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Beraten, nicht reglementieren

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Vorzeigeobjekt in der Jahnstraße: Das ungewöhnliche Flachdach-Haus mit Holzfassade gilt als architektonischer Ausreißer in Holzkirchen. Architekten sind beeindruckt, manche Holzkirchner eher weniger. Foto: al-Archiv
Vorzeigeobjekt in der Jahnstraße: Das ungewöhnliche Flachdach-Haus mit Holzfassade gilt als architektonischer Ausreißer in Holzkirchen. Architekten sind beeindruckt, manche Holzkirchner eher weniger. © al-archiv

Bauen ist Geschmackssache. Flachdach, Holzfassaden, Toskana-Stil – in Holzkirchen stehen auch Häuser, die nicht der oberbayerischen Norm entsprechen. Soll die Gemeinde solche Ausreißer weiter zulassen oder die Zügel anziehen? Darüber entspann sich eine muntere Diskussion im Gemeinderat.

Ein „Aufreger“ steht in der Jahnstraße. Die Familie Beil baute sich ein Flachdach-Domizil moderner Prägung mit großen Glasfronten, klaren Linien und einem Garten auf dem Dach. Der Entwurf des aus Fischbachau stammenden Architekten Benno Bauer, der auch als Kreisheimatpfleger fungiert, gilt unter Architekten als ein Vorzeigeobjekt. Im Ort gehen die Meinungen freilich auseinander. Für Irmi Ammer (SPD) war der Bau der letzte Anstoß, um eine Grundsatzdebatte anzuregen.

„Mir fehlt da schon der Bezug zu Oberbayern“, stellte sie klar. Häuser auch in Holzkirchen sollten mehr lang als breit sein und ein Satteldach tragen. „Ich sehe uns nicht als Vorort von München.“ Ähnliche Sorgen treiben das Ehepaar Gabriele und Christian Niederkrüger um, die dazu sogar einen Antrag in der Bürgerversammlung gestellt hatten. „Man sollte sich seitens der Gemeinde Gedanken machen, wie man das Traditionelle bewahren kann“, sagten sie in der Sitzung.

Der Gemeinderat hörte sich zunächst an, was die Experten sagten. Benno Bauer, Kreisbaumeister Werner Pawlovsky und der Holzkirchner Architekt Christian Boiger standen Rede und Antwort. Pawlovsky räumte ein, dass Gestaltungssatzungen, wie sie über die Hälfte der 17 Landkreis-Gemeinden haben, nicht immer ein scharfes Instrument sind. Bei den Dachformen hört für ihn der Spaß aber auf: „Dächer prägen ein Ortsbild.“ Es gelte bei Bauherren das Bewusstsein zu wecken, dass sie zu einem Ortsbild beitragen.

Mehr Lockerheit wünscht sich Bauer: „Auf vielen Dächern haben wir Photovoltaik-Anlagen, was sind das für Dachlandschaften?“ Eine Gestaltungssatzung schaffe keine Qualität, „die reguliert nur“. Holzkirchen sei so heterogen, dass der Ort einzelne architektonische Ausreißer gut vertrage. So sieht das auch Architekt Boiger. Er plädierte dafür, dass sich die Gemeinde nicht auf einen Geschmack festlegt, sondern sich von Experten beraten lässt und selber die Bauherren berät, um mehr Qualität in Bauten und Planungen zu bringen. Das HEP etwa als prominenter Bau sei leider auch eher mittelmäßig geraten. „Warum nicht mal einen Wettbewerb für ein Baugebiet ausrufen?“, schlug auch Bauer vor.

Einig waren sich die Experten, dass für Dörfer strengere Maßstäbe gelten. „Viele Landwirte hören auf, Gebäude stehen leer. Wir müssen das steuern, es ist fünf vor zwölf“, sagte Martin Taubenberger (FWG). Zumindest für Neubaugebiete wünscht sich Elisabeth Dasch (SPD) auch für Holzkirchen, dass „wir qualitätsmäßig ordnen und nicht alles kunterbunt durcheinanderwürfeln“. Dafür würden Bebauungspläne reichen, sagte Hans Putzer (SPD). „Gute Architektur ist nicht regelbar“, meinte Robert Wiechmann (Grüne). „Lassen wir doch einmal andere Planer ran“, schlug auch Bernd Weinmann (CSU) vor.

Für ein fixes Gestaltungs-Regelwerk fand sich im Gremium keine Mehrheit. Auch Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) stimmte dagegen. Er will stattdessen in der Verwaltung anregen, auf Bauherren beratend einzuwirken. Zudem soll das Rathaus bei heiklen Anträgen verstärkt auswärtige Architekten zu Rate ziehen. Und es sei zu prüfen, ob nicht wieder mehr Anträge, die bisher auf dem Verwaltungsweg beschieden wurden, in den Gemeinderat müssen.

Von Andreas Höger

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