Technik kurz erklärt Die Entwicklung der Kältemaschine

In unserer Serie „Technik kurz erklärt“ stellen wir regelmäßig Meisterwerke der Konstruktion und besondere Entwicklungen vor. Heute: die Kälteerzeugungsmaschine.

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Leben ohne Kühlschrank? Kaum vorstellbar heute. Zu verdanken haben wir diesen Luxus Carl Linde, der uns vom Natur-Eis als Kühlmittel unabhängig machte.
Leben ohne Kühlschrank? Kaum vorstellbar heute. Zu verdanken haben wir diesen Luxus Carl Linde, der uns vom Natur-Eis als Kühlmittel unabhängig machte.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Auslöser für seine wegweisende Erfindung war ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von Paraffin: Carl Paul Gottfried Linde (seit 1897 von Linde) machte sich in den 1870er Jahren auf die Suche nach einer Lösung, mit der Kälte maschinell zuverlässig und wirtschaftlich erzeugt werden konnte.

Er war nicht der Erste, der sich mit dem Thema befasste. Zum damaligen Zeitpunkt gab es bereits Ansätze, um Kälte künstlich zu erzeugen, denn bis dato war man für das Kühlen noch auf Natur-Eis angewiesen, das im Winter in Eis-Kellern eingelagert wurde. Im Besonderen für das Bierbrauen stellte die mangelnde Kühlung ein Problem dar. Doch keines der Systeme, mit denen in den 1860er Jahren experimentiert wurde, war ausgereift, zuverlässig und wirtschaftlich. Lindes Ansatz der „Kälteerzeugungsmaschine“ schuf schließlich Abhilfe und wurde 1877 vom damals neu gegründeten Reichspatentamt mit dem Patent 1250 geschützt.

Carl von Linde gilt bis heute als Wegbereiter der Technik, die auch zum modernen Kühlschrank führte.
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Werdegang Carl von Lindes

  • Carl Linde wurde am 11. Juni 1842 in Berndorf geboren. Nach dem Umzug der Familie ins Allgäu besuchte er Carl Linde besuchte er das Humanistische Gymnasium in Kempten und startete 1861 sein Studium des Maschinenwesens am Polytechnikum Zürich.
  • 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach der Teilnahme an einem Protest exmatrikuliert wurde. Nach kurzen Stationen in Kempten und Berlin zog es Linde nach München, wo er schließlich Professor an der Technischen Hochschule wurde.
  • Angeregt durch ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage vertiefte er sich schließlich in die Probleme der Wärmelehre und deren Lösung.

Wie funktioniert das Linde-Verfahren zur Kälteerzeugung?

Als versierter Professor für Maschinenbau kam Linde aufgrund von theoretischen Überlegungen zu dem Schluss, dass das Kompressionsverfahren, bei dem ein flüssiges Kältemittel verdampft wird und dabei seiner Umgebung die Wärme entzieht, am effizientesten sei. Er machte sich den Joule-Thomson-Effekt zunutze. Vereinfacht ausgedrückt funktioniert sein Linde-Verfahren zur Kälteerzeugung folgendermaßen:

  • Das Linde-Verfahren beruht auf dem Joule-Thomson-Effekt, nach dem komprimierte Gase durch Druckminderung eine Temperaturänderung erfahren.
  • Beim Linde-Verfahren wird die Luft zuerst von Wasserdampf, Staub und Kohlenstoffdioxid befreit und anschließend auf ca. 200 bar komprimiert, wodurch sich die Temperatur um ca. 45 Kelvin erhöht.
  • Nachdem sich die komprimierte Luft auf Raumtemperatur abgekühlt hat (mittels Wärmetauscher), lässt man sie wieder auf Normaldruck expandieren, wodurch sie noch mal um 45 Kelvin abkühlt.
  • Diese Kaltluft dient nun zum Vorkühlen der komprimierten Luft (Gegenstromprinzip), die nach der Expansion noch kälter wird, bis sie sich schließlich nach mehreren Wiederholungen des Abkühlvorganges verflüssigt.
  • Aus der so gewonnenen flüssigen Luft lass en sich anschließend die Hauptbestandteile Stickstoff und Sauerstoff (Siedepunkt: -183 °C) durch fraktionierte Destillation voneinander isolieren.

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Die Erfindungen Carl Lindes und was seinen Erfolg ermöglichte

  • 1873 entwickelte Linde eine Methyläther-Eismaschine (Kühlschrank), die 1874 zu Versuchszwecken in der Münchner Spaten-Brauerei aufgestellt wurde. Da der getestete Prototyp technische Mängel aufweist, verbessert Linde die Abdichtung und die Leistung des Kompressors.
  • Außerdem ersetzt er den als Kühlmittel vorgesehenen Methyläther durch Ammoniak, sodass ihm 1876 mit dem Ammoniak-Kühlapparat (Klimaanlage) ein Durchbruch gelingt.
  • Linde gibt seinen Münchner Lehrstuhl auf und gründet seine eigene Eismaschinenfabrik: Die „Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen AG“ belieferte zuerst Bierbrauereien, später auch Eisfabriken, Schlachthöfe und Chemiewerke und ist heute weltweit tätige Linde AG (The Linde Group) mit Sitz in München. Dabei ist sein Unternehmen ein Ingenieursbüro, das Aufträge einwirbt, Konstruktionspläne entwickelt, die Kunden betreut, aber nicht selbst produziert.
  • Bis zum Ende der 1880er Jahre rüstet die Gesellschaft 445 Brauereien mit 747 Kältemaschinen aus. 1890 sind bereits 1000 Anlagen verkauft.
  • Linde zieht sich 1890 aus dem aktiven Geschäft zurück und widmet sich wieder der Wissenschaft, der Erfinderlust und dem Unterrichten.
  • 1895 entwickelte er ein Verfahren zur Verflüssigung von Luft und stößt damit die Tür zur Tieftemperaturtechnik auf.
  • So ist es ihm 1902 möglich, Luft in ihre Bestandteile Sauerstoff und Stickstoff zu trennen.
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Quellen:

www.dpma.de

www.uni-regensburg.de/chemie-pharmazie

www.linde.com/

www.br.de

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