Cathrin Schmiegel (Foto: Maria Feck)

Cathrin Schmiegel

Redakteurin, "Der Spiegel"

Wichtigste Stationen?
* Ausbildung 2015-2017: Deutsche Journalistenschule
* Studium: Bachelor in Politikwissenschaft; Master in Journalismus
* Praktika: Rolling Stone, Süddeutsche Zeitung am Wochenende, Süddeutsche Zeitung München Region Bayern, Der SPIEGEL Gesellschaft
* 2014-2015: Freie Autorin: Süddeutsche Zeitung München Region Bayern
* 2017-2018: Freie Autorin mit Veröffentlichungen in Der SPIEGEL, der Süddeutschen Zeitung am Wochenende, in Die Dame, Dummy Magazin, u.a.
* Derzeit bis Ende September 2018: Redakteurin bei „Der Spiegel“, Ressort Gesellschaft

Auf welche Geschichte sind Sie besonders stolz?
Die Reportage „Frau Millgramm geht stehlen”. Ingrid Millgramm, 84 Jahre alt, hat im Monat weniger als 100 Euro zum Leben. Weil sie Lebensmittel im Wert von 84,65 Euro gestohlen hatte, saß sie Ende 2017 für 55 Tage in einer Doppelzelle. Immer wieder habe ich Millgramm getroffen, eine Frau, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg Reichtum erarbeitete, dann alles verlor, ihren ersten und den zweiten Ehemann, ihr Vermögen. Als ich sie das erste Mal besuchte, ihre Kleider sah, ihr gepflegtes Äußeres, die Antiquitäten in ihrer Wohnung, glaubte ich nicht, dass sie arm sei. Ich hatte Angst, dass ich mich irrte. Dann las ich Gerichtsprotokolle, Rentenbescheide, Rechnungen und Kontoauszüge, sprach mit ihrer Anwältin und merkte, dass ihre Würde das einzige ist, was Millgramm geblieben ist und sie ein Bild von sich erhalten will, das mit der Realität nichts zu tun hat. So schrieb ich die Geschichte dann auch auf.

Was planen Sie als nächstes?
Über manches darf ich gerade nicht sprechen. Ab Oktober werde ich dann weiter große Reportagen schreiben. Ob als freie oder angestellte Journalistin, weiß ich noch nicht.

Wie würden Sie gerne in zehn Jahren arbeiten?
Hoffentlich werde ich weiter an großen Geschichten arbeiten, in einem Team, das über neue Ansätze und Formate gemeinsam nachdenkt und das mutig genug ist, sie auch umzusetzen.

Welcher gute Rat hat Ihnen in Ihrer Laufbahn besonders weitergeholfen?
Takis Würger hat mir vor einer Recherche mal gesagt: „Mach es einfach, fahr hin, schau es dir an. Denk vorher nicht zu viel darüber nach.“

Welche/r Kollege/in hat Ihnen besonders geholfen?
Michael Bitala und Gökalp Babayiğit von der SZ, die mir Mut gemacht haben und mir bei etlichen Bechern Cappuccino die großen und kleinen Fragen unseres Jobs beantwortet haben. Meine Kollegen im Gesellschaftsressort des „Spiegel“: Barbara Supp, Özlem Gezer, Matthias Geyer, Takis Würger, Claas Relotius, Maik Großekathöfer und – genauso wichtig – Barbara Hardinghaus. Sie finden in meinen Artikeln immer wieder die Stellen, die noch besser klingen könnten, kritisieren mich und diskutieren mit mir. Und sie haben mir gezeigt, dass ein guter Artikel immer auch eine gute Leitidee braucht.

Warum tun Sie eigentlich, was Sie tun?
Ich glaube, meine Berufswahl hängt eng mit meiner Mutter zusammen. Sie hat mich in meiner Kindheit mit Geschichten versorgt, von Enid Blyton, Astrid Lindgren und oft von sich selbst. Seitdem war es mein Wunsch zu schreiben. Da sie meinen Bruder und mich alleine großgezogen hat, hat sich mein Blick für meine Artikel geschärft: Ich schreibe gerne über Menschen, die sich trotz Herausforderungen wie Geldnot oder Diskriminierung im Leben behaupten. Die Arbeit meiner Mutter in Seniorenheimen und ihrer Tagesdemenzbetreuung hat außerdem mein Interesse an Themen geweckt, die einem die Schwierigkeiten des Alterns aufzeigen.

 

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