Rechtsphilosophie, zuletzt bearbeitet am: 16.01.2024 | Jetzt kommentieren| Jetzt bewerten
Inhaltsverzeichnis
Der Begriff Geschlecht wird zur Kennzeichnung des Vorkommens von Organismentypen innerhalb einer biotischen Art verwendet. Das biotische Geschlecht (Sexus – lat. sexus, m [Geschlecht]) wird willkürlich mit „weiblich“ und „männlich“ bezeichnet; die Individuen heißen bei Tieren allgemein Männchen und Weibchen. Seit Ende 2018 erlaubt das deutsche Personenstandsgesetz (PStG) als Angabe zum Merkmal „Geschlecht“ insgesamt nunmehr 4 Ausprägungen: männlich, weiblich, divers und ohne Angabe .Die letzten beiden sind als Eintragung erlaubt, wenn eine Zuordnung weder zum weiblichen noch zum männlichen Geschlecht möglich ist.
Daneben gibt es für bestimmte Sippen spezifische Bezeichnungen, z.B. Mensch: Mann und Frau (Weib), Rind: Stier (Bulle) und Kuh, Kaninchen: Rammler und Häsin, Fische: Milchner und Rogener.
In der Biologie gilt das Symbol ♀ (Spiegel der Venus) für weiblich; das Symbol ♂ (Speer und Schild des Mars) für männlich.
Zwischen dem weiblichen und männlichen Geschlecht gibt es mannigfaltige Unterschiede:
Die Geschlechtsunterschiede sind nicht immer klar erkennbar, weil das Geschlecht bipolar angelegt ist.
D.h. es existiert zunächst ein geschlechtlich undifferenziertes Möglichkeitsfeld, in dem die Gegensätze der Geschlechter vereint sind. Die Ausformung wird durch die Produktion und Wirkung von Geschlechtshormonen bedingt. Weibliche Geschlechtshormone sind die Gruppe der Östrogene und Gestagene, die Androgene bilden die Gruppe der männlichen Geschlechtshormone.
Männliche und weibliche Geschlechtshormone werden in jedem Organismus gebildet und zwar in einem bestimmten, sich ändernden und beeinflussbaren Verhältnis. Daher existiert kein rein männliches oder weibliches Geschlecht, sondern die Geschlechtsausprägung liegt je nach Stand des Verhältnisses der Geschlechtshormone zwischen den extremen Polen männlich und weiblich.
Die bisherige Darstellung ging von Getrenntgeschlechtigkeit aus, d.h. männliche und weibliche Geschlechtsorgane liegen stets auf zwei verschiedenen Organismen. Befinden sich diese auf einem Individuum, so liegt der Sonderfall des Zwitters vor. Ein Zwitter verkörpert beide Geschlechter. Bandwürmer, Regenwürmer, ein großer Teil der Schnecken sind Zwitter. Rosengewächse und Hahnenfußgewächse beispielsweise haben zwittrige Blüten, die sowohl Pollensäcke als auch Fruchtknoten enthalten.
Die Geschlechtsbestimmung erfolgt vielfach durch die Wirkung bestimmter Erbfaktoren (Gene). Diese sind in den Geschlechtschromosomen der Fortpflanzungszellen (weibliche Eizellen, männliche Spermien oder Pollen) lokalisiert. Z.B. besitzt der Mensch den Chromosomensatz 46 + XX (weibliche, d. h. 46 Autosomen und 2 Geschlechtschromosomen) oder 46 + XY.
Hierbei ist das Y-Chromosom Männlichkeits-bestimmend. Das Geschlecht wird beim Verschmelzen von Ei- und Samenzelle (Befruchtung, Zygotenbildung) festgelegt. Da das Y-Chromosom immer vom Mann stammt, bestimmt er sozusagen das Geschlecht der Nachkommen: Besamt ein Spermium mit einem X-Chromosom die Eizelle, entsteht ein Mädchen.
Bekommt die Eizelle dagegen ein Spermium mit einem Y-Chromosom ab, so wird aus der Zygote ein Junge.
Das Geschlecht ist zwar chromosomal festgelegt, aber am konkreten Organismus nicht immer sofort voll ausgeprägt und erkennbar. In den meisten Fällen findet in einem bestimmten Alter die Geschlechtsreife statt. Sie besteht in der verstärkten Produktion von Geschlechtshormonen, auf deren Grundlage sich sekundäre Geschlechtsmerkmale ausbilden und die Geschlechtsorgane funktionstüchtig werden. Geschlechtsreife ist demnach das Erreichen der Fortpflanzungsfähigkeit.
Oft wird die Frage nach dem natürlichen Zweck des Vorhandenseins von zwei Geschlechtern gestellt. Die Funktionsweise der Geschlechter in der Fortpflanzung stellt neben der Mutation einen weiteren Evolutionsmechanismus dar. Sie macht die Neukombination von Genen in der biotischen Evolution und damit eine größere Vielfalt innerhalb einer Art möglich.
In höher entwickelten Tier- und Menschengesellschaften kommt dem jeweiligen Geschlecht eine bestimmte Rolle zu. Bei vielen Tierarten übernehmen Männchen und Weibchen geschlechtstypische Funktionen, die meist mit Fortpflanzung und Jungenaufzucht zusammenhängen.
Z.B. wird das Weibchen des Pfefferfressers (Tukan) vom Männchen in einer Baumhöhle mit Lehm „eingemauert“. In diesem „Gefängnis“ erledigt das Weibchen das Brutgeschäft. Während dieser Zeit wird es vom Männchen mit Nahrung versorgt. Sind die Jungen geschlüpft, so müssen auch diese noch vom Männchen gefüttert werden, bis sie nahezu flügge sind.
Sehr problemreich zeigt sich die Gestaltung und Wertung der Geschlechterrollen beim Menschen. In der Anthroposoziogenese vollzog sich in der Urgesellschaft die erste Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern. Die Frau widmete sich der Nahrungszubereitung, der Pflege der Heimstatt und dem Aufziehen der Nachkommen, während der Mann jagte, andere Nahrung beschaffte und die Sippe verteidigte. In der Klassengesellschaft ist das Gestalten der Geschlechterrolle in Familie und Öffentlichkeit vielfach von einem „Kampf“ der Geschlechter begleitet.
Hier geht es u.a. um die Dominanz eines Geschlechts über das andere (Matriarchat, Patriarchat). In allen patriarchalisch geprägten Gesellschaften existieren vielfältige Erscheinungen, in denen Frauen durch Männer seit Jahrhunderten unterdrückt und in ihrer Würde verletzt werden (Rechtlosigkeit der Frau, Gewalt gegen die Frau in der Familie, Unterbezahlung u.a.).
Auch die moderne Industriegesellschaft pflegt die Abhängigkeit der Frau vom Mann: Konzepte wie „der Mann ist der Versorger“ und „die Frau gehört an den Herd“ sind in ihr tief verwurzelt. Als Begründung hierfür werden als naturbedingt deklarierte Unterschiede zwischen Mann und Frau herangezogen. Ein literarisches Beispiel mag dieses dokumentieren. Friedrich E. Freiherr von Gagern schrieb in seinem Buch „Mann und Frau“ (1967):
„Die Frau sehnt sich danach, den geliebten Mann in sich aufzunehmen. Der Mann hat das Streben, in sie eindringend mit ihr zu verschmelzen. Damit entsprechen beide ihrer charakterlichen Verschiedenheit. Der Frau ist das Gewähren, Erleiden, Empfangen, Tragen, Gebären, Nähren und Bewahren zugeordnet. Der Mann hingegen ist mehr schöpferisch, zeugend, gestaltend, werbend, angreifend und eindringend.
So ist im Seelischen vorgebahnt, was im Leiblichen zum Ausdruck kommt und sich zu vollziehen vermag. Aber im Bereich der Liebe bleibt das Bestimmende immer das Unkörperliche, deshalb dürfen wir nicht vergessen, daß der Leib ohne das Geistige in uns nur der Gestalt nach Mensch ist, dem Wesen nach Organismus.“
Zu einem freien Denken gehört das Ideal, dass Frau und Mann in einer Gesellschaft gleichberechtigt sein sollen und können. Dem Kampf um die Emanzipation der Frau widmen sich deshalb viele progressive Bewegungen, denen Frauen und Männer angehören. In der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vertritt man die Position: Geschlechterdemokratie ist das Ziel, Gender Mainstreaming der Weg dazu.
Dabei geht es nicht um das Aufheben oder Negieren der Geschlechtsunterschiede, also nicht um das Gleichartig-Machen der Geschlechter, sondern um das gleichberechtigte Neben- und Miteinander auf der Grundlage von Gleichachtung und Würde. Es geht um die gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter an der Gestaltung der Gesellschaft. Solange Frau und Mann nicht in allen Bereichen einer Gesellschaft gleichgestellt sind, solange werden Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte eine unvollendete Vorstellung bleiben.
Der Begriff Geschlecht dient zur umfassenden Bezeichnung der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane oder Geschlechtsteile bei Menschen und Tieren, insbesondere der äußerlich am Körper sichtbaren (Genitalien). Dabei handelt es sich im eigentlichen Sinn um Fortpflanzungsorgane.
Mit Geschlecht kann eine verwandtschaftlich zusammenhängende Generationenfolge von Menschen bezeichnet werden, die z.T. eine über Jahrhunderte verfolgbare Geschichte haben. Man spricht auch von Blutsverwandtschaft oder Sippe. Der Begriff hat sich vor allem für die Abfolge von Persönlichkeiten in Fürstenhäusern eingebürgert. Man spricht z.B. in der deutschen Geschichte vom Geschlecht der Habsburger.
Im Bereich der Sprache werden Substantive einem Geschlecht zugeordnet (Genus – lat. genus, eris n [Geschlecht]). Damit bestimmt das Geschlecht die Sprachstruktur und ist Bestandteil der Grammatik.
Es gibt Sprachen, die drei Geschlechter enthalten: männliches Geschlecht (Maskulinum m), weibliches Geschlecht (Femininum f) und sächliches Geschlecht (Neutrum n).
Die Zugehörigkeit eines bestimmten Substantivs zu einem Geschlecht kann man z.B. überwiegend an seiner Endung erkennen wie beispielsweise im Russischen:
Wird ein Adjektiv hinzugefügt, so ist das Geschlecht des Substantivs an der Endung erkennbar:
Im Deutschen wird die Zugehörigkeit eines Substantivs zu einem Geschlecht durch einen bestimmten Artikel (Geschlechtswort) ausgedrückt:
Die deutsche Wortlehre unterscheidet zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht. Dieses stimmt in vielen Fällen überein (z.B. die Kuh, der Stier). Das Neutrum „das Rind“ drückt aus, dass es sich grammatisch weder um männliches noch weibliches Geschlecht handelt, also um „keines von beiden“. Neutrum umfasst männliches und weibliches Geschlecht: das Kind ist grammatisch Neutrum, sein natürliches Geschlecht kann jedoch ein männliches oder ein weibliches Individuum umfassen.
Die deutsche Bezeichnung „sächlich“ für Neutrum ist daher irreführend, aber ebenso die Unterscheidung zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht, da beides willkürliche Festlegungen durch menschlichen Konsens sind. Hinzu kommt, dass manche Substantive zwei Geschlechter haben können, z.B. der oder das Knäuel, der oder das Teil, der oder das Filter.
Es gibt Sprachen, die nur zwei Geschlechter kennen. Im Dänischen haben Substantive entweder das sächliche Geschlecht (entspricht dem deutschen Neutrum) oder sie gehören in eine Gruppe, die zur Unterscheidung als „nicht sächlich“ bezeichnet wird.
Das Geschlecht erhält hier seinen Ausdruck durch Endungen:
Schließlich existieren Sprachen, welche ohne die Zuordnung eines Geschlechtes auskommen.
Das ist z.B. im Englischen der Fall. Hier gibt es nur den einen bestimmten Artikel „the“.
Literatur: Autorenkoll.: Die deutsche Sprache. – Leipzig : Fachbuchverlag, 1955. – Die klassische Sau /Hrsg. H. Kinder. – Zürich : Haffmans, 1986. – Dietz, K. ; Hesse, P. G.: Wörterbuch der Sexuologie und ihrer Grenzgebiete. – Rudolstadt : Greifenverlag, 1964. – dtv-Lexikon. – München : Deutscher Taschenbuch Verlag, 1999. – Herder Lexikon der Biologie. – Heidelberg ; Berlin ; Oxford : Spektrum Akademischer Verlag, 1994.
Autor: Jan Bretschneider; Quelle: Erstveröffentlichung im Lexikon freien Denkens, Angelika Lenz Verlag 2002
Im juristischen Sinne bezieht sich das Geschlecht auf die biologische und soziale Unterscheidung von Männern und Frauen.
Der Schutz vor Geschlechterdiskriminierung ist in verschiedenen Gesetzen verankert, darunter:
Das biologische Geschlecht bezieht sich auf die körperlichen Merkmale, die bei der Geburt festgestellt werden (z.B. Genitalien, Hormone). Das soziale Geschlecht bezieht sich auf die gesellschaftlichen Erwartungen und Normen, die an Männer und Frauen gestellt werden (z.B. Rollenbilder, Verhaltenserwartungen).
Nein, Arbeitgeber dürfen bei der Einstellung nicht nach dem Geschlecht fragen. Dies verstößt gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Geschlechtsbezogene Belästigung am Arbeitsplatz umfasst
die das Arbeitsklima beeinträchtigen oder eine feindselige Arbeitsumgebung schaffen. Dies ist eine Form der Diskriminierung und kann sowohl von Vorgesetzten als auch von Kollegen ausgehen.
Geschlechterdiskriminierung kann verschiedene Folgen haben, darunter:
Trans- und Intersexualität beziehen sich auf Menschen, bei denen das biologische Geschlecht nicht eindeutig männlich oder weiblich ist oder die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Trans- und Intersexuelle Menschen können Diskriminierungserfahrungen machen und sind daher durch verschiedene Gesetze geschützt.
Trans- und Intersexuelle Menschen haben das Recht auf Schutz vor Diskriminierung und auf Selbstbestimmung bezüglich ihres Geschlechts. Dazu gehören unter anderem:
Geschlechtsneutrale Pronomen wie "sie*er" werden im juristischen Kontext bisher wenig verwendet. Sie könnten aber in Dokumenten wie Urkunden oder Verträgen verwendet werden, um geschlechtsneutrale Formulierungen zu ermöglichen. Allerdings gibt es noch keine einheitliche Regelung, wie mit geschlechtsneutralen Pronomen umzugehen ist. Es sollten juristische Definitions- und Auslegungsprobleme aber vermieden werden.
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