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Deutsche Romantik Caspar David Friedrich: Die Landschaft der Seele

Caspar David Friedrich "Wanderer über dem Nebelmeer"
Immer wieder zeigt Friedrich Menschen, die sich vom Betrachter ab­wenden. Mit diesen Rückenfiguren macht er die Kontemplation an sich zum Thema. Denn der Betrachter des Bildes kann nicht selbst in der Landschaft schwelgen – sondern wird zum Zeugen, wie die dargestellte Person sich in ihren Gedanken verliert: »WANDERER ÜBER DEM NEBELMEER« (um 1818)
© Hamburger Kunsthalle/Elke Walford/bpk-images
Mit Gemälden, die stimmungsvolle Sonnenuntergänge zeigen, nebel­verhangene Gebirge und einsam betende Mönche wird Caspar David Friedrich nach 1810 zum berühmtesten Maler der deutschen Romantik. Dabei geht es dem Greifswalder weniger darum, was auf der Leinwand zu sehen ist, sondern vor allem um die Emotionen, die seine Werke auslösen. Sie sollen den Menschen tiefe Ehrfurcht vor dem Göttlichen lehren

Eine seltsame Revolution. Sie braucht kaum Platz, keine Parolen, kein einziges Wort. Ihr genügt ein sparsam beleuchteter Raum mit einem Tisch, verhängt mit einer schwarzen Decke. Darauf steht, altargleich, ein Ölgemälde. Eine ungekannte, eigentümliche Magie geht von dem Bild aus. „Es ergriff alle, die ins Zimmer traten, als beträten sie einen Tempel“, berichtet später eine Besucherin. „Die größten Schreihälse sprachen leise und ernsthaft wie in einer Kirche.“

Caspar David Friedrich spaltet die Kunstwelt

Sorgfältig hat der Maler des Gemäldes seine Inszenierung geplant, die ihre Wirkung an diesen Weihnachtstagen des Jahres 1808 in Dresden nicht verfehlt. Dabei wollte er sein für eine Hauskapelle vorgesehenes Werk zunächst nur Freunden zeigen. Doch die drängten ihn zu dieser sonderbaren Ausstellung in seinem Atelier, in der nur ein einziges Bild zu sehen ist.

Es heißt „Kreuz im Gebirge“ und stellt ­einen silhouettenhaften, von Tannen umwachsenen Felsgipfel dar. Auf diesem steht ein Kreuz, daran ein Heiland aus Metall, der im Licht unnatürlicher Strahlenbündel leuchtet. Eingefasst ist das Bild in einem ­eigens geschnitzten, vergoldeten Rahmen, mit gotischen Säulen, Engelsköpfen und dem allsehenden Auge Gottes. Binnen weniger Tage wird das Gemälde zum beherrschenden Thema in den intellektuellen Zirkeln Dresdens.

Schon bald spaltet es die Kunstwelt der Stadt, dann die des ganzen Landes. Der Auslöser dieser Kontroverse, ein menschenscheuer Blondschopf namens Caspar David Friedrich, erfährt davon anfangs nichts. Während Kunstinteressierte und Neugierige über Tage seine Arbeits­stätte an der Elbe aufsuchen, ist er verreist. Erst nach seiner Rückkehr erfährt er von den Reaktionen, die sein Bild ausgelöst hat: Lob, Begeisterung – und harte Kritik.

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