Arlene Foster ist Chefin der ultra-konservativen und England-treuen nordirischen DUP. Der Hilferuf Theresa Mays kommt ihr gerade sehr gelegen
Im März stand Arlene Foster vor dem Aus. Ihre protestantische Unionistenpartei DUP hatte bei der vorgezogenen Wahl zum Belfaster Regionalparlament Federn lassen müssen, erstmals fiel den Britannien-treuen konservativen Nordiren kein Vetorecht mehr zu gegen Vorschläge von irischen Nationalisten und überkonfessionellen Parteien.
Ein schwerer Finanzskandal, der in die persönliche Zuständigkeit der 46-Jährigen fällt, verhinderte die notwendige Einigung auf die verfassungsmässig vorgeschriebene Grosse Koalition mit der grössten Nationalistenpartei Sinn Féin (SF). Für diesen Montag waren Gespräche mit dem britischen NordirlandMinister vorgesehen, um die politische Blockade zu überwinden.
Stattdessen kam am Samstag aus London Theresa Mays Abgesandter als Bittsteller: Die Konservativen brauchen die zehn DUP-Abgeordneten im Parlament von Westminster, um die Blockade zu beenden und ein Regierungsprogramm zu verabschieden. Plötzlich steht Foster als Königsmacherin für die schwer angeschlagene Premierministerin da (siehe Text unten). Dabei hatte die DUP-Vorsitzende noch in der Wahlnacht mitgeteilt, May werde sich nach dem Verlust der absoluten Mandatsmehrheit kaum im Amt halten. Wenige Stunden später dann die «Bereitschaft zu Gesprächen» – da hatte Foster mal wieder die erstaunliche Flexibilität ihrer Partei unter Beweis gestellt.
Die Vorsitzende ist dafür das beste Beispiel. Schon als Jurastudentin, und dann als Anwältin, machte die verheiratete Mutter dreier Kinder zunächst in der traditionell starken Unionistenpartei UUP Karriere. Als deren Chef David Trimble für den Ausgleich mit den katholischen Republikanern votierte, ging Foster in die Opposition – zunächst Partei-intern, ab 2004 als Mitglied der radikaleren Unionistentruppe DUP, die der Fundamentalistenprediger Ian Paisley gegründet hatte.
Es war Paisley, der 2007 die erstarkte DUP in die Allparteien-Regierung führte. Foster leitete die Ressorts Umwelt, Wirtschaft und Finanzen, ehe sie Ministerpräsidentin wurde. Den Job kann sie nun nicht ausüben, weil SF nicht zustimmt. Erst, fordern die Republikaner, müsse Fosters Rolle im sogenannten Heiz-Skandal aufgeklärt werden: Ein Förderprogramm für alternative Energien wurde von skrupellosen Bauern ausgenutzt, die Kosten für das ökologische wie ökonomische Desaster dürften bei mindestens einer halben Milliarde Franken liegen.
Bauern gehören ebenso zur DUP-Klientel wie die protestantischen Arbeiter im Osten von Belfast. Katholiken in der Partei gibt es «weniger als die Finger an meiner Hand», scherzt der Liverpooler Politikprofessor Jonathan Tonge, Autor eines Buches über die DUP. Mitglieder beschreiben sich überwiegend als «sehr religiös» und gehen jeden Sonntag in die Kirche, ein Drittel gehört der von Paisley gegründeten Sekte «Freie Presbyterianische Kirche» an, die Homosexualität für Sünde hält und den Kreationismus predigt. Diesem harten DUP-Kern wäre eine Liberalisierung der extrem restriktiven Abtreibungsregelung und die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften, wie sie in Grossbritannien gelten, ein Gräuel.
Allerdings steht auch kaum zu befürchten, dass Foster im Namen ihrer zehn Parlamentarier solche Forderungen erhebt. Vielmehr wird es wieder einmal ums liebe Geld gehen: Der Nordosten der Grünen Insel hängt für 70 Prozent seines Haushaltes am Londoner Tropf. Ein paar Millionen mehr hier und dort würden die Billigung der konservativen Minderheitsregierung erleichtern. Ausserdem will die DUP an den Brexit-Verhandlungen beteiligt werden. Das Thema ist besonders heikel, weil Fosters Partei die einzige war, die den EU-Austritt befürwortete und damit in Nordirland in der Minderheit (44:56 Prozent) war. Vor allem anderen geht es um die Offenhaltung der im Moment vielerorts kaum noch erkennbaren Grenze zur Republik Irland.