Cecilia A Nilsson, Jannik Henser, Ninni Löwgren Tischer, Deutsch-Schwedische Handelskammer

Cecilia A Nilsson, Koordinatorin für die deutsch-schwedische Innovationspartnerschaft in der schwedischen Politik, mit Jannik Henser, PMH Application Lab, und Ninni Löwgren Tischer von der Handelskammer.

Jannik Henser, Ninni Löwgren Tischer, Deutsch-Schwedische Handelskammer

Jannik Henser und Ninni Löwgren Tischer führten durch die Veranstaltung.

Testbeds für smarte Produktion: Ergebnisse deutsch-schwedischer Zusammenarbeit vorgestellt

24.09.2020

Die ersten Ergebnisse der deutsch-schwedischen Kooperation im Bereich Testbeds für Industrie 4.0 und smarte Produktion wurden am Freitag in einem Webinar vorgestellt. Nun können weitere deutsche und schwedische Unternehmen digitale Lösungen für die Produktion im Rahmen des Testbeds testen und validieren.

Wie können Produktionsprozesse in einer globalisierten Welt effizienter und umweltbewusster gestaltet werden? Die Coronakrise hat die Relevanz standortunabhängiger Lösungen für smarte Produktion noch weiter gesteigert.

Bei dem von der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Kooperation mit KTH Royal Institute of Technology (KTH) und Fraunhofer veranstalteten Webinar „Testbeds für Industrie 4.0 – Wie können produzierende Unternehmen profitieren?“ wurden innovative Forschungsergebnisse im Rahmen der deutsch-schwedischen Innovationspartnerschaft präsentiert. Vertreter aus Industrie, Forschung und Politik sehen in diesem Bereich großes Potenzial, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen.

Vor drei Jahren wurde die deutsch-schwedische Innovationspartnerschaft von den Regierungen beider Länder unterzeichnet. In diesem Rahmen wurde das Swedish-German Testbed for Smart Production in Zusammenarbeit von KTH und Fraunhofer ins Leben gerufen.

Effizientere Produktion durch Digitalisierung

„Dabei geht es darum, wie wir die Digitalisierung nutzen können, um effizienter produzieren und gute Entscheidungen treffen zu können, ohne in den einzelnen Fabriken vor Ort zu sein“, erläuterte Jannik Henser, Managing Director des Powertrain Manufacturing for Heavy Vehicles (PMH) Application Labs.

"Wie können wir die Digitalisierung nutzen, um effizienter produzieren und gute Entscheidungen treffen zu können, ohne in den einzelnen Fabriken vor Ort zu sein?"

Das Testbed besteht aus digital vernetzten Werkzeugmaschinen und soll dabei helfen, Herausforderungen der globalisierten Industrie zu bewältigen. Heutzutage werden für die Produktion einer Komponente einzelne Fertigungsschritte an verschiedenen, mitunter sogar weltweit verteilten Standorten, durchgeführt. Oft sind diverse Unternehmen an der Fertigung einer Komponente beteiligt. Der effiziente Austausch von Informationen entlang der Prozesskette stellt daher eine Herausforderung dar, birgt aber auch großes Potential, da Fertigungsprozesse durch die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen zum aktuellen Zustand einer Komponente effizienter gestaltet werden können. Dies soll durch das Testbed, welches eine Test- und Validierungsplattform für digitale Lösungen für die standortübergreifende Fertigung bietet, vereinfacht werden.

Schwedische Innovation trifft auf angewandte Forschung aus Deutschland

Das PMH Application Lab, eine Kooperation von KTH und Fraunhofer mit Partnern aus Industrie und Forschung in sowohl Schweden als auch Deutschland, erforscht, wie die Produktion von Antriebskomponenten für Nutzfahrzeuge effizienter gestaltet werden kann. Im Bereich Automotive liegt Schweden vorne: Über 100.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in diesem Sektor beschäftigt.

„Diese schwedische industrielle Kompetenz, das Innovationsstreben und die Vorreitertolle in der Digitalisierung treffen bei der Zusammenarbeit auf exzellente angewandte Forschung im Bereich Antriebsstrangfertigung aus Deutschland“, erklärte Jannik Henser.

Konkrete Beispiele zeigen das Potenzial des Testbeds

Bei der Präsentation von Anwendungsbeispielen aus Industrie und Forschung wurden die theoretischen Überlegungen greifbar.

Sandvik Coromant kommt mit Hilfe der Service Enablement Platform (SEP) CoroPlus® den Bedürfnissen des schnellen und flexiblen Markts in der Metallverarbeitungsindustrie entgegen. „Die Plattform sammelt und analysiert Daten aus dem Produktionsprozess und wird intern und extern genutzt, außerdem gibt es Kooperationen mit Hochschulen“, sagte Nevzat Ertan, Global Manager, Digital Machining Platforms & Solutions bei Sandvik Coromant.

"Die Plattform sammelt und analysiert Daten aus dem Produktionsprozess."

Alexander Ibach vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT stellte das Projekt „Production Cockpit and Machine Connection” vor, welches in Deutschland und Schweden durchgeführt wurde und das globale Potenzial der Technologie zeigt: Die Produktion von Komponenten am Fraunhofer IPT in Aachen oder an der KTH in Stockholm konnte anhand des jeweiligen digitalen Zwillings am anderen Standort genau nachvollzogen werden. Alexander Ibach sieht außerdem in 5G Potenzial für die Zukunft, in der Prozessdaten in hohen Datenraten mit geringer Latenzzeit drahtlos übermittelt werden können.

Darya Botkina präsentierte für das PMH Application Lab einen konkreten Anwendungsfall, bei dem die Fertigung einer Komponente an einem anderen Standort anhand von Livestream-Daten verfolgt und anhand von Signalen von Vibrationssensoren in der Maschine analysiert wurde. Dabei kam unter anderem die IT-Plattform „Virtual Fort Knox“ zum Einsatz, die auf Basistechnologien basiert, welche von Fraunhofer entwickelt wurden.

Das Projekt „Cloud-Based Technology Optimization for Machining Tools” vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Kooperation mit Mittelstand-Digital stellte Marc Münnich vor. Er berichtete, wie mit regionalen Partnern innerhalb des Testbeds erforscht wurde, wie Daten von Basistechnologien wie Dreh- oder Fräsprozessen in eine Cloud übermittelt werden können.

Möglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen

Die Vorteile der Technologie liegen auf der Hand – darüber waren sich auch die Teilnehmer der anschließenden Diskussionsrunde einig.

„Wenn Prozesse effizienter werden, haben Lieferanten weniger Kosten, wodurch wiederum die Preise niedriger werden. Es handelt sich also um eine Win-Win-Situation“, meinte Hans Olofsson, Senior Advisor, Global Industrial Development, Scania CV AB.

"Nun müssen all diese hervorragenden Resultate bekannt gemacht werden, sodass weitere Unternehmen von ihnen profitieren können."

Die große Herausforderung, vor der das Projekt steht, benannte Martin Friis, National co-ordinator Testbed Smart Production, Produktion2030: „Nun müssen all diese hervorragenden Resultate bekannt gemacht werden, sodass weitere Unternehmen von ihnen profitieren können. Kleine und mittelständische Unternehmen kennen die Möglichkeiten noch nicht.“

Sowohl Martin Friis als auch Hans Olofsson betonten, dass mehr staatliche Mittel gebraucht werden, um die Kompetenz kleiner Unternehmen im Bereich smarte Industrie zu fördern. Außerdem: „Die Testbeds brauchen Partner aus der Industrie. Denn die Industrie liefert Ideen, die die Forschung umsetzen kann“, sagte Niels König, Leiter der Abteilung Produktionsmesstechnik am Fraunhofer IPT.

"Die schwedische Regierung unterstützt diese Art von Forschung stark."

„Es ist sehr positiv, dass die Testbeds nach nur drei Jahren einen so hohen Mehrwert zeigen. Die schwedische Regierung unterstützt diese Art von Forschung stark“, rundete Cecilia A Nilsson, Koordinatorin für die deutsch-schwedische Innovationspartnerschaft am schwedischen Ministerium für Wirtschaft und Innovation, die Diskussion ab.

 

Das Webinar wurde im Rahmen des German Swedish Tech Forum veranstaltet. Das German Swedish Tech Forum ist eine Innovationsplattform, die zu mehr Zusammenarbeit zwischen Industrieunternehmen in Deutschland und Schweden beitragen soll, und im Januar 2017 von Angela Merkel und Stefan Löfven eingeweiht wurde. Initiatoren des Forums sind die Deutsch-Schwedische Handelskammer und die Königlich Schwedische Akademie der Ingenieurwissenschaften (IVA).

 Lesen Sie hier mehr über das Forum.