Viel Obst auf kleiner Fläche
Nützliche Fassadenbegrünung: Spalierobst dekoriert Hauswände und ersetzt den eigenen Obstgarten.
Quelle: dpa-tmn
Ein Stamm und obenauf eine grüne Wolke aus unzähligen Blättern – unterbrochen von gelben, roten oder auch grünen Punkten: Wer gefragt wird, wie ein Obstbaum aussieht, malt dieses Bild. Doch eine Zuchtform hat inzwischen die Gärten erobert, die gar nicht danach aussieht. Hier schlängeln sich mit Äpfeln bestückte Ranken an Mauern hoch. Und mit Himbeeren dicht besetzte Sträucher machen dem Efeu bei der Fassadenbegrünung Konkurrenz. Es handelt sich um Spalierobst.
Sonnenkönig Ludwig XIV – der Vater des Spalierobsts
„Unter Spalierobst versteht man in der Regel Obstgehölze, die an einem Spalier, also einem Gerüst gezogen werden“, erklärt Heinrich Beltz von der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Bad Zwischenahn (Niedersachsen). Als Vater des Spalierobstes gilt der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. Oder besser gesagt: sein Gärtner.
Ihm kam nämlich die Aufgabe zu, seinen König vor den Untertanen mit frischem Obst zu versorgen. Und das am besten aus den eigenen Schlossgärten. Doch das Gelände in Versailles ist laut Beltz alles andere als optimal für den Obstanbau: viel zu kalt und zu feucht. „Der Gärtner von Ludwig XIV. kam daher auf die Idee, Birnen- und Pfirsichbäume waagerecht an den Mauern entlang wachsen zu lassen“, erklärt der Fachbuchautor Beltz. „Die Wände strahlten Wärme ab und reflektierten Sonnenlicht, so dass die Früchte schneller wachsen und reifen konnten.“
Zum Themendienst-Bericht von Melanie Öhlenbach vom 15. September 2016: Spalierobst aus Töpfen kann das ganze Jahr über gepflanzt werden, aber generell gilt: Je früher die Bäume vor dem neuen Austrieb im Frühjahr gepflanzt werden, desto besser wachsen sie an. (ACHTUNG - HANDOUT - Nur zur redaktionellen Verwendung durch Themendienst-Bezieher im Zusammenhang mit dem genannten Text und nur bei vollständiger Nennung des nachfolgenden Credits.) Foto: BLV/Heinrich Beltz
Spalierobst als Zierde
Aus der Not erfunden, hat sich Spalierobst heute zur Zierde gemausert. Ob als Fassadengrün an Gebäuden, freistehend im Garten oder als Sichtschutz an einem Zaun gezogen, ob an Gerüsten aus Draht, Stahl oder Holz – es gibt viele Möglichkeiten, sein Grundstück um einen Naschgarten zu erweitern. „Spaliere sind ideal, um auf kleinstem Raum ein wenig Obst anzupflanzen“, sagt Thea Carlin, Chefgärtnerin an der Königlichen Gartenakademie in Berlin. Sie empfiehlt, beim Kauf auf stabile Konstruktionen zu achten, schließlich soll das Gerüst das Gehölz lange tragen. Naturmaterial wie Holz und Bambus sollte zudem gut abgelagert sein, damit es nicht zu schnell verrottet.
Äpfel und Birnen – die Klassiker
Als klassisches Spalierobst gelten Äpfel und Birnen. „Apfel- und Birnbäume bilden leicht Fruchtholz“, erklärt Wolf-Dieter Giesebrecht, Vorsitzender des Landesverbandes Westfalen-Lippe im Bund deutscher Baumschulen. Bei den Äpfeln empfiehlt er die Sorten „Pinova“ und „Topaz“. „Die Äpfel sind saftig und haben einen aromatisch süß-säuerlichen Geschmack.“ Bei den Birnen lohne sich die Sorte „Gute Luise“ mit saftigen, süß-säuerlichen Früchten. Auch Klassiker wie die saftig-süßen „Williams Christ“ oder die flaschenförmigen „Conference“ können an einem Gerüst gezogen werden. Vom geschützten Standort an einer Mauer profitieren zudem Pfirsich- und Aprikosenbäume, deren frühe Blüten oft noch einmal vom Frost überrascht werden. „Die Wände strahlen in kalten Nächten Wärme ab, so dass die Blüten nicht erfrieren“, erläutert Giesebrecht.
Das Spalierobstgerüst muss wegen des zu tragenden Gewichts stabil sein.
Quelle: dpa-tmn
Standort muss zur Pflanze passen
Der Standort spielt bei der Wahl des Spalierobstes eine wesentliche Rolle: Während sich Pfirsich und Birne über eine sonnige Südlage freuen, empfiehlt Beltz für Äpfel eine nicht allzu feuchte Westseite. „Wenn sie an der Wetterseite stehen, können Äpfel leicht Schorf bekommen“, erläutert er. Um bei den empfindlichen Aprikosen und Pfirsichen Krankheiten vorzubeugen, ist ein Dach ratsam. Auch Äpfel und Birnen sind für einen Regenschutz dankbar. Wer der Natur nicht ihren Lauf lassen und zur Gartenschere greifen möchte, um das Spalierobst in Form zu bringen und zu biegen, der findet im Handel vorgeschnittene Gehölze. Sogenanntes Formobst gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Zu den traditionellen Formen gehören ein- oder zweiarmige Schnurbäume, bei denen lediglich ein oder zwei Hauptäste im rechten Winkel vom Stamm weggeführt werden.
Bei waagrechten oder schrägen Palmetten wachsen hingegen mehrere Zweige aus dem Stamm. Zwei Äste zu einem U geschnitten und gebogen bezeichnet der Fachmann als U-Spalier. „Das U-Spalier eignet sich hervorragend für eine Hauswand, weil die Äste um die Fenster herum wachsen können“, erläutert Carlin.
Von Melanie Öhlenbach
HAZ