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Wissenschaft DNA-Analyse: Urenkel von Sitting Bull beweist seine Abstammung vom Stammeshäuptling

Sitting Bull
Der Stammesanführer Sitting Bull um 1885
© National Portrait Gallery, Smithsonian Institution
Sitting Bull kämpfte für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner. Sein Urenkel kämpft dafür, über den Begräbnisort des legendären Stammeshäuptlings bestimmen zu dürfen. Dafür muss die Verwandtschaft allerdings zweifelsfrei nachgewiesen sein. Bringt eine neue Analyse die Entscheidung?

Sitting Bull liegt in Mobridge in South Dakota begraben – sein mutmaßlicher Enkel ist mit dieser Ruhestätte nicht einverstanden. Er befürchtet einen kommerzialisierten und unangemessenen Umgang mit der Ruhestätte des legendären Stammeshäuptlings. Einfluss darauf blieb ihm bisher aber verwehrt - mangels gesichertem Nachweis seiner Verwandtschaft mit dem 1890 erschossenen Häuptling. Nun haben Forschende mit einer neuartigen DNA-Analyse versucht, Klarheit zu schaffen. Das Ergebnis: Die Verwandtschaft mit Sitting Bull wird bestätigt.

Sitting Bull – oder Tatanka Iyotake – war Stammeshäuptling der Hunkpapa-Lakota-Sioux und lebte den Angaben zufolge zwischen 1831 und 1890. Er gilt als zentrale Symbolfigur für den Widerstand der amerikanischen Ureinwohner gegen ihre Bekämpfung und Entrechtung durch die weißen amerikanischen Siedler. Bekannt ist er vor allem für seinen Sieg über General George Custer 1876 in der Schlacht am Little Bighorn, die wohl größte Niederlage der US-Armee während der sogenannten Indianerkriege.

1890 wurde Sitting Bull bei einer geplanten Verhaftung durch die Reservatspolizei erschossen. Er wurde in Fort Yates in North Dakota begraben, später wurde sein Leichnam vermutlich von Verwandten nach Mobridge in South Dakota gebracht.

Urenkel will Einfluss auf die Ruhestätte haben

Ernie LaPointe, der vermeintliche Urenkel von Sitting Bull, beklage, dass die Grabstätte keinen Bezug zum Leben des Häuptlings habe, erläutern die Forschenden um Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen. Er sorge sich zudem darum, dass sie kommerzialisiert und nicht angemessen betreut werde. Um Einfluss auf den Ort und den Umgang mit der Ruhestätte zu bekommen, müsse seine Verwandtschaft aber erst sicher nachgewiesen sein. Bisher wurde sie vor allem mit Geburts- und Todesurkunden sowie mit Hilfe historischer Aufzeichnungen belegt.

Für die Untersuchung verglichen die Wissenschaftler wenige Erbgut-Bruchstücke aus Haaren der Symbolfigur mit dem Erbgut des vermeintlichen Urenkels, wie sie im Fachmagazin "Science Advances"berichten. Sie nutzten Reste eines kleinen Zopfes, der Sitting Bull nach seinem Tod - unrechtmäßig, wie die Forscher schreiben - abgenommen und einige Jahre später zusammen mit der Hose des Häuptlings der Smithsonian Institution übergeben wurde, einer berühmten Forschungs- und Bildungseinrichtung in den USA.

2007 wurden die Sachen an Urenkel LaPointe und seine drei Schwestern gegeben. Ein Großteil des Zopfes wurde danach in einer rituellen Zeremonie verbrannt, nur wenige Überreste für eventuelle spätere Untersuchungen aufbewahrt.

Die Haare waren aufgrund des Alters und der für genetische Analysen nicht sachgerechten Aufbewahrung in einem schlechten Zustand. Dennoch gelang es den Forschern, aus den Resten zumindest eine geringe Menge Erbgut zu isolieren. Die Wissenschaftler suchten nach charakteristischen DNA-Merkmalen nicht wie sonst üblich in den Geschlechtschromosomen X oder Y, sondern in den übrigen Chromosomen, den Autosomen. Sie verglichen die Merkmale dann mit denen des Urenkels sowie weiterer, auch nicht verwandter Lakota Sioux. Mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsanalysen sicherten sie das Ergebnis der Untersuchung ab, dass Ernie LaPointe der Urenkel von Sitting Bull ist.

Neue Technik lässt Analyse stark beschädigter DNA zu

Die neue Technik könne angewendet werden, um auch in anderen Fällen alte DNA-Proben zu untersuchen, die sonst als zu stark beschädigt erachtet werden, etwa in forensischen Untersuchungen. "Im Prinzip kann man untersuchen, wen man will - von Gesetzlosen wie Jesse James bis zur russischen Zarenfamilie, den Romanows. Wenn man Zugang zu alter DNA hat, die typischerweise aus Knochen, Haaren oder Zähnen gewonnen wird, kann man sie auf die gleiche Weise untersuchen", so Willerslev.

Bevor Sitting Bull eventuell anderswo beerdigt werden dürfe, müsse nun noch auf ähnliche Weise sicher nachgewiesen werden, dass es sich bei dem in Mobridge beerdigten Leichnam tatsächlich um den Stammeshäuptling handele.

Anja Garms, dpa

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