Unsere Durchstarter

Die Mechaniker-Lehre wird immer "elektrischer"

Porsche Klagenfurt und ein Maler Valentin aus Ferlach berichten über die Lage als Lehrlingsausbilder. Tenor von AMS und Wirtschaftskammer Kärnten einhellig: Es fehlt an Lehrlingen.

KLAGENFURT, FERLACH. Ein blauer E-Audi steht in der Werkstatt von Porsche Klagenfurt in der Villacher Straße. Die etwa zwei Quadratmeter große Batterie des Wagens ist ausgebaut – dieser Bereich ist weitläufig abgesperrt. Denn ausschließlich Hochvolt-Techniker dürfen Reparaturen an der Batterie eines E-Fahrzeuges vornehmen. Lehrling Dominik Hubert bekommt vom Hochvolt-Experten Ibrahim Yardim und Lehrlingsausbilder Mario Kernmayr alles Wissenswerte über diese neue Technologie vermittelt. Auch Lehrling Noel Toth horcht gespannt, was ihm seine Ausbilder alles über die Batterie vermitteln. Denn wie es derzeit aussieht, wird sich die E-Mobilität gegenüber anderen Technologien durchsetzen.

Zwei Ausbildungen

"Wir (Anm.: die Porsche Inter Auto Gruppe/PIA) haben an unseren vier Standorten aktuell 61 Lehrlinge in Ausbildung. Elf Kollegen haben in den letzten beiden Monaten die Lehre erfolgreich abgeschlossen", sagt Porsche-Kärnten-Geschäftsführer Markus Nachbar. Bei Porsche Kärnten wird die Ausbildung zum Kfz-Techniker als Doppellehre angeboten. Entweder entscheidet man sich für das Spezialmodul Hochvolt-Antriebe oder zur Systemelektronik. "Wir sehen einen deutlichen Trend Richtung Hochvolt-Techniker", sagt Nachbar. Dass die Lehre auch nach einer abgeschlossenen Ausbildung attraktiver wird, wird auch hier sichtbar. "Immer wieder haben wir Bewerber, die nach der HTL eine Lehre bei uns absolvieren", so Nachbar.

Drei Stufen – ein Prozess

Der Recruitingprozess bei Porsche ist österreichweit derselbe. In einem dreistufigen Prozess können sich Interessierte für eine Lehre beim Autokonzern bewerben. Im ersten Schritt erfolgt eine Onlinebewerbung, dann ein Online-Qualifying-Test, der vom Wunschbetrieb durchgeführt wird und erst im dritten Schritt kommt es zu einer Einladung zu den Schnuppertagen. Heuer beginnt die Bewerbungsphase im Oktober. Da Fachkräfte fehlen, hat auch der Autokonzern eine Lehrlingsoffensive gestartet. "Die besten 15 Lehrlinge pro Lehrjahr sind auch in unserem Best-of-Club, mit dem wir u. a. Reisen in das Werk von Audi, VW und Porsche unternehmen", sagt Nachbar. Beim Lehrlingscollege treffen sich unterschiedliche Lehrlinge aus ganz Österreich zu gemeinsamen Persönlichkeitsentwicklungs-Seminaren, denn nicht nur das technische Wissen, auch Social Skills werden beim Konzern vermittelt. Der Wunsch von der Porsche Inter Auto Gruppe ist es, die Fachkräfte, die ausgebildet werden, auch im Betrieb weiterzubeschäftigen. Nicht nur die klassische Mechanikerlehre wird angeboten. In Klagenfurt stehen auch die Lehrberufe Spengler/Lackierer oder Einzelhandelskaufmann/frau zur Auswahl.

"Zahle über Kollektiv"

Wie sieht es bei den klassischen Lehrberufen wie Maler aus? "Wir hätten ein bis zwei Plätze, haben aber keine Bewerber", sagt Stefan Valentin von Maler Valentin in Ferlach. Aktuell werden ein Einzelhandelskaufmann und eine Malerin als Lehrling ausgebildet. "Natürlich wollen wir, dass nach dem Lehrabschluss unsere Fachkräfte im Betrieb bleiben. Doch bei den Frauen, die eine Maler-Lehre erfolgreich abgeschlossen haben, mussten wir feststellen, dass diese oftmals nach dem Abschluss einen völlig anderen Berufsweg eingeschlagen haben", sagt Valentin. An der Lehrlingsausbildung will der Traditionsbetrieb dennoch festhalten. "Ich will Fachkräfte ausbilden und keine Hilfsarbeiter anstellen", sagt Valentin. Den Spruch "Handwerk hat goldenen Boden" kann das Rosentaler Unternehmen bestätigen: Die Auftragsbücher sind voll. "Wir sind bis Mitte nächsten Jahres ausgebucht", so Valentin.

Neue Zielgruppen

"Es ist u. a. essenziell, verstärkt auch atypische Zielgruppen wie Maturanten von den vielen Vorzügen einer Lehre zu überzeugen bzw. für sie maßgeschneiderte attraktive Ausbildungsangebote zu schnüren. Große Hoffnung setzen wir derzeit daher auf unsere im Herbst 2022, vorerst in den vier Pilotberufen "Applikationsentwicklung-Coding", "Speditionskaufmann", "Mechatronik – Automatisierungstechnik" und "Elektrotechnik – Elektro- und Gebäudetechnik" startende "Duale Akademie", sagt Benno Tosoni, Leiter der Lehrlingsausbildung in der Wirtschaftskammer. Dass es an Lehrlingen fehlt, dessen ist man sich bei der Kammer bewusst. Die Zahlen des AMS machen den Mangel deutlich: Kärntenweit sind 934 Stellen zur sofortigen Besetzung gemeldet. Demgegenüber stehen 502 sofort verfügbare Suchende. Auf eine gemeldete Lehrstelle kommen aktuell also nur 0,54 Bewerber. In Klagenfurt kommen zwar 1,06 Suchende auf eine Lehrstelle, aber auch in diesem Bezirk reicht die Zahl der Suchenden bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage nach Lehranfängern adäquat decken zu können.

Zur Sache
Die Top-3-Lehrberufe in Kärnten und unserem Bezirk

kärntenweit
Männlich
1. Elektrotechnik (665)
2. Metalltechnik (584)
3. Kraftfahrzeugtechnik (527)

weiblich
1. Einzelhandel (558)
2. Bürokaufmann/Bürokauffrau (156)
3. Friseur (Stylist)/Friseurin (Stylistin) 156

Klagenfurt
männlich
1. Kraftfahrzeugtechnik (130)
2. Einzelhandel (85)
3. Elektrotechnik (83)

weiblich
1. Einzelhandel (144)
2. Bürokauffrau (57)
3. Friseurin (Stylistin) (44)

Klagenfurt-Land
männlich
1. Metalltechnik (36)
2. Elektrotechnik (35)
3. Installations- und Gebäudetechnik (23)

weiblich
1. Einzelhandel 27
2. Friseur (Stylist)/Friseurin (Stylistin) 12
3.Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenz 12