Fehlbildungen des Gesichtsschädels und des Kiefergelenkes:, Treacher Collins (Franceschetti Syndrom), Nager-Syndrom, Goldenhar-Syndrom, fibröse Dysplasie, Ankylose etc.)

Abbildung 26

Treacher Collins (= Franceschetti Syndrom)

Das Franceschetti Syndrom zeichnet sich durch die Fehlbildung des Mittelgesichts, des Ohres und des Kiefers (Abb. 26, 27). Die Wiederherstellung von Form und Funktion beim Treacher Collins Syndrom fordert folgende Aufgaben:
Unmittelbar nach der Geburt ist der Atemweg durch reklinierte Zunge (Glossoptose) oft verlagert. Durch die Anwendung einer speziellen Gaumenplatte kann der Atemweg entlastet werden und nach einigen Monaten Plattentherapie, kann in vielen Fällen der Atemweg dauerhaft normalisiert werden (siehe Abb. 29)

Abbildung 26: Ein Junge im Alter von 2 Monaten mit schwerer Atmung aufgrund einer Glossoptosis (Verlagerung des Atemweges durch die Zunge) bei Treacher Collins Syndrom Franceschetti Syndrom (oben links). Zur Vorverlagerung der Zunge, um einen freien Atemweg zu erreichen (links), wurde eine Gaumenplatte mit einem (prä-epiglotischer) Sporn eingesetzt (rechts oben und unten) (gleiche Platte wird bei Kindern mit Pierre Robin Sequenz eingesetzt). Nach einer Woche, freie Atmung und Akzeptanz des Gerätes (links Mitte). Nach zwei Monaten Plattentherapie wurde die Glossoptosis behoben, die Atmung normalisiert und das Wachstum des Unterkiefers stimuliert (unten links).
Abbildung 27: Geistig normales 6-jähriges Mädchen mit einem Franceschetti Syndrom. Die Weichteile und Jochbeine werden aufgebaut.
Abbildung 28

Die Jochbeine sind nicht angelegt. Die Rekonstruktion der Jochbeine erfolgt ab dem 2. Lebensjahr. Anhand einer 3D-Computertomographie werden Jochbeinimplantate angefertigt. Diese dienen als Schablone zur Entnahme eines vollschichtigen Schädeltransplantates. Der Schädelknochen wird an einem 3D Modell angepasst und ohne Schnitte im Gesicht (Schnitt über die Kopfschwarte) eingesetzt (Abb. 28).

Abbildung 28: Mädchen im Alter von 4 Jahren mit einem  Treacher Collins (Franceschetti Syndrom). Planung der Rekonstruktion von nicht angelegten Jochbeinen. Die Jochbeine werden als Patienten-spezifisches-implantat angefertigt, dieses dient als Schablone zur Entnahme eines Knochentransplantates vom Schädel (Planung erfolgt in Zusammenarbeit mit Biomed-Center, Bayreuth). 3D-Fotographie (unten) zeigt das Ergebnis 2 Monate nach Rekonstruktion der Jochbeine mittels Knochentransplantate vom Schädel (unten rechts).
Abbildung 29

Der aufsteigende Unterkieferast ist unterentwickelt. Der Unterkiefer wird im Kindesalter durch graduelle Knochendehnung (Distraktionsosteogenese) verlängert (siehe Abb. 29, gleiches Protokoll für Nager Syndrom)
Das Kinn ist unterentwickelt: Eine Vorverlagerung des Kinnes ist nicht nur zur Profilkorrektur sinnvoll, sondern wünschenswert zur Dehnung der Mundbodenmuskulatur (suprahyoidale Muskulatur).

Abbildung 29. Kind im Alter von 3,5 Jahren mit einem Nager-Syndrom (Unterkieferhypoplasie, Jochbeinhypoplasie), tracheotomiert bei Ateminssuffizienz in den ersten Lebeswochen (oben links). Operationsplanung anhand eines 3D-gedruckten Modells (BiomedCenter, Bayreuth) (links). Distraktionsosteogenese Untekiefer (Züricher Distraktor II Unterkeifer 25mm, KLS-Martin) (oben rechts). Das Fernröntgenbild seitlich zeigt erweiterten Atemweg nach Distraktion, Vorasusetzung zur dekanullierung.  

Die Nase ist typischerweise lang und oft schief, dies betont das ungünstige Profil durch die fehlende Jochbein- und Unterkiefer-Kinn-Prominenz. Nasenkorrekturen werden nach Abschluss des Wachstums vorgenommen.
Die Weichteile im Bereich der Wange/Unterlid sind unterentwickelt (hypoplastisch). Dies erfordert eine  Lidachsenkorrektur und den Aufbau der Weichteile durch Injektion von Eigenfett. Das Eigenfett eignet sich zur Vorbereitung der Jochbeinrekonstruktion und zur Gesichtskonturierung, wenn die Wiederherstellung des Gesichtsschädels erfolgt ist.

Neben der Ohrmuscheldeformität ist das Hörvermögen betroffen: Die  Ohrmuschelrekonstruktion erfolgt im 9. Lebensjahr unter Anwendung eigenen Knorpels, entnommen aus der Rippe. Die Ohrmuschel wird anatomisch in Schichten von modellierten Knorpelteilen 3-dimensional aufgebaut. Schablonen, angefertigt anhand von 3D-Fotos vom gesunden Ohr, werden angewandt. Implantationen von knochenverankerten Hörgeräten werden in Zusammenarbeit mit den HNO-Kollegen vorgenommen.

Goldenhar Syndrom/ Hemifaziale Mikrosomie

Das Goldenhar Syndrom ist durch die Gesichtsasymmetrie (einseitige Unterentwicklung des Gesichtsschädels und der Gesichtsweichteile, erweiterter Mundspalt, Ohrmuschelunterentwicklung und diverse Augenanomalien) gekennzeichnet. Die Korrektur basiert auf der Rekonstruktion des Jochbeines, der graduellen Unterkiefervorverlagerung (Distraktionsosteogenese), der Mundwinkelkorrektur, des Weichteilaufbaus der Wange durch Eigenfettransplantation, der Ohrmuschelrekonstruktion (siehe unter Treacher Collins Syndrom/ Franceschetti Syndrom) und der Beseitigung des Augenbefundes, wenn vorhanden.

Binder Syndrom

Das Binder Syndrom ist durch die isolierte Unterentwicklung von Nase und Oberkiefer gekennzeichnet. Über viele Jahre wurde die Nase durch Auflagerungsplastiken aufwendig korrigiert. Wir bevorzugen die graduelle Vorverlagerung des Gesichtsschädels (Distraktionsosteogenese). Die Nase und der Innenraum der Nase werden größer, damit wird die Ästhetik und Funktion entscheidend verbessert.

Gardner Syndrom

Das Garner Syndrom  ist eine autosomal-dominat vererbte Erkrankung; neben dem Auftreten von Adenomen im Dickdarm, entstehen Osteome (gutartige Knochengeschwülste) im Gesichtsschädel. Osteome werden chirurgisch entfernt, um die Kontur des Gesichts symmetrisch zu halten.

Fibröse Dysplasie

Die Fibröse Dysplasie ist eine Knochenerkrankung, bei der der Knochen uneingeschränkt wächst. Schädeldach oder der Gesichtsschädel kann betroffen sein. Im Bereich der Orbita (Augenhöhle) führt die fibröse Dysplasie zur Verdrängung des Auges.  Die Entfernung oder Reduktion des betroffenen Knochengewebes wird je nach Ausprägung vorgenommen. Im Bereich der Augenhöhle operieren wir mit Hilfe eines Navigationssystems (BrainLab).

Ankylose der Kiefergelenke 

Bei einer Ankylose versteift das Kiefergelenk teilweise oder vollständig. Dabei kann letztlich der Mund immer weniger geöffnet werden, bis eine Mundöffnung zuletzt unmöglich wird. Diese Erkrankung hat gravierende Folgen. An erster Stelle besteht bei diesen Kindern Lebensgefahr, wenn z.B. im Notfall die Atemwege nicht gesichert werden können (z.B. erschwerte oder unmögliche Intubation). Auch können die Zähne nicht gepflegt werden und eine zahnärztliche Behandlung wird erschwert oder unmöglich. Die Kinder haben oft Schwierigkeiten beim Essen und Sprechen. Auch kann zusätzlich die Unterkieferentwicklung gestört sein, was in einer Unterkieferrücklage, oft auch mit erschwerter Atmung, resultiert.

Mittels einer Ankyloseoperation kann die Mundöffnung operativ wiederhergestellt werden. Bei kleinen Kindern wird simultan ein „Platzhalter“ in der Kiefergelenkregion fixiert und so eine Reankylose verhindert. Im jugendlichen Alter können die Patienten dann mit einer patientenspezifischen Kiefergelenkendoprothese rehabilitiert werden.

Abbildung 30
Abbildung 30: 11-jähriger Junge mit kompletter Ankylose (Gelenkversteifung) beider Kiefergelenke nach Schlittenunfall: vor der OP mit extrem eingeschränkter Mundöffnung (links); nach Lösung der Gelenkversteifung (Ankylose-Operation) mit jetzt freier Mundöffnung (rechts).

Sprechstunden

Allgemeine Sprechstunde der Gesichtschirurgie nach Vereinbarung.

  • Interdisziplinäre Sprechstunde für Schädelfehlbildungen (Prof. Dr. Dr. Roldán, Gesichtschirurgie / Prof. Gliemroth, Neurochirurgie Uni Lübeck): Montag.16:00 – 19:00 Uhr (1 x im Quartal)
  • Spezialsprechstunde für Fehlbildungen des Gesichtsschädels und Kiefergelenkes nach Absprache. 
  • Interdisziplinäre Sprechstunde Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (Prof. Dr. Dr. Roldán, Gesichtschirurgie / Dr. Plath, Kieferorthopädie): Montag 09:00 – 11:00 Uhr (1 x im Quartal)
  • Interdisziplinäre Sprechstunde für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten/ Pränataldiagnostik am Marienkrankenhaus (Prof. Dr. Dr. Roldán, Gesichtschirurgie / OA Dr. M. Czugalinski, Chefarzt Dr. O. Heine, Geburtshilfe, Pränataldiagnostik und Perinatologie, Perinatal-Zentrum Kath. Marienkrankenhaus, Hamburg): Freitag 14:00 – 15:00 Uhr nach Vereinbarung über das Sekretariat Gesichtschirurgie
  • Sprechstunde für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten/ Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Kooperation mit dem Marienkrankenhaus Hamburg (OÄ Dr. Vieth, Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde), nach Vereinbarung über das Sekretariat Gesichtschirurgie 
  • LKG-Phoniatrische Sprechstunde in Kooperation mit dem Werner-Otto-Institut (Frau Dr. A Goebell, Fachärztin für HNO und Phoniatrie), nach Vereinbarung über das Sekretariat Gesichtschirurgie

Die Sprechstunde für ambulante Patienten sind:

Montag bis Freitag 8:00 bis 12:00 Uhr
sowie
Montag bis Donnerstag 14:00 bis 17:00 Uhr

Für Terminanfragen erreichen Sie uns telefonisch 
Montag bis Freitag 9:00 bis 10:00 Uhr
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Montag bis Donnerstag 14:00 bis 15:00 Uhr
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