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"Mario Barth deckt auf": Unfassbar dumm oder sogar gefährlich?

Mario Barth geriert sich bei RTL als Robin Hood, der für die Rechte des schlichten kleinen Mannes kämpft. Seine "Recherchen" sind im besten Fall grober Unfug - im schlimmsten Fall gefährlich.
Mario Barth ist mit seiner Verbrauchersendung unter die Populisten gegangen. Aus Dummheit oder steckt mehr dahinter
Mario Barth ist mit seiner Verbrauchersendung unter die Populisten gegangen. Aus Dummheit oder steckt mehr dahinter?TVNOW / Sebastian Drüen

Mario Barth ist so etwas wie der Komiker des kleinen Mannes: Er behandelt Themen, bei denen jeder noch so schlichte Zeitgenosse sagen kann: "Kenn ich, das ist bei mir genauso". Damit hat er es zu einem Eintrag ins "Guinness Buch der Rekorde" geschafft - für die meisten Besucher eines Comedy-Live-Programms.

In seiner Verbraucher-Show "Mario Barth deckt auf" darf er bei RTL zur besten Sendezeit den entrüsteten Spießbürger geben, der sich gegen Geldverschwendung und überflüssige Gesetze stark macht. Das tut in den meisten Fällen niemandem weh. Wenn er sich aber an die etwas heikleren Themen wagt, dann wird es problematisch. Denn dann zeigt sich, dass weder Barth noch seine Redaktion ein Interesse daran haben, ernsthaft zu überprüfen, was sie da als vermeintliche Fakten verkaufen - oder, viel schlimmer, dass sie wissentlich Unwahrheiten verbreiten. (Lesen Sie auch: So trollt Palina Rojinski unliebsame Fans)

Falsche Experten machen unsinnige Experimente

Die Sendung zum Thema Feinstaub, Messwerte und Stickoxide war so ein Beispiel: Da geht Mario Barth mit einer unfassbaren Ignoranz ans Werk und holt sich dazu die zu seiner Meinung passenden "Experten" in die Sendung, die mit völlig unwissenschaftlichen Experimenten die These belegen sollen, dass das bisschen Abgas doch kein Problem ist. Sie halten ein Messgerät über einen Adventskranz und erschrecken über den hohen Wert an Feinstaub, den sie dort messen können. Dass sie, um einen vernünftigen Vergleich zu bekommen, irgendwo in der Wohnung messen müssten, statt direkt über der Quelle der Abgase? Kommt ihnen nicht in den Sinn.

Auch der vermeintliche Fakt, dass ein Raucher in sieben Monaten mehr giftige Stoffe einatmen würde als ein Mensch, der 32 Jahre an einer viel befahrenen Straße wohnt, ist längst widerlegt, weil der Wissenschaftler, der das berechnet hat, mittlerweile selbst eingestehen musste, dass er sich verrechnet hatte - um den Faktor 1.000. Bei Mario Barth wird das aber weiterhin munter als Tatsache hingestellt. Innerhalb kürzester Zeit nach der Ausstrahlung wurde ein Video im Internet populär, das Szenen aus "Mario Barth deckt auf" mit Ausschnitten aus der ZDF-Kabarett-Sendung "Die Anstalt" vermischte, wo man sich desselben Themas angenommen hatte. Als hätte man beim ZDF das Drehbuch zur Barth-Sendung schon vorab zugestellt bekommen, wurde dort eine Behauptung nach der anderen auseinander genommen, bis von Mario Barths Argumentation am Ende nichts mehr übrig blieb.

Peinlich für Mario Barth, peinlich für RTL, aber auch nicht das erste Mal, dass der Komiker mit falschen Behauptungen unangenehm auffiel. Nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten gab es täglich Demonstrationen vor dem Trump Tower in New York. Barth hielt sich zu dem Zeitpunkt in der Stadt auf und postete ein Video bei Facebook, in dem die Straße vor dem Gebäude leer war. Er behauptete, die Demonstrationen seien von der Presse erfunden und "Fake News". Dass er selbst morgens vor Ort war und die Demonstrationen abends stattfanden, hinderte ihn nicht daran, zu verbreiten, dass man der Presse nicht mehr glauben könne. (Lesen Sie auch: Klaas fährt im Koks-Taxi durch Berlin)

Was steckt dahinter?

Als er anschließend auf seinen Fehler angesprochen wurde, verteidigte er sich nur damit, er bekäme seit Jahren schlechte Presse für die ewigen Mann-Frau-Witze. "Jetzt bin ich einmal vorm Trump Tower und mach so ’ne Nummer – und was passiert?" Also alles nur ein Witz, den wir alle falsch verstanden haben?

Vielleicht ist Mario Barth tatsächlich einfach nur ein sehr schlechter Komiker. Das wäre gefährlich genug, denn leider gibt es viele Menschen, die sich seine Beiträge ansehen und für bare Münze nehmen. Dann läge es an RTL, besser zu prüfen, welche Unwahrheiten ihr Angestellter da verbreitet.

Oder weiß er am Ende doch, welchen Unsinn er da verbreitet und welche Wirkung das hat? Im Fall der Feinstaub-Grenzwerte ist zumindest beachtlich, dass er hier genau die Argumente aus dem Hut zieht, die vermeintliche Experten in ihrem Kampf gegen Diesel-Fahrverbote aufführen - und die mittlerweile zu einem großen Teil widerlegt sind. Deshalb funktioniert ja auch das Gegenschneiden mit "Die Anstalt" so wunderbar: Dort hat man sich einfach die fragwürdigsten Punkte der Diesel-Lobby vorgenommen - und sie auseinandergenommen. Und das waren dann genau die "Fakten", auf die sich Barth in seiner Sendung gestützt hat. Purer Zufall oder als Verbraucherschutz getarnte Lobby-Arbeit? Die Antwort kennen nur Mario Barth und seine Redaktion.