'Aufwärtsspirale für die Start-up-Szene'
 

'Aufwärtsspirale für die Start-up-Szene'

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Das Pioneers Festival (30. und 31. Oktober) ist der Höhepunkt des österreichischen Start-up-Jahres. HORIZONT hat mit den beiden Gründern Andreas Tschas und Jürgen Furian über die Entwicklung der blutjungen Branche, die mediale Aufmerksamkeit und die finanziellen Probleme des Events gesprochen

HORIZONT: Ihr habt 2012 das erste Pioneers Festival gemacht - wie hat sich aus eurer Sicht die Start-up-Szene in Österreich seither entwickelt?

Andreas Tschas: Das Pioneers Festival 2012 war definitiv der Höhepunkt unserer kontinuierlichen Aktivitäten, die wir seit 2009 betreiben. Wien war kurzzeitig Hotspot der internationalen Start-up-Welt und hat hohe Aufmerksamkeit bekommen. Seither ist einiges passiert: Die Politik nimmt das Thema immer mehr auf und die Szene wird aktiver. Es gibt mehr Veranstaltungen und Organisationen, die die Szene unterstützen (Austrian Startups), es gibt mehr potentielle Investoren (AAIA), und auch die Medien greifen das Thema Start-ups auf (Puls4 Startup Show). Das Pioneers Festival hilft mit der Aufmerksamkeit, die es bekommt mit, eine kritische Masse zu schaffen, die es nach wie vor noch nicht gibt. Wenn die Entwicklung so weiter geht, wird die Karriereoption Gründer auch für junge Leute immer attraktiver und auch Privatinvestoren ziehen mehr und mehr in Betracht, ihr Geld in Start-ups zu investieren. Das alles löst eine Aufwärtsspirale für die Start-up-Szene aus.

HORIZONT: Was ist das Ziel des diesjährigen Festivals?

Jürgen Furian: Ziel des Festivals ist, dass wir uns noch stärker von den anderen Web-Konferenzen abgrenzen. Das Pioneers Festival geht einen Schritt weiter, indem es den Fokus auf innovative Zukunftstechnologien und deren Bedeutung richtet. Den Teilnehmern wird ermöglicht, diese Technologien hautnah zu erfahren und ihre eigenen Erfahrungen damit zu machen. Mit Live Vorführungen, Europa-Premieren, Produkt-Launches, einem Showroom (wo 40 Startups ihre Projekte zeigen) wird Entreprenurship und Future Tech erlebbar gemacht. Insgesamt soll der unbefangene Rahmen dazu dienen, auch die Personen hinter allen Unternehmungen kennenzulernen, sich auszutauschen und zu vernetzen.

HORIZONT: Bei der Zusammenstellung des Programms - welche Trends habt ihr da berücksichtigt, was sind die großen Themen der Konferenz?

Furian: Wir haben dieses Jahr wichtige Trends wie Robotik, Artifical Intelligence, Raumfahrt, Web und Mobile aufgegriffen und die wichtigsten Vordenker und Unternehmer zu diesen Gebieten eingeladen, um zu erfahren, wie sich unser aller Leben aufgrund dieser neuen Technologien verändern wird. In der Arena wird zum Beispiel Rodney Brooks seine Sichtweise zu „Robolution“ zum Besten geben oder Tom Hulme (IDEO) und Charles Adler (Kickstarter) werden einen kritischen Blick auf Entrepreneurship im Allgemeinen werfen. Die Academy supported by Konica Minolta hingegen fokussiert auf Vermittlung von Expertise und praktischem Know-how.

HORIZONT: Hauptsponsor ist ProSiebenSat.1 PULS 4, die eine eigene Start-up-Show ins TV bringen. Haben die großen Medien endlich das Potenzial des Themas erkannt?

Tschas: Zumindest ein paar. Das Start-up Ökosystem rückt vermehrt in den Lokalaugenschein der Medien und die Start-up-Show hilft mit, die oben angesprochene kritische Masse zu erreichen. Der logische nächste Schritt ist, dass vermehrt die Wirtschaft das große Potenzial erkennt und sich die Innovationskraft von Start-ups gezielt zunutze macht. Was wir uns wünschen, ist eine Verschmelzung der Old und der New Economy zur Real Economy.

HORIZONT: Ihr habt in Gesprächen immer wieder gemeint, dass ihr das Festival breiter als nur spezifisch auf Web aufstellen wollt und generell ein Event für Gründer, Pioniere sein wollt. Wenn man sich die Sprecherliste ansieht, sind diese aber doch zu großen Teilen aus der Tech/Web/Start-up-Ecke. Wie schwer ist es, Gründer, Erfindungen etc. aus anderen Branchen zu finden, bzw. macht euch da die TEDx zu große Konkurrenz?

Furian: Außerhalb von Web/Mobile ist es definitiv eine Herausforderung, neue Personen aus anderen Tech-Branchen an Land zu ziehen. Schlussendlich haben wir es aber geschafft und unser Netzwerk auch in anderen Bereichen weiter ausgebaut. Wir haben TED oder TEDx nie als Konkurrenz gesehen. Das Format ist sehr inspirierend, es ist aber jetzt nicht zwangsweise eine Entrepreneurship Veranstaltung. Bei uns geht es unter dem Strich nicht nur um Inspiration.

HORIZONT: Seht ihr Wien als Start-up-Hub für Mittel- und Osteuropa? Wenn man relevante Persönlichkeiten in der Branche fragt, dann bekommt man einen anderen Eindruck (HORIZONT-Bericht).

Tschas: Ja, wir sehen Wien als wichtigen Hub für CEE. Man darf das Start-up Ökosystem natürlich nicht nur durch eine rosarote Brille sehen. Die Realität für Start-ups ist teilweise sehr hart und eine tägliche Gratwanderung zwischen Erfolg und Scheitern. Aber auf der anderen Seite, wer wenn nicht Start-ups sollte den Mut aufbringen, den Status Quo zu hinterfragen, radikale und kreative Ansätze zu liefern und selbstbestimmt etwas Neues auf die Beine zu stellen? Faktum ist natürlich, dass wir weiterhin in diese Richtung pushen müssen und noch einen langen Weg vor uns haben. Es gibt weit weniger Hype in Wien als in Berlin. Es ist schon bemerkenswert, dass aus so einem kleinen Land und einer noch kleineren Szene doch immer mehr Erfolge kommen und die Qualität in den letzten Jahren durchaus zugenommen hat. Wien hat viele Vorteile die einzigartig sind, darauf müssen wir uns fokussieren. Wir arbeiten seit vier Jahren am Aufbau eines Start-up Ökosystems und haben daher auch wahrscheinlich mehr Informationen als andere Gründer. Vielleicht sehen wir deswegen mehr die Chancen als das was noch alles fehlt.

HORIZONT: Es gibt Gerüchte in der Szene, dass das Festival 2012 finanziell kein Erfolg war. Stimmt das, und wie sieht es heuer aus, werdet ihr den Event positiv abschließen können?

Tschas: Das ist kein Gerücht sondern Fakt! Wer glaubt, innerhalb von sieben Monaten von der Namensgebung bis zu einem der größten Events weltweit aufzusteigen, geht ganz leicht, der hat sich leider getäuscht. Es gibt überhaupt keinen Grund, da etwas zu beschönigen. Wenn es leicht wäre, würde es jeder machen. Die letzten Jahre waren eine Kombination aus einer persönlichen Aufopferung für die Sache und den Good Will von einzelnen Personen. Wir arbeiten auf Hochtouren daran, Pioneers auf solide Beine zu stellen, und wir sind auf einem guten Weg.

In der HORIZONT-Ausgabe 44, die heute, Donnerstag, erscheint, lesen Sie auf acht Seiten über alle Trends und Themen, die die Start-up-Branche in Österreich derzeit bewegt - von Business Angels über Acceleratoren und Inkubatoren bis zu Crowdfunding und Crowdinvesting.



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