Buhrufe und Pfiffe im AusschussBürger befürchten massive Wohnbebauung in Lohmar-Birk

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Die Visualisierung zeigt den Blick von der Kirche in Lohmar-Birk in Richtung Bürgerhaus.

Diese Variante, unter der bei der Bürgerwerkstatt die meisten grünen Punkte klebten, erhielt nicht die ungeteilte Zustimmung.

Ein Flugblatt, das Hochhäuser neben der Kirche zeigt, schlug hohe Wellen beim Sonderausschuss Birk. Die Bürger erhielten kein Rederecht.

Im Lohmarer Ortsteil Birk gibt es eine Kirche, eine Grundschule, einen Supermarkt und zwei Gasthöfe. Doch das Idyll ist aus Sicht der Interessengemeinschaft „Liebenswertes Birk“ (IG) in Gefahr. Sie befürchtet zu massive Wohnbebauung auf einem städtischen Areal im Ortskern. Ihr Flugblatt, das für den Besuch des zuständigen Sonderausschusses trommelte, sorgte bei der Koalition aus Grünen, SPD und UWG für Unmut. 

Das Flugblatt zeigt zwei Hochhäuser, eines grün, eines rot, neben dem Turm der Pfarrkirche St. Mariä Geburt und drüber eine schwarze Gewitterwolke. „Eine Provokation“, räumt IG-Sprecher Jörg Trauboth ein, der die Zettel im Ort verteilte. „Wir wollten die Leute zur Sitzung kriegen.“ Das gelang, für die etwa 100 Gäste im Bürgerhaus mussten zusätzliche Stühle gestellt werden.  

Die Zeichnung zeigt einen Kirchturm flankiert von Hochhäusern.

Dieses Flugblatt der Interessengemeinschaft Li(e)benswertes Birk schlug hohe Wellen. (Repro)

Zugleich fühlten sich indes große Teile der Kommunalpolitik provoziert. Das Flugblatt transportiere falsche Inhalte, es sei zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen von einer Hochhausbebauung neben der Kirche, so der Ausschussvorsitzende Horst Becker, Vorsitzender der Grünen, die sich mit SPD und UWG in einer Koalition befinden. Uwe Grote von der SPD beantragte, die Sitzung nicht für Bürgerfragen zu öffnen. Es sei kein sachlicher Austausch zu erwarten.

Ideen der Bürger für den Birker Ortskern sollen aufgegriffen werden

Aus der Zuhörerschaft kamen Buhrufe und Pfiffe; der CDU-Vorsitzende  Tim Salgert sprach davon, dass die Bürger „ausgesperrt“ würden. Davon könnte keine Rede sein, die Sitzung sei schließlich öffentlich, sagte Becker. Und sowohl bei der vorangegangenen Zukunftswerkstatt seien die Meinungen der Bürger gefragt gewesen als auch nach der Werkstatt per E-Mail und im weiteren Verfahren.    

Bei der Werkstatt wurden drei Varianten zum Fraß vorgelegt, und aus den schlechten musste man eine wählen
Tim Salgert, Vorsitzender der CDU-Fraktion Lohmar

Bei der Werkstatt seien nur „drei Varianten zum Fraß vorgelegt“ worden, erwiderte Salgert, und aus diesen schlechten sollte eine ausgewählt werden. Darum sei es nicht gegangen, hieß es aus den Reihen der Koalition. Die Ideen der Bürger würden aufgegriffen, das beauftragte Büro „must“ werde in Absprache mit der Verwaltung ein Eckpunktepapier für eine Vorzugsvariante entwickeln, dieses dann in im Ausschuss erneut beraten.

Lohmar: Wohnbebauung in sozial verträglichem Mix wird benötigt

Fest stehe, dass es auf dem heutigen Gelände von Grundschule und Feuerwehr nach Fertigstellung der Neubauten und Abriss der Altbauten eine maximal viergeschossige Bebauung geben werde, an der Birker Straße mit Sicherheit niedriger, führte Horst Becker aus. Wie viele Wohneinheiten entstehen, ist unklar. Die Bürger hatten sich in der Ideenwerkstatt für 45 bis 60 ausgesprochen. 90 bis 95 seien zu viel.

Zuschauer verfolgen eine politische Sitzung

Rund 100 Anwohner aus Birk waren zum Sonderausschuss gekommen.

Wohnbebauung in einem sozial verträglichen Mix werde dringend benötigt, betonte Becker, in der gesamten Stadt und so auch in Birk. NRW Urban werde die Vorzugsvariante prüfen, ob diese interessant sei für Investoren.

Dabei geht es nicht nur um die Höhe und Dachgestaltung der Wohnhäuser, sondern auch um mögliche Gewerbeflächen für Einzelhandel und Gastronomie. Ferner um die Nutzung der denkmalgeschützten historischen Schule, um Grünflächen, einen Spielplatz und um die Parksituation – das Gros der Werkstattbesucher hatte sich für Tiefgaragen ausgesprochen.

„Wir haben uns immer für den dörflichen Charakter eingesetzt“, sagte Burkhard Bröhl (Grüne), der hier seinen Wahlkreis hat. Und seine Parteifreundin Christina Kaemmerer aus dem benachbarten Ortsteil Heide versicherte: „Wir haben immer ein offenes Ohr.“

Am Ende stand ein einstimmiger Beschluss: Der Ausschuss beauftragte die Verwaltung, mit dem Büro must zur nächsten Sitzung Eckpunkte für eine Vorzugsvariante zu erarbeiten. 

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