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Keine unnötigen Lasten auferlegen

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Vergangene Woche fand in Wien die alljährliche Ökumenische Fachtagung statt, diesmal zum Thema: „Einheit im Glauben? - Vorstellung und Realisierung innerhalb der verschiedenen Kirchen.” Monsignore Heinz-Albert Raem vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen wählte für sein Referat den Untertitel: „Einander keine Lasten auferlegen, die über das Notwendige hinausgehen.” Dieses Zitat aus der Apostelgeschichte zeigt, in welch unglaublichem Maß am Apostelkonzil die judenchristliche Tradition den Heidenchristen entgegenkam. Das II. Vatikanum bekannte sich zu dieser Grundhaltung und bekräftigte, daß Einheit keineswegs verlange, die Vielfalt der Spiritualität, der Ordnung, der liturgischen Riten und der theologischen Darstellung aufzugeben. Man müsse, so Raem, in Treue zur apostolischen Tradition die unveränderlichen Inhalte der geoffenbarten Wahrheiten von deren zeitbedingter Ausdrucksform unterscheiden. Alle theologischen Systeme sind „nur endliche und daher unvollkommmene Annäherungen an die Unendlichkeit Gottes”. Diese ökumenischen Vorgaben wurden sehr begrüßt, obwohl es schmerzt, wie die Praxis hinter diesen Zielen oft zurückbleibt.

Der evangelische Theologe Ulrich Körnerlegte die verschiedenen heute diskutierten Einheitsmodelle dar und gab dem der „ekklesialen Gemeinschaft” einer „communio von Schwesternkirchen” den Vorzug. Eine Einheit, der nicht „Geltenlassen” genügen darf, sondern die zu wechselseitiger Buße und Erneuerung verpflichtet.

Er rief zu einer christozentri-schen Ökumene im Zeichen des Kreuzes auf, selbstlos und im Dienst der Versöhnung. Einheit der Kirchen sei kein Selbstzweck, sondern Dienst an der Einheit der Menschheit.

Bischof Alfons Nossol aus Opole in Polen sprach leidenschaftlich von der Verpflichtung (zu vertiefter christlicher Einheit. Voraussetzungen dafür aber seien: Mut, Demut (Dien-mut) und Langmut. Gut, daß er diese Reihenfolge wählte. Der in den Referaten oft gemachte Hinweis, Einheit sei ein Geschenk des Heiligen Geistes, und werde, wie Raem sagte, unverhofft kommen, wie 1989 der Fall der Mauer, erregte Ungeduld bei den Teilnehmern.

Ob der Geist Gottes nicht heute schon viel mehr möglich macht, was nur menschliche Angst und Engstirnigkeit noch aufhält? Ob wir einander nicht immer noch unnötige Lasten auferlegen?

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