Storytelling aus dem Allgäu

Wolf-Dieter Storl ganz im Einklang mit der Natur. Ein Portrait

Wolf-Dieter Storl ist ein wahrer Naturgeist. Der Ethnobotaniker und -mediziner lebt und arbeitet seit über 30 Jahren im Allgäu. Er ist der Inbegriff für nachhaltiges, ökologisches Leben. Er war Vordenker und Idol für die grüne Bewegung, ohne jemals ein „Leader“ sein zu wollen.  Bären, Wölfe, Indianer und tiefe Wälder – in seinem Leben war alles dabei! Und er lebt es weiter, voller Überzeugung.

Wolf-Dieter Storl / Bildquelle: storlmedia

Es ist ein Interview der besonderen Art:

Wolf-Dieter Storl ist 80 Jahre alt

und hat ein wahnsinnig bewegtes Leben. Im Interview erzählt er davon.

Stephanie vom Magazin Allgäu: Dein Leben ist gepflastert mit vielen einschneidenden Erlebnissen. Das erste große Erlebnis hattest Du als kleiner Junge.

Wolf-Dieter Storl: Im Jahr 1947 sind wir aus der sowjetischen Besatzungszone geflohen. Da habe ich das erste Mal meinen Vater gesehen. Er kam aus der Kriegsgefangenschaft in Ägypten zurück. Es waren Hungerzeiten. Ich habe erlebt, wie im Traum ein Brot an mir vorbeischwebte und ich biss zu und die Zähne klackten aufeinander. Und ich habe geweint, ich hatte so einen Hunger.

Familie Storl „fährt“ in elf Tagen nach Amerika

Stephanie vom Magazin Allgäu: Deine Eltern beschlossen nach Amerika auszuwandern…

Wolf-Dieter Storl: Da war ich 11 Jahre alt. Wir fuhren mit einem Auswanderer-Dampfer. Die Überfahrt dauerte 11 Tage. Und damals war auswandern so etwas endgültiges. Da standen die Leute am Kai in Bremerhaven und winkten und weinten.

Skunks im Handstand

Ich bin dort gleich raus in die Natur. Da waren so viele neue Bäume und Tiere. Da gab es diese Skunks, die nicht wegliefen sondern Handstand machten und eine Duftwolke abließen, die man nicht abwaschen kann. Es dauert drei Wochen bis man wieder geruchsfrei ist. Und Opossums. Und Schlangen. Die anderen Kinder hatten Angst in die Natur zu gehen. So habe ich meinen Rückzugsort gefunden und die Tiere beobachtet.

 

Klassische Botanik ist Wolf-Dieter Storl zu tot

Wolf-Dieter Storl: Ich habe Naturwissenschaften studiert. Ich habe angefangen mit Botanik und dann war mir das zu tot. Es gab keine Empathie mit den Pflanzen. Dann habe ich Geologie studiert. Und zuletzt kam ich zur Anthropologie. Da bin ich so richtig aufgeblüht. Aber kaum einer der Ethnologen hatte ein Gespür oder Gefühl für die Pflanzen. Die seelisch-geistige Dimension war für mich interessant.

Bären sind Heilpflanzenexperten

Stephanie vom Magazin Allgäu: Diese seelisch-geistige Dimension hast Du von einem Indianer gelernt, weil Du mit dem immer wieder gewandert bist. Und eines Tages hattest Du ein Wahnsinns-Erlebnis: Du bist ganz nah auf Bären getroffen…

Wolf-Dieter Storl: Das ist mir in den Rocky Mountains passiert. In der Wildnis in Montana kam ich über einen Hügel und auf der anderen Seite kam eine Bärenmutter mit zwei fast erwachsenen Jungen ganz nah an mich heran. Die richteten sich auf. Ich habe da nur weißes Licht gesehen, war da eigentlich in Trance. Wie lange weiß ich nicht. Und dann hörte ich so ein Knurren. Und die Bärin lief an mir vorbei. Ich war für sie keine Bedrohung. Ich hätte sie berühren können. Das sind mächtige Erlebnisse. Die berühren die Seele und die prägen die Seele.

Die Indianer sagen, Bären sind die besten Kenner der Heilpflanzen und der Heilwurzeln. Und wer ein Bärenerlebnis hat oder Bären-Träume, der wird pflanzenkundig.

Karin Konrad von Isny Marketing vor einem Bildzeichen von Otl Aicher

Wolf-Dieter Storl im Wald / Bildquelle: storlmedia

Verfilzte Haare sind IN, sagte Frau Storl

Stephanie vom Magazin Allgäu: Ich möchte Dir ja nicht zu nahe treten. Aber so lange, verfilzte Haare sind etwas ungewöhnlich für 80jährige Männer…

Wolf-Dieter Storl: Als ich vor 33 Jahren in Indien war, war ich sehr krank. Ich hatte eine ganz schwere Leberentzündung und schwebte zwischen Leben und Tod. Und da hatte ich mir geschworen: Ich schneide nie wieder meine Haare und meinen Bart. Das ist so eine indische Idee. Das machen auch indische Sadus. Und dann habe ich ein Buch geschrieben und war so fasziniert von dem Thema, dass ich vergesen hatte meiner Haare zu strählen, also zu kämmen. Und da sagte meine Frau: Dann lass die doch so. Das ist doch modern, so Rasta-Haare.

Viele Leute glauben, dass ich die nie wasche. Das habe ich früher auch geglaubt, dass sich so Leute nicht die Haare waschen. Aber doch. Die sind sauber, sonst bekommt man ja die Krätze.

Das Gute im Menschen stärken

Stephanie vom Magazin Allgäu: Ich möchte jetzt noch ein Thema ansprechen, das vielleicht etwas unangenehm ist: Bei meiner Recherche im Internet bin ich darauf gestoßen, dass dir vorgeworfen wird, dass Du eine Nähe zu Verschwörungstheortikern hättest…

Wolf-Dieter Storl: Das ist eine Verleundung. Normalerweise hätte ich die vor Gericht gebracht. Ich weiß nicht, wie die auf diese Gedanken gekommen sind. Aber ich will nicht meine Energie damit verplempern, dass ich dagegen ankämpfe. Denn ich habe etwas Wichtiges gelernt.

Ich war ein paar Jahre in einem biodynamischen Garten in der Schweiz als Gärtner. Als ich da ankam, da habe ich meinen Pfeifentabak zu einer Giftbrühe gekocht und habe sie dann auf die Blattläuse gesprüht. Und da kam der Gärtner und sagte; Was machst Du denn da? Ich sagte: Hier sind die Blattläuse, die vermehren sich Pathologen und die können im Nu die Pflanzen befallen und wenn wir sie nicht stopen, werden sie alles überrennen.

Da sagte der Gärtner: Nein, nein, nein. Nicht auf diese amerikanische Art und Weise, sondern erstmal überlegen. Dann sagte er: Wir machen nichts außer eine Brennesselbrühe zu gießen auf den Boden. Und das war für mich eine große Lektion. Denn nach zwei Tagen waren die Läuse weg. Und dann sagte der Gärtnermeister: Verschwende nicht deine Energie das vermeintliche Negative zu bekämpfen sondern verwende deine Energie das Gute zu unterstützen. Und danach lebe ich jetzt.

Stephanie vom Magazin Allgäu: Jetzt bist Du 80 Jahr und hattest wirklich viele intensive Erlebnisse. Gab es auch etwas, das du wirklich bereust. Wo du denkst: Das hätte ich besser anders gemacht?

Wolf-Dieter Storl: Ja, man macht Fehler, weil man nicht alles weiß. Aber das Leben ist da, um Erfahrungen zu machen und auch Irrwege gehören mit dazu. Denn Irrwege sind Erfahrungen.

Stephanie vom Magazin Allgäu: Vielen Dank Wolf-Dieter Storl und alles Gute und Gesundheit für Dein weiteres Leben.

Weiterführende Informationen

zur Webseite von Wolf-Dieter Storl

Was Wolf-Dieter über das Herz zu sagen hat. In der heutigen Zeit, wo sitzende Arbeit, die ständige Erreichbarkeit und die Katastrophen der Welt unserer Psyche viel abverlangt, ein empfehlenswerter Beitrag.

Promotion:
Der Text ist in Zusammenarbeit
mit Storl Media entstanden.

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