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Eindrucksvolle Schauspielkunst

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Mit „Mozart und Casanova“ gastierte das Postdamer „Poetenpack“ in Sulingen.
Mit „Mozart und Casanova“ gastierte das Postdamer „Poetenpack“ in Sulingen. © mks

Sulingen - Von Martina Kurth-Schumacher. Das Potsdamer Ensemble „Poetenpack“ begibt sich mit der Zusammenführung zweier Persönlichkeiten der Weltgeschichte auf dünnes Eis.

Ihr tragikomisches Theaterstück „Mozart und Casanova“ fokussiert die Entstehungsgeschichte der Oper „Don Giovanni“.

Mozart, in der Endphase seiner Komposition, ringt mit seinen Figuren, vor allem mit dem Don Giovanni. Sein Librettist Lorenzo da Ponte hat ihn im Stich gelassen. Das Chormädchen Caterina hofft auf eine tragende Rolle in der Oper und führt Mozart mit ihrer Zufallsbekanntschaft zusammen. Der elegante Unbekannte, der seine Mithilfe anbietet, ist niemand anderes als Giacomo Casanova. Mozart, selbst ein passionierter Frauenverführer, bittet diesen um „Anschauungsunterricht“ – als Inspiration für seinen Don Giovanni.

Mozart nennt die Liebe eine „wunderbare und ewige Himmelsmacht“, seiner Constanze ist er treu bis in den Tod – mit Ausnahmen. Casanova, ein Frauenheld ohne Moral und Verantwortung, setzt auf seine tausendfach erprobte Eroberungs-Strategie in der individuellen Mischung aus Verehrung und Ablehnung: „Schöne Worte machen, überraschen, verwirren, ranmachen, abwenden, nehmen.“ Auch Mozarts Gespielin Caterina, die hübsche Kleine mit dem „Gassenmädchenjargon“, erliegt prompt dem Charme des Meisters der Verführung.

„Frauen wollen für Schönheit und Geist gepriesen werden – die Schönen für Geist, die Klugen für Schönheit“, sagt Casanova. Letztere seien leichter zu verführen, man werde sie aber nicht wieder los. „Frauen dienen allein dem Vergnügen des Mannes. Ich liebe sie, aber irgendwann langweilen sie mich – das schönste ist die Jagd“, lässt Kerstin Tomiak ihren Protagonisten sagen. Mozart hingegen zieht sich zurück: „Wenn so die Wirklichkeit aussieht, lebe ich lieber in der Musik.“

Unter der Regie von Benjamin Kernen agiert das Ensemble vor einer schlichten aber reizvollen Kulisse (Ausstattung: Janet Kirsten). Das Trio liefert eine Glanzleistung: Ismael Volk in der Rolle des fröhlich-fahrigen und genialen Komponisten, der weder den Frauen noch dem Alkohol abgeneigt ist, Andreas Hueck als charmanter und unwiderstehlicher Schwerenöter Casanova und vor allem Clara Schoeller, die ihren Part der temperamentvollen, naiven Catarina glaubwürdig und wahrhaftig ausfüllt.

Casanova war mit Lorenzo da Ponte befreundet und soll einige Textentwürfe zu Don Giovanni beigesteuert haben. Belege für seine Mitarbeit am Libretto gibt es nicht. Was ist Wahrheit, was ist Dichtung? Letztendlich gerät das zur Nebensache. Das Theaterstück, uraufgeführt in Potsdam an Mozarts 250. Geburtstag (27. Januar 2006), ist eine amüsante Studie der gesellschaftlichen Verhältnisse im 18. Jahrhundert. Und eine kurzweilige Denk-Reise in eine Zeit, in der die Kunst und der Zweck der Verführung die Mittel heiligte.

Das Sulinger Publikum, zahlenmäßig leider überschaubar, spendet am Ende anhaltenden Applaus für ein eigenwilliges Stück und eindrucksvolle Schauspielkunst.

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