wurde bewusst, dass der nächste Schönwettertag dazu dienen muss, uns wieder auszufliegen. Bis dieser allerdings kam, sollten noch einige Tage ins Land gehen. Wir rationierten unseren Proviant, der eigentlich nur für eine Woche ausgelegt war, aßen am Schluss nur noch Toast mit Dosentunfisch und Ketchup und tranken immer mehr heißes Wasser mit Rum oder Whiskey – auch wenn mittlerweile der letzte Teebeutel verbraucht war, schienen uns die flüssigen Spaßmacher so schnell nicht auszugehen! Wir schaufelten wie die Weltmeister, kuschelten beschwipst in unserer Höhle bei weltverbesserlichen Gesprächen und präparierten Tag für Tag eine neue Landebahn für Leighan – denn es wusste ja keiner, wann der Tag kommen sollte, an dem sie einen erneuten Anflug auf unseren Gletscher wagen würde.

Die Helden der Wildnis

Doch es war nicht Leighan, die unter unserem Jubel nach erfolgreicher Landung auf unserem originellen Runway aus dem Flugzeug stiegt. Es war Paul Roderick, eine lebende Legende unter den Alaska Bushplane Piloten. Er grinste und begrüßte uns mit den Worten: „Nice Runway guys!“

Unser Equipment hatten wir schon zusammengerafft, als wir über Satellitentelefon erfahren hatten, dass sich ein Flugzeug auf dem Weg zu uns befand. Vieles davon hatte den Test Alaskas nicht überlebt und war nun Schrott. Nur unsere Schlafzelte und Schlafsäcke hatten wir wie Kinder umsorgt. Von ihnen hing unser Überleben ab. Die Essensvorräte hatten wir bis zum letzten Bissen aufgebraucht. Nur einen Liter Whisky hatten wir übriggelassen – unser Gute-Laune-Macher hatte uns selbst an den miesesten Tagen zum Lachen gebracht. Dem letzten Liter erweisen wir nun in gut 30 Minuten Flug die letzte Ehre.

Zurück in Talkeetna werden wir wie Helden empfangen. Es schien, als hätte ein ganzes Dorf mit uns mitgefiebert – sich Sorgen wegen des ungewöhnlich vielen Schneefalls, den eisigen Temperaturen und den vier Tagen Nachsitzens in der Wildnis Alaskas gemacht.

In der Ranger-Station übergibt Papa Erik unsere gefüllten Shit-Cans wie Trophäen. Henry, Chris und ich müssen draußen warten. Wir torkelten, lallten und konnten uns kaum mehr auf den Beinen halten. Und doch schafften wir es noch ins Denali Fairview Inn und grölten bis tief in die Nacht Karaoke-Songs mit unseren neuen Freunden aus dem Hippie-Dorf…

CREDITS:

Bene Höflinger (Protagonist, Text, Bild, Vertrieb)
Henry Snellman (Protagonist, Basecamp Chef)
Erik Olerud (Protagonist)
Chris Fuschlberger (Protagonist, Bild)

VERÖFFENTLICHUNGEN:

Freemens World
Bergstolz Magazin – LINK