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VW-Affäre "Viel Bargeld in der Tasche"

Im Prozess um die VW-Affäre hat Ex-VW-Betriebsrat Hans-Jürgen Uhl heute als Zeuge ausgesagt. Auf Reisen habe "es sich so ergeben", dass Prostituierte in Anspruch genommen wurden. Bei den Betriebsratsreisen habe der ehemalige VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer oft "sichtbar viel Bargeld in der Tasche" gehabt, so Uhl weiter.

Braunschweig - Im Prozess um die VW-Affäre vor dem Landgericht Braunschweig hat der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Uhl am Dienstag von Zuwendungen des Unternehmens an Betriebsräte berichtet.

Uhl sagte, in der zweiten Hälfte der 90er Jahre habe er zum ersten Mal von einem "Beiprogramm" bei Betriebsratsreisen erfahren. Es sei vorgekommen, dass er auf Betriebsratsreisen von dem Ex-VW-Manager Klaus-Joachim Gebauer Bargeld erhalten habe, sagte der ehemalige VW-Betriebsrat und spätere Parlamentarier. Es sei zudem "häufig vorgekommen", dass er auf den Reisen von VW bezahlte Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen habe.

Zu der Höhe der erhaltenen Bargeldbeträge konnte Uhl keine Angaben machen. "Ich kann mich an die konkrete Summe nicht erinnern", sagte er. Bei den Betriebsratsreisen habe der für Organisation und Spesen zuständige Gebauer oft "sichtbar viel Bargeld in der Tasche" gehabt. Er selbst habe das von Gebauer erhaltene Bargeld "in dem einen oder anderen Fall auch für dienstliche Zwecke" wie Bewirtungskosten verwendet.

Die von VW bezahlten Kontakte zu Prostituierten hätten sich "so ergeben", meinte der 56-jährige Zeuge. "Es ist wohl so gewesen, dass Herr Gebauer gesagt hat, kommst du mal mit", sagte er. Und das sei dann öfter so gewesen. An den Vergnügungen auf Firmenkosten hätten auch weitere Betriebsratsvertreter teilgenommen. Uhl verurteilte im Nachhinein die Vergnügungen auf Firmenkosten. "Dass es nicht richtig war, das weiß ich ja inzwischen", sagte er.

Zur Bedeutung des Betriebsrats bei VW sagte Uhl, dieser sei mit dem Vorstand "auf gleicher Augenhöhe" gewesen. Der Vorstand habe den Betriebsrat "ernstgenommen". Ein Erfolg des VW-Betriebsrates sei es gewesen, Massenentlassungen zu verhindern.

Uhl war im Juni vom Amtsgericht Wolfsburg wegen Beihilfe zur Untreue und Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen, in denen er Zuwendungen von VW bestritten hatte, zu 39.200 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte gestanden, an Sexpartys auf Firmenkosten teilgenommen zu haben.

Lustwohnung auf Firmenkosten

Lustwohnung auf Firmenkosten

Neben Uhl sollen sagten am sechsten Verhandlungstag drei ehemalige Sekretärinnen Gebauers als Zeugen aus. Eine von Gebauers ehemaligen Sekretärinnen berichtete, sie habe in seinem Auftrag eine Wohnung in Braunschweig angemietet. "Es war uns schon klar, dass die Wohnung von Herrn Hartz und Volkert genutzt werden soll", sagte die Zeugin. Gebauer hätte gesagt, dass die Wohnung für Damenbesuche gedacht sei. Die Wohnung sei komplett renoviert und eingerichtet, nach einem Jahr jedoch aufgegeben worden.

Die Belege über die Renovierung habe sie auf Anweisung von Gebauer vernichtet. Sie und ihre Kolleginnen hätten auch mitbekommen, dass Gebauer bei der Organisation von Reisen auch Hostessen und Clubs ausgesucht habe.

"Wir persönlich fanden es nicht richtig", sagte die Frau. Sich an höherer Stelle, etwa beim Vorstandsvorsitzenden, zu beschweren, sei ihr damals jedoch nicht in den Sinn gekommen. Ihrer Meinung nach war alles vom Vorstand abgesegnet. "Ich wäre nicht gern die Frau gewesen, die das Ganze ins Rollen gebracht hat", sagte sie. Zudem habe sie ihren Arbeitsplatz nicht durch eine Beschwerde gefährden wollen.

Volkert und Gebauer gelten als Schlüsselfiguren in der Affäre um Lustreisen und Bonuszahlungen für Betriebsräte des Wolfsburger Autobauers. Die Anklage wirft Volkert Anstiftung zur Untreue in 48 Fällen vor. Er soll von Hartz Sonderzahlungen von knapp zwei Millionen Euro gefordert und erhalten haben.

Volkert soll Hartz angestiftet haben, ihm Sonderboni in Höhe von insgesamt fast zwei Millionen Euro zu zahlen. Hartz hatte bei seiner Vernehmung im Dezember jedoch gesagt, die Sonderboni seien allein seine Idee gewesen. Er hatte damit auch Piëch entlastet.

In dem Prozess ist für Mittwoch Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch als Zeuge geladen. Piëch, der 1993 bis 2002 Chef von Volkswagen  war, ist im Laufe des Verfahrens immer stärker ins Visier der Justiz gerückt. Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollen seine Rolle beleuchten und herausfinden, ob er von den Lustreisen wusste. Eine Mitwisserschaft des Managements könnte das Strafmaß für Volkert und Gebauer verringern.

Gebauer muss sich wegen gemeinschaftlich begangener Untreue in 40 Fällen verantworten. Er soll laut Anklage im Auftrag von Hartz die Lustreisen organisiert und abrechnet haben.

manager-magazin.de mit Material von dpa und ddp