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Sechs Filme — sechs Stile

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Drei Amerikaner, zwei Produkte der alten Ufa und ein finnisdier Erstling bestritten vergangene Woche das Premierenprogramm. Den Ufafilm hatte Karl Boese 1945 inszeniert. Er war der Mann, der in den Jahren vorher die meisten Filme per anno inszeniert hatte, Revuen, Lustspiele, einer wie der andere todsichere Unterhaltungsware. Dieser Film „D e r Posaunist“ ist aber mehr. Es ist ein stiller Film, die kultivierte Studie eines Menschen in den alltäglichen Gemeinschattsbeziehungen, Tragikomödie der Banalitäten um einen Musiker, der um der Dispositionen seines Orchesters willen auf seine Hochzeitsreise verzichtet, sich aber nicht die kleinste ungerechte Rüge gefallen läßt und Gefahr läuft, Beruf und Lebenserfüllung zu verlieren. Die Mus’ik nimmt großen Raum in dem Film ein, aber getragen wird er von der Menschlichkeit im kleinen des großartigen Paul Dahlke.

Im zweiten Ufafilm „Zu neuen Ufern“, einem aus der ganzen wieder gezeigten Serie, erlebt Zarah Leander ein sommerliches come back. Wirkt der „Posaunist“ mit seiner sauberen Menschlichkeit im Grunde zeitlos, 60 liegt über der tiefen Altstimme von „Ich stehe im Regen und warte auf dich“ irgendwie die Verblichenheit alter Schlager, und das Wiedersehen ist mehr Reminiszenz als Begegnung.

Drei amerikanische Filme: drei Stile. „Frauen und Toreros“ ist ein Film über den Stierkampf. Aber nicht glättend konventionell, sondern — trotz der guten Lösung, mit der er ausklingt — mit harter Desillusion, welche die geschäftlichen Hintergründe, das Startum, die Geldinteressen, die Sensationslust der Menge und ihre Erbarmungslosigkeit anleuchtet und auch im Kampf Mensch und Tier die brutale Wirklichkeit nicht erspart. Der Hintergrund mit dokumentarischer Echtheit an Ort und Stelle in Mexiko aufgenommen. Produzent und Regisseur ist der heute etwa 42jährige Robert Rossen, der vor zwei Jahren mit dem „Mann, der herrschen wollte“ (All the Kings Men) den amerikanischen Realismus an der Lebensgeschichte eines amerikanischen Diktators erprobt hatte.

Krasser Gegensatz dazu „Des Königs Admiral“, Verfilmung eines bekannten Romans „Captain Horatio Hornblower“ von C. S. F o r e s t e r. Eine bunte Abenteurergeschichte, deren Realismus nur äußerlich ist, Lesebuchversion eines britischen Flottenhelden, verbrämt mit rosaroten Liebessenti- ments. Imponierend die Technik der Schiffsund Schlachtenaufnahmen, eindrucksvoll das Spiel des Helden, maßlos die immer weiter ausgesponnene Wiederholung des Schlachtgetümmels und ähnlicher Abenteuer, im Grunde nur ein Schaustück, eine Augenbeschäftigung.

Ansätze zur Komödie finden wir in der „Männerfeindin’, wie meist im englischen /Titel richtiger „A Woman of Distinc- tiont. Ein gutes Thema, daß zwei Wissenschafter, die ein Zeitungsartikel zu einem Liebespaar macht, zufällig wirklich Zusammentreffen und den Gerüchten neue Nahrung geben, wird statt durch menschliche Details durch zusammenhanglose Gags der Groteske aufgeputzt.

Daß man außerdem noch einen Film aus Finnland sah, der „Opfer der Straße“ heißt und zu einer unfreiwilligen Postmeisterparodie wurde, ebenso unreif im Buch wie in der Regie und der Darstellung, erweist nur aufs neue die Feststellung, daß der Entschluß: „Ich sehe mir einen Film an“ so allgemein ist, wie wenn ein Leser sagen wollte: „Ich lese etwas Gedrucktes.“ Sechs Filme — sechs Welten, keiner mit dem andern im Rang, in der Aussage, in der Technik und in der Qualität gleichzusetzen.

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