Nordkorea
Der junge Kim zeigt sich dem Volk

Kim Jong Il und sein Sohn und designierter Nachfolger nahmen gigantische Parade ab Nordkorea.

Daniel Kestenholz, Bangkok
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Militärparade in Nordkorea
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 Die Parteibonzen und Generale liessen sich feiern.
 Frauen defilierten in gleichförmigen Massen an Nordkoreas Herrscher vorbei.
 Die Rot-Kreuz-Binde am Arm, mussten auch die Sanitäterinnen im Stechschritt auflaufen.
 Mit Orden und Banner und stechendem Blick: Die Armee-Angehörigen feiern sich selbst.
 Die Frauen stehen ihren Kollegen in nichts nach - ausser, dass sie ihren Gewehren keine Bajonette aufpflanzten.
 Schachbrettartig verschoben sich ganze Regimenter über dem riesigen Platz in Nordkoreas Hauptstadt.
 Dem Führer (r.) gefält es und auch sein Sohnemann Kim Jong-un klatscht artig die Hände.
 Kim Jong-un: Ganz besonders angetan scheint er von der Vorstellung, dass bald ganz Nordkorea ihm zu Füssen liegen wird.
 Lange Rohre als Zeichen der militärischen Potenz: Nicht nur Panzer zogen an Kims Entourage vorbei.
 Mit gezücktem Bajonett und starrem Blick: Stundenlang hielt die Machtdemonstration an.
 Im Stil der alten Sowjetdiktatur protzte Kim Jong Il mit seiner Armee.

Militärparade in Nordkorea

Erstaunliche Live-Bilder aus Pjöngjang gingen gestern um die Welt: Nordkorea hielt anlässlich des 65. Gründungstages der Kommunistischen Partei eine gigantische Militärparade mit 20000 Mann, Panzern, Geschützen und Raketen ab. Das Regime hatte dazu mehrere Dutzend ausländische Journalisten eingeladen – in der klaren Absicht, der Aussenwelt Einheit, Stabilität und Stärke zu demonstrieren. Führer Kim Jong Il nahm die Parade mit Sohn Kim Jong Un an seiner Seite ab. Der designierte Nachfolger des nordkoreanischen Machthabers wirkte in seinem dunklen Anzug so staatsmännisch und streng, als wäre er bereits im Amt.

Selbst abgebrühte Korrespondenten waren beeindruckt. Es gebe wenige Armeen auf der Welt, die den Boden so zum Erzittern bringen könnten wie die Nordkoreaner mit ihrem Stechschritt, meinte ein BBC-Journalist. Auf der Tribüne sassen auch hohe Gäste aus China sowie ausländische Diplomaten. Das Signal des Regimes war unmissverständlich: Hier wurde der Sohn Kim Jong Ils vor den Augen der Welt zum Nachfolger geweiht. Der Parteifunktionär Yang Hyong Sop hatte das zuvor bestätigte: «Unser Volk hatte bereits die Ehre, dem grossen Präsidenten Kim Il Sung und dem grossen Führer Kim Jong Il zu dienen. Jetzt haben wir die Ehre, auch dem jungen General Kim Jong Un zu dienen.»

Die neue Offenheit hat Gründe

Nach der Militärparade folgte eine mehrstündige «Soirée» mit Tänzen und Shows von 100000 Menschen – ebenfalls live im Fernsehen übertragen. So offen hat sich Nordkorea noch selten gezeigt. Nicht einmal die üblichen Aufpasser verfolgten die ausländischen Reporter auf dem Rückweg ins Hotel. Die Reporterin von al-Dschasira, Melissa Chan, berichtete sogar auf Twitter über ihre Eindrücke in Pjöngjang.

Die überraschende Offenheit des Regimes hat gute Gründe: Nordkorea demonstrierte an diesem strahlend blauen Herbstsonntag Selbstbewusstsein. Pjöngjang habe der Aussenwelt zeigen wollen, «dass Nordkorea noch immer eine starke Kraft ist, mit der zu rechnen ist», sagte Paul Haenle, der ehemalige Gesandte von US-Präsident George W. Bush bei den Nukleargesprächen mit Nordkorea.

4-Sterne-General ohne Uniform

Innerhalb von zwei Wochen ist der bisher völlig unbekannte Kim Jong Un gleich mehrmals öffentlich aufgetreten. Bei der Parade stand er zwischen reich dekorierten Generälen. Kim Jong Un selber trug keine Uniform, obwohl er eben erst zum 4-Sterne-General befördert worden war, sondern einen ähnlichen dunklen Anzug wie einst sein Grossvater, der «Grosse Führer» Kim Il Sung. Laut Beobachtern soll damit vermieden werden, dass sich die altgedienten Generäle brüskiert fühlen, drängt doch da einer auf der Überholspur an die Spitze, ohne sich die militärischen Sporen abverdient zu haben.