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Ukraine-Krieg: Russlands Atomwaffen – Putin allein sitzt nicht am Drücker

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Ein russisches Kriegsschiff nimmt im Jahr 2020 an einer Marineübung mit Teststarts von nuklearfähigen Kinzhal- und Kalibr-Raketen im Schwarzen Meer vor der Küste der Krim teil – beobachtet vom russischen Präsidenten Putin.
Ein russisches Kriegsschiff nimmt im Jahr 2020 an einer Marineübung mit Teststarts von nuklearfähigen Kinzhal- und Kalibr-Raketen im Schwarzen Meer vor der Küste der Krim teil – beobachtet vom russischen Präsidenten Putin. (Archivbild) © Alexei Druzhinin/dpa

Russlands Abschreckungswaffen sind in Alarmbereitschaft. Doch Wladimir Putin kann nicht alleine entscheiden, Atomwaffen im Ukraine-Krieg einzusetzen. Ein Überblick.

Moskau – „Wir werden nicht militärisch eingreifen. Das gilt für die Nato, das wird sie nicht tun, und auch für alle anderen. Das wäre in dieser Situation falsch“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Frage, wie eine deutsche Beteiligung am Ukraine-Krieg aussehen könnte. Seitdem Russlands Präsident Wladimir Putin am Wochenende mit der Ankündigung für Entsetzen sorgte, er habe die Abschreckungswaffen der Atommacht in Alarmbereitschaft versetzen lassen, hat sich die Lage in der Ukraine weiter verschärft. Die Angst vor einem möglichen Atomwaffeneinsatz durch Putin in der Ukraine gilt inzwischen realer als bisher – zumindest scheint es so.

Atomwaffen im Ukraine-Krieg: Erhöhte Alarmbereitschaft Russland bedeutet noch keinen Einsatz von Atombomben

Doch der Einsatz von Nuklearwaffen im Ukraine-Konflikt ist durch die erhöhte Bereitschaft der russischen Einsatzkräfte noch nicht gegeben. Vielmehr bedeutet die erhöhte Alarmbereitschaft, dass zuständige Einheiten vorerst in ihren Kasernen bleiben müssen, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Bis es zu einem tatsächlichen Krieg mit Atomwaffen kommen könnte, müssten zwei weitere Stufen ausgerufen werden. Das bestätigte auch Militärexperte und Politologe Carlo Masala gegenüber dem ZDF: „Russland hat nun die zweite Stufe ausgerufen – wir stehen also nicht vor einem Atomkrieg.“

Während Wladimir Putin im Ukraine-Krieg mit Atomwaffen droht, stellt sich allerdings die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass Russland Atomwaffen einsetzt. Die gute Nachricht: Nach Informationen der US-Geheimdienste kann Putin nicht allein den nuklearen Schlag gegen die Ukraine entscheiden. Ähnlich wie es in den USA geregelt ist, habe Putin wohl nicht einen roten Knopf, um direkt die Atomraketen Russlands zu starten. Vielmehr soll es drei Koffer geben, die Codes für die Atomwaffen beinhalten. Einen Koffer hat Wladimir Putin, einen der Verteidigungsminister Sergei Shoigu und einen der Chef des Generalstabs, Waleri Gerassimow.

Wladimir Putin kann nicht allein über Russlands Atomwaffen entscheiden

Der Militärexperte Thomas Wiegold bestätigte bei ntv ebenfalls, dass Wladimir Putin nicht alleine über die Atomwaffen Russlands verfügen könnte. Seiner Einschätzung nach handele es sich um psychologische Kriegsführung. Der ehemalige NATO-General Egon Ramms erläuterte im ZDF, dass es wohl notwendig ist, die Zustimmung von zwei Koffern zu haben, um Russlands Atomraketen einsetzen zu können. Zudem verwies er darauf, dass Russland in der jüngsten Geschichte bereits vorher die Abschreckungswaffen der Atommacht in erhöhte Alarmbereitschaft versetzen ließ.

Seit Ende des Kalten Krieges gilt auf der Welt die Prämisse, Rüstungsausgaben zurückzuschrauben. Mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat Deutschland angekündigt, künftig die Ausgaben für die Bundeswehr wieder deutlich zu erhöhen. Mit der Drohung, die Abschreckungswaffen Russlands in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen, sind in der Regel Waffensysteme gemeint, die vor einem Angriff auf eine Nation abschrecken sollen. Das Arsenal umfasst dabei nicht nur Atomwaffen, sondern auch konventionelle Sprengköpfe, Marschflugkörper und Kurzstreckenraketen.

Russland verfügt über etwa 5500 Atomwaffen – Putin sprach in Ansprache von Abschreckungswaffen

In seinen Ansprachen vermied es Wladimir Putin bisher, konkret von Atomwaffen zu sprechen. Wie viele Atombomben Russland derweil besitzt, ist unklar. Insgesamt hat Russland im weltweiten Vergleich aber wohl die meisten Atomwaffen. Das schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri geht davon aus, dass es weltweit etwa 13.000 Atomwaffen gibt, 5500 davon in den Händen der USA und 6255 in den Händen Russlands. Weltweit sind insgesamt neun Länder im Besitz von Atomwaffen und gehören damit zu den Atommächten. Mit den Atomwaffen von Frankreich (290 nukleare Sprengköpfe) und dem Vereinigtem Königreich (225 nukleare Sprengköpfe) verfügt die Nato über ein ähnlich großes Arsenal wie Russland.

Laut Sipri sind derzeit etwa 4000 Atomwaffen weltweit einsatzbereit. Davon etwa 1800 in ständiger Höchstalarmbereitschaft. Diese könnten innerhalb von wenigen Minuten ihr Ziel erreichen. Dass der Westen und die Nato die Drohung von Wladimir Putin inmitten des Ukraine-Kriegs ernst nehmen, zeigt unter anderem ein Statement von Eberhard Zorn, Generalinspekteur der Bundeswehr. Zwar seien Putins Aussagen nicht unmittelbar besorgniserregend, allerdings: „Wir nehmen diese Aussage ernst“, sagte Zorn im Heute-Journal des ZDF. Man verfolge die Entwicklungen in Russland. „Ich kann aber noch nirgendwo erkennen, dass in irgendeiner Form tatsächlich Alarmierungsmaßnahmen umgesetzt wurden und wir von einer konkreten Bedrohung in der Praxis ausgehen müssen.“ *kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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