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„Lückenhafte“ Beweiswürdigung – Landgericht muss nach BGH-Urteil tödlichen B6-Unfall neu verhandeln

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Fahrlässige Tötung – so lautete das Urteil des Landgerichts Verden nach der Frontalkollision zweier Lkw auf der B6. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft nun erfolgreich Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.
Fahrlässige Tötung – so lautete das Urteil des Landgerichts Verden nach der Frontalkollision zweier Lkw auf der B6. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft nun erfolgreich Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. © Christian Butt/Archiv

Auf fahrlässige Tötung urteilte das Landgericht Verden 2022 nach einem tödlichen Unfall auf der B6. Der BGH hat nun entschieden: Es muss neu verhandelt werden.

Verden/Br.-Vilsen – Erneut wird sich das Verdener Landgericht mit der folgenschweren Kollision zweier Sattelzüge am 10. November 2020 auf der B 6 bei Bruchhausen-Vilsen befassen müssen. Bei dem Frontalzusammenstoß war ein 63 Jahre alter Lkw-Fahrer aus Nordrhein-Westfalen getötet worden.

Nach erfolgreicher Revision vor dem BGH wird eine neue Beweisaufnahmen zum tödlichen B6-Unfall bei Bruchhausen-Vilsen erwartet

Hatte der damals 41 Jahre alte Unfallverursacher aus Sulingen den von ihm gesteuerten Sattelzug gezielt in den Gegenverkehr gelenkt, um sich selbst zu töten? Das wird in dem neuen Prozess noch einmal zu prüfen sein.

Der Berufskraftfahrer hatte sich in dem Verdener Prozess darauf berufen, dass ihm Erinnerungen fehlen. Eine Selbsttötungsabsicht wurde aber bestritten. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Verden war es jedoch kein tragischer Unfall, sondern Totschlag. Daran hat die Anklagebehörde auch nach dem am 6. Oktober 2022 verkündeten Urteil der ersten Großen Strafkammer festgehalten.

Diese hatte auf fahrlässige Tötung erkannt und den bei dem Zusammenstoß selbst sehr schwer verletzten Angeklagten zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Mit dem Urteil hatte der Angeklagte seinen Führerschein zurückerhalten.

Gegen das Urteil hatten auch der Sulinger und sein Verteidiger Rechtsmittel eingelegt, doch nur die Revision der Staatsanwaltschaft hatte beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe Erfolg. Aufgehoben wurde das Urteil komplett, „um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen“, heißt es in der Entscheidung des für Verkehrsstrafsachen zuständigen vierten Strafsenats. Demzufolge ist eine komplett neue Beweisaufnahme in dem nächsten Prozess zu erwarten.

BGH kritisiert verschiedene Aspekte der Urteilsfindung des Landgerichts Verden

„Wir können nicht feststellen, ob er sich durch die Tat suizidieren wollte“, hatte der Vorsitzende Richter Volker Stronczyk damals in der mündlichen Urteilsbegründung gesagt. Es spreche mehr dagegen als dafür. Es bestehe genauso die Möglichkeit, „dass es infolge Unaufmerksamkeit oder anderer Umstände zum Unfall gekommen ist“, urteilten die Verdener Richter.

Doch deren Beweiswürdigung „schöpft die rechtsfehlerfrei festgestellten objektiven Umstände nicht aus und ist daher lückenhaft“, kritisiert der für Verkehrsstrafsachen zuständige Senat. Sei es die Erhöhung der Geschwindigkeit vor dem Unfall oder das Lenken ohne Notwendigkeit auf die Gegenfahrbahn. Zu wenig sei auch das Verhalten des Berufskraftfahrers in den Stunden zuvor berücksichtigt worden.

Der Angeklagte sei auf seiner Tour „unkonzentriert, abgelenkt und nicht mehr auf das sichere Führen des Fahrzeugs fokussiert“ gewesen. Er habe sich „gedanklich mit seinem Tod befasst“, „skurrile Textnachrichten“ verschickt, und gegenüber seinem Disponenten soll er gesagt haben, dass er sich verfolgt fühle.

Kunden hatte er im Laufe des Tages nicht mehr angesteuert. Auf seinem vorzeitigen Rückweg soll der Angeklagte in Richtung Nienburg an Sulingen vorbeigefahren sein. Danach war es zum Frontalzusammenstoß mit dem Sattelzug eines niederländischen Unternehmens gekommen.

Wann der neue Prozess beginnen soll, steht laut einer Sprecherin des Verdener Landgerichts noch nicht fest.  wb

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