Hat das Esszimmer ausgedient?
Es scheint, als hätte die Wohnküche das Esszimmer ganz abgelöst. Ist das wirklich so, falls ja warum – und was sagt das über uns?
Stöbert man durch die Fotos der Kategorie Esszimmer auf Houzz, dann stößt man oft auf Wohnküchen. Einen Essplatz im Wohnzimmer. Eine Essecke. So häufig, dass mich ein Gedanke beschleicht: Hat das Esszimmer ausgedient? Genau wie die gute Stube und das gute Geschirr, die einst nur zu besonderen Gelegenheiten genutzt wurden, oder die Sonntagskleidung? Und falls ja, was bedeutet das, was sagt es über uns, unseren Alltag, unsere Einstellung? Sind wir lässig geworden oder nachlässig? Unkompliziert oder unkultiviert?
Seit Jahren wächst das Interesse am Kochen, Essenszubereitung wird als Event verstanden – Starköche, Kochshows und Guerilla-Dinner sind nur einige Symptome dessen. Und Kochen als heimisches Event, das funktioniert eben nur in einer Wohnküche, wenn die Gäste gleich neben dem Brutzeln sitzen. Das eine hat das andere populär gemacht. Henne und Ei. Selbst Restaurants, wie das jüngst in Berlin eröffnete Nobelhart & Schmutzig, lassen ihre Gäste immer öfter vom Tresen aus in die Töpfe schauen – einst war das eher Merkmal kleiner Imbissbuden. Man will wissen, woher das Essen kommt, das fängt beim inzwischen hip gewordenen Bauernmarkt an und geht bei der Zubereitung weiter.
Das Konzept der Hausfrau, die im abgeschlossenen Kämmerlein allein und eifrig alles zubereitet, hat mehr oder weniger ausgedient. Zum Glück! Dinnerparties finden heute in der Wohnküche statt, auch wenn sie nur wenige so nennen und man auch selten ein Abendkleid dazu trägt. Wir mögen es unkompliziert und lässig. Wir essen eben mit Freunden.
Das Konzept der Hausfrau, die im abgeschlossenen Kämmerlein allein und eifrig alles zubereitet, hat mehr oder weniger ausgedient. Zum Glück! Dinnerparties finden heute in der Wohnküche statt, auch wenn sie nur wenige so nennen und man auch selten ein Abendkleid dazu trägt. Wir mögen es unkompliziert und lässig. Wir essen eben mit Freunden.
Die Liebe zum Loftwohnen und offenen Grundrissen löst die alten Trennungen endgültig auf: Kochen, Essen, Entspannen – Leben! –, alles findet in einem Raum statt, dessen Zonen allein durch die Möbel markiert sind. Ich mag das, ja, ich bin genau so aufgewachsen und habe auch jetzt eine Wohnküche.
Gleichzeitig stören sich viele an den Kochgerüchen, die durch die Wohnung ziehen (ein Fall für neue, leistungsstarke Dunstabzughauben!); aufs dreckige Geschirr will man auch nicht blicken. Was dazu führt, dass nicht nur das Esszimmer verschwindet, sondern auch die Küche, zum Beispiel hinter Falttüren (mehr dazu in unserem Artikel zu Küchen, die verschwinden). Was passiert da eigentlich – zwei Seelen, ach, in unserer Brust?
Ja, auch in meiner. Denn es ist praktisch und gemütlich in der Wohnküche. Andererseits hat es schon was, sich in einen besonderen Raum zu setzen, mit gutem Porzellan und teurer Tischdecke, es ist eine Form der Wertschätzung. Der Kultur. Nun kann man aber wiederum jeden Tisch schön decken, auch in der Wohnküche. Doch tun wir das oft genug? Und wie oft stehen stattdessen Topf und Tetrapak darauf?
Wohnküche statt Esszimmer, ist das ein Verlust oder ein Gewinn?
Letztlich ist das gar nicht die Frage, um die es geht.
Ja, auch in meiner. Denn es ist praktisch und gemütlich in der Wohnküche. Andererseits hat es schon was, sich in einen besonderen Raum zu setzen, mit gutem Porzellan und teurer Tischdecke, es ist eine Form der Wertschätzung. Der Kultur. Nun kann man aber wiederum jeden Tisch schön decken, auch in der Wohnküche. Doch tun wir das oft genug? Und wie oft stehen stattdessen Topf und Tetrapak darauf?
Wohnküche statt Esszimmer, ist das ein Verlust oder ein Gewinn?
Letztlich ist das gar nicht die Frage, um die es geht.
Ein Argument gegen das Esszimmer ist natürlich der Platz. Was sollten wir in unseren teuren Stadtwohnungen und kleinen Häusern einen ganzen Raum für nur wenige Stunden reservieren, wenn wir stattdessen eine große Wohnküche haben können, in der sich unser halber Alltag abspielt? Auf ein Esszimmer lässt sich am leichtesten verzichten. Und also essen wir in der Küche (und, wenn wir ehrlich sind: manchmal auch allein vor dem Fernseher, den Teller auf dem Schoß).
Dabei ist es nicht so, als hätten wir keine Lust mehr am gemeinsamen Genuss, im Gegenteil.
Was halten Sie von einem Wohnzimmer mit einem Essbereich?