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TextilWirtschaft: "Gerade bei Outdoor wird die Lagersituation voraussichtlich zulasten der Vororder-Limite gehen"

Sascha Negele, Partner bei h+p, über die Umsatzentwicklung im Oktober, die Nachfrage nach Sport- und Outdoor-Artikeln und die anstehende Orderrunde.

Veröffentlicht am 13.11.2023

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"Gerade bei Outdoor wird die Lagersituation voraussichtlich zulasten der Vororder-Limite gehen"

Sascha Negele, Partner bei h + p, über die Umsatzentwicklung im Oktober, die Nachfrage nach Sport- und Outdoor-Artikeln und die anstehende Orderrunde.

TextilWirtschaft: Sportbekleidung und -ausrüstung gehörten zu den Gewinner-Sortimenten während Corona, wie hat sich die Nachfrage in diesem Jahr entwickelt?
Sascha Negele: Auch in diesem Jahr sind die Umsätze um 3% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, jedoch lässt sich die Umsatzentwicklung primär auf gestiegene Durchschnittspreise zurückführen anstatt auf eine gesteigerte Kundennachfrage.

Inwieweit passt diese Entwicklung zur allgemeinen Umsatzentwicklung in Ihrem Panel?
Es muss zwischen den verschiedenen Produktkategorien unterschieden werden. Wenn wir den Vergleich zum Vorjahr heranziehen, zeigen sowohl die Textil- als auch die Schuhsortimente eine bessere Performance. Allerdings liegen sowohl die Mode- als auch die Sport-Sortimente immer noch nicht auf dem Umsatzniveau von 2019, also vor der Corona-Pandemie. Hier ist das Delta im Sportbereich sogar etwas geringer. Die Umsatzbetrachtung ist auch in den Mode-Sortimenten, wie im oben genannten Sportbereich, deutlich besser als die Stückveränderungen, die zumeist sogar negativ sind.

Wie hat Ihr Händlerkreis den Oktober abgeschlossen?
Während der September mit minus 10,4% deutlich zu schwach vorgelegt hat, holte der Oktober mit plus 3,9% auf. Hilfreich waren hierfür die sinkenden Temperaturen. Gerade die letzten Wochen freuen wir uns über positive Umsatzveränderungen, verbunden mit einer stark gestiegenen Frequenz im Vergleich zum Vorjahr. Um die Umsätze in der H/W-Saison zu bewerten, ist ein ganzheitlicher Blick entscheidend. Einzelne Wochen sind stark vom Wetter bzw. Feiertagen geprägt.

Wie hat Sport in den vergangenen Monaten performt?
Parallel zum Modemarkt lag der September im Sportbereich hinter den Erwartungen (minus 14,4% zu 2022). Erfreulicherweise erzielte der Sport-Benchmark im Oktober eine Umsatzsteigerung von plus 6,7% zum Vorjahr. Hierbei performten die Sportwelten Fitness und Outdoor besser als Wintersport und Running.

Welche Rolle hat im Oktober die Wettersituation gespielt – für Sport und Mode insgesamt?
Eine entscheidende Rolle. Durch den warmen Herbststart tun sich gerade die hochpreisigen Warengruppen wie Jacken und Winterschuhe sehr schwer. Sie sind aber entscheidende Umsatzfaktoren für den Handel in den ersten Monaten der H/W-Saison.

Aus Ihrer Erfahrung, welche Faktoren beeinflussen die Nachfrage im Sportbereich?
Ein wichtiger Faktor sind natürlich Mega-Events wie Weltmeisterschaften, Olympia etc., wodurch Sportarten für einen konzentrierten Zeitraum verstärkt in den Fokus rücken und an besonderer Attraktivität gewinnen. Wie genannt spielt auch das Wetter bei der Nachfrage eine wichtige Rolle, gerade bei Saison-Sportarten. Aber natürlich ist Sport darüber hinaus auch immer in der Lage, Storys zu kreieren. Diese sind wichtig, um die richtige verkaufsfördernde Stimmung bei Kunden und Verkäufern zu entfachen. Darüber hinaus hält der Trend an, dass Sport-Sortimente vermehrt auch im Alltag getragen werden. Athleisure-Elemente in High Fashion-Kollektionen haben einen Abstrahleffekt auf Sportartikel genauso wie Marken mit Sport-Heritage, die in Fashion Boutiquen und Young Fashion-Abteilungen zu finden sind.

Wie haben sich die Preise in dem Segment entwickelt?
Wir sehen – wie in allen Segmenten und Branchen – auch im Sport Preissteigerungen. Diese fallen mit Steigerungsraten von plus 5 bis 6% allerdings recht moderat aus. Vor allem Textilien sind teurer geworden. Bei Schuhen und Hartwaren fallen die Preissteigerungen sehr heterogen aus. Auch ist zu beachten, dass sich die Preise nicht in allen Sportwelten im gleichen Maße gesteigert haben.

Inwieweit hat sich das auf die Kundennachfrage ausgewirkt?
Die Stückzahlen sind weiterhin moderat rückläufig. Aber auch hier geht die Schere auseinander, wie in anderen Segmenten auch. Auch im Sportmarkt gibt es Kunden, die in niedrigere Preislagen ausweichen, weil sie keine andere Möglichkeit haben oder nicht die Zahlungsbereitschaft aufweisen und sich dadurch komplett von der Preisentwicklung entkoppeln. Hier zählt dann vor allem die Markenbegehrlichkeit, die in der Spitze über exklusive Kapselkollektionen und Kollaborationen von Sport mit Luxus Brands erzeugt wird.

Wie steht der Sport und Outdoor-Handel im Vergleich zum Modehandel aufgelaufen da – was Umsatz, aber auch Profitabilität angeht?
Alle drei Bereiche liegen in der Umsatzperformance über dem Niveau des Vorjahres. Dennoch sind sowohl die Sport- als auch die Bekleidungssortimente im Vergleich zu 2019 noch nicht auf dem damals erzielten Umsatzniveau. Die erzielten Kalkulationen zeigen in der Bekleidung keine nennenswerte Veränderung, liegen allerdings in Sport-Gesamt sowie im Outdoor-Sport leicht unter dem Vorjahr.

Wie dramatisch ist der Warendruck bei den Sporthändlern aktuell?
Der Warendruck ist durchaus spürbar, denn es sind noch Überhänge aus dem letzten schwachen Winter in den Lägern. Diese gilt es zu vermarkten, wofür der schwache Saisonstart nicht förderlich ist. Es gilt jetzt im Schulterschluss zwischen Handel und Industrie mit Augenmaß in die Vermarktung zu gehen.

Welche Segmente sind besonders betroffen?
Im Kern sind die Outdoor- und Wintersport-Segmente betroffen. Hier braucht es sicher eine positive Absatzentwicklung in den nächsten Wochen inklusive des Weihnachtsgeschäfts, um eine entspanntere Bestandssituation zu erreichen.

Wie stark setzt der stationäre Handel schon den Rotstift an?
Noch sind keine Rabattschlachten im stationären Handel erkennbar, allerdings gilt es hier zu beobachten, wie lange diszipliniert agiert wird.

Was bedeutet all das für die anstehende Orderrunde?
Die Lagersituation wird voraussichtlich zulasten der Vororder-Limite gehen. Allerdings darf die Sortimentsspannung nicht vernachlässigt werden. Es gilt auf beiden Seiten, sowohl Handel als auch Industrie, Lösungen zu kreieren, um Druck aus der kurzfristigen Erfolgsrechnung (KER) zu nehmen und auf den Flächen auch in den kommenden Saisons spannende Storys zu kreieren. Das geht nicht ohne frische Sortimente im Einklang mit einer bedarfsgerechten Einsteuerung.

TextilWirtschaft, Aziza Freutel: "Gerade bei Outdoor wird die Lagersituation voraussichtlich zulasten der Vororder-Limite gehen" (Donnerstag, 09. November 2023)

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