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Grüne sind empört: "Riesen-Sauerei" im Hachinger Stadion

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Aufgewühlt: Die Arbeiten für den neuen Hybridrasen im Sportpark sind schon in vollem Gange. Die Grünen sehen in dem mit Kunstfasern durchmischten Rasen einen Umweltfrevel. foto: brouczek
Aufgewühlt: Die Arbeiten für den neuen Hybridrasen im Sportpark sind schon in vollem Gange. Die Grünen sehen in dem mit Kunstfasern durchmischten Rasen einen Umweltfrevel. foto: brouczek © brouczek

Fußball-Drittligist SpVgg Unterhaching baut aktuell im Stadion auf eigene Kosten einen sogenannten Hybridrasen. Das Vorhaben wurde vom Gemeinderat genehmigt, nachträglich regen sich die Grünen jetzt aber ungemein auf – sie wittern Umweltfrevel und eine „Riesen-Sauerei“.

Unterhaching – Bagger pflügen seit Tagen durchs Fußballstadion, hinter der Tribüne liegen tonnenweise Kunststoff-Fasern aus Polypropylen – sie werden von der Fachfirma EuroSportsTurf GmbH aus Neu-Ulm verarbeitet. Denn genau das steckt hinter dem Begriff „Hybridrasen“: ein Mix aus Naturgras und eben Kunststoff.

Mitte April hatte der Unterhachinger Gemeinderat das Projekt in nichtöffentlicher Sitzung genehmigt. Allerdings war, so ist aus Kreisen der Kommunalpolitiker zu vernehmen, nur von „Sanierung“ die Rede und dass die SpVgg die Maßnahme im Stadion und auf dem Haupttrainingsplatz selbst bezahlt. Aber Kunstfasern im Boden? „Vielleicht hat das der Herr Bürgermeister in einem Nebensatz erwähnt“, empört sich Grünen-Chefin Claudia Köhler auf Nachfrage des Münchner Merkur. „Letztlich wurde uns das Projekt unter Verniedlichung der Fakten untergejubelt. Wäre uns das ganze Ausmaß vorher bewusst gewesen, hätten wir diese Riesen-Sauerei niemals genehmigt.“

Als Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) einen Monat später im Gemeinderat das Projekt öffentlich in aller Kürze bekannt gab („Die SpVgg darf Stadion und Trainingsplatz eins mit einem Hybridrasen ausstatten, die Bauarbeiten haben schon begonnen“), war der Ärger bei den Grünen gewaltig. Sie bezweifeln, dass die mit den Rasenwurzeln verwobene Kunststoffschicht recyclingfähig ist: „Ist das Sondermüll, der teuer deponiert werden muss? Wer übernähme die Kosten einer Entsorgung? Braucht es dieses in unseren Augen unökologische Verfahren überhaupt bei der SpVgg?“

Rathaus-Sprecher Simon Hötzl wundert sich über die Aufregung. „Jetzt, da der Rasen gerade erst verlegt wird, schon von Entsorgung zu sprechen, halte ich für etwas weit voraus gegriffen.“ Im Gespräch mit dem Münchner Merkur versichert SpVgg-Vizepräsident Peter Wagstyl, der von Vereinsseite her die Rasensanierung verantwortet: „Der Kunststoffanteil beträgt insgesamt drei Prozent, rund 1500 Tonnen – die Faser würden vorher getrennt und können problemlos entsorgt werden. Der Wirbel ist unangebracht, Polemik hilft niemandem weiter. Denn ansonsten müssten die Grünen auch jede Tartanbahn und jeden reinen Kunstrasenplatz verbieten.“

Wagstyl erklärt im Detail, worum es geht. „Die herkömmliche Rollrasentechnik hat das Problem, dass große Flecken herausreißen, wenn Spieler grätschen.“ In Unterhaching, wo der bisherige Rasen zwölf Jahre lang bespielt wurde, sei dadurch „eine Mikrokraterlandschaft entstanden, unter der Ball- und Spieltechnik leiden“. Mit einem Hybridrasen soll das anders und besser werden.

Die hier engagierte Firma EuroSportsTurf GmbH bietet vier unterschiedliche Techniken an, in Unterhaching kommt die Variante „FS Pro“ zum Einsatz. „In die Rasentragschicht werden bis 18 Zentimeter Tiefe hauchfeine Fäden aus Kunststoff eingemischt. Durch modernste Technologie verzahnen sich die natürlichen Wurzeln mit den Fasern zu einem stabilen Wurzelgeflecht“, erläutert Wagstyl das Konstrukt. „Dadurch ist der Rasen 30 Prozent mehr belastbar und immer konstant eben.“ Sorgen, die Kunstfasern würden bei der normalen Rasenpflege mit dem Schnittgut vermischt, seien unbegründet: „Pro Jahr wächst das Substrat, also die Erde im obersten Teil, um einen Zentimeter. Bei der neuen Technologie müssen alle zwei Jahre die obersten zwei Zentimeter weggefräst werden – das ist reine Biogartenerde, weil die Fasern sich weiter unten befinden.“

Aufgrund der extremen Langlebigkeit sei der Hybdridrasen durchaus ökologisch, findet Wagstyl. Der Hersteller sagt über die Technologie: „Die Verstärkung von Rasentragschichten mit Fasern ist das mit Abstand bekannteste und am weitesten verbreitete Rasensystem weltweit. Er ist seit mehr als 20 Jahren im Einsatz.“ Einen Rasen wie demnächst in Unterhaching gibt es unter anderem schon in den Stadien von Hamburger SV und 1. FC Heidenheim, ähnliche Rasen-Varianten der EuroSportsTurf GmbH sind auf dem Trainingsgelände von 1860 München, Real Madrid und Chelsea London sowie im Lushniki Stadion von Moskau verbaut, wo das WM-Finale 2018 stattfindet.

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