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Indien: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

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Taj Mahal in Indien
Taj Mahal in Indien © Anton Aleksenko / IMAGO

Indien ist ein Staat voller Gegensätze, in dem zahlreiche Kulturen, Völker und Sprachen miteinander auskommen und der im 21. Jahrhundert vor bedeutenden Herausforderungen steht.

Neu-Delhi – Indien erstreckt sich von den Gipfeln des Himalaja im Norden bis zu den tropischen Palmenstränden von Kerala im Süden über einen Subkontinent voller landschaftlicher und kultureller Gegensätze. Seit einigen Jahren zählt Indien zu den aufstrebenden Wirtschaftsmächten der Welt, doch dem modernen Staat stehen uralte Traditionen und die damit verbundenen Probleme gegenüber. Neu-Delhi ist die Hauptstadt.

Indien: Die frühe Geschichte

Der indische Subkontinent war bereits während der Altsteinzeit besiedelt. Vermutlich ab dem 6. Jahrtausend v. Chr. wurden die ersten Menschen im Tal des Ganges sesshaft und widmeten sich der frühen Landwirtschaft. Als erste städtische Zivilisation gilt die Indus- oder Harappa-Kultur, die im 3. bis 2. Jahrtausend v. Chr. am Indus entstand.

Als besonders bedeutsam gilt die folgende vedische Zeit, in der die hinduistische Götterwelt und das Kastenwesen entstanden. Vermutlich 563 v. Chr. wurde Siddhartha Gautama in Lumbini (im heutigen Nepal) geboren und begründete den Buddhismus in Indien. Dieser wurde von König Ashoka, dem Gründer des ersten indischen Großreiches im 2. Jahrhundert v. Chr., zur Staatsreligion erhoben.

Der Siegeszug des Islam

In den folgenden Jahrhunderten wurden die verschiedenen Landesteile des Subkontinentes von buddhistischen und hinduistischen Dynastien regiert. Nachdem zahlreiche frühere Angriffe zurückgeschlagen werden konnten, begann im späten 12. Jahrhundert die Eroberung Indiens durch muslimische Herrscher, die Sultanate errichteten.

Berühmt ist die Epoche der Großmoguln, die 1526 begann und sich von Nordindien über immer weitere Teile des Subkontinentes erstreckte. Unter den Mogulkaisern entstanden einzigartige Bauwerke wie das Rote Fort und das Grabmal des Humayun in Delhi sowie der prachtvolle Taj Mahal in Agra.

Indien: Kolonialzeit des Staates

Der erste Europäer, der indischen Boden betrat, war der Entdecker Vasco da Gama aus Portugal Ende des 15. Jahrhunderts. Ihm folgten schon bald andere europäische Mächte, die Handelsposten entlang der Küste errichteten. Darunter die Briten mit ihrer East India Company, die ihre Konkurrenten nach und nach verdrängten und die einheimischen Fürsten schwächten. Mit dem Sieg gegen den Nawab von Bengalen in der Schlacht von Plassey 1757 begann die offizielle Kolonialgeschichte Indiens als Subjekt der East India Company.

1857 kam es zum Aufstand gegen die Engländer, der erst nach sechs Monaten niedergeschlagen wurde. Indien wurde als Kolonie direkt der englischen Krone unterstellt und Queen Victoria ließ sich zur Kaiserin von Indien krönen. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahmen die Bestrebungen nach einem unabhängigen Staat wieder an Fahrt auf. Der Anwalt Mahatma Gandhi predigte den gewaltlosen Widerstand gegen die Engländer.

Indien als unabhängiger Staat

1947 sollte der Wunsch in Erfüllung gehen. England entließ Indien in die Unabhängigkeit. Zu diesem Zeitpunkt war der Subkontinent jedoch von internen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Hindus zerrissen. Der Indian Independence Act von 1947 sah daher die Zweiteilung der Kolonie in einen hinduistischen Staat (Indien) und einen muslimischen Staat (West- und Ostpakistan, heute Pakistan und Bangladesch) vor. Die willkürlichen Grenzziehungen führten dazu, dass rund 14,5 Millionen Menschen umsiedelten und ihre Heimat verloren. Hunderttausende wurden bei Auseinandersetzungen getötet.

Indien rief am 26. November 1949 formal die Republik aus, verblieb allerdings im Commonwealth. Die folgenden Jahrzehnte waren von inneren und außerpolitischen Konflikten geprägt, darunter drei Kriegen mit dem Nachbarn Pakistan. Bis heute erheben beide Länder Anspruch auf die Region Kaschmir im Himalaja – eine Lösung ist nicht in Sicht.

In Indien selbst kam es zu Konflikten mit der religiösen Minderheit der Sikhs, die 1982 einen unabhängigen Staat ausriefen. Premierministerin Indira Gandhi ließ daraufhin den Goldenen Tempel, das wichtigste Heiligtum der Sikhs, in Amritsar stürmen und wurde kurz darauf von ihren Sikh-Leibwachen ermordet. Ihr Sohn Rajiv Gandhi trat ihre Nachfolge an.

Indien: Politik heute

Auch im neuen Jahrtausend bleibt der indische Staat von inneren Konflikten geprägt. Unter Manmohan Singh, dem ersten Sikh-Premierminister von Indien, setzte ab 2004 ein Wirtschaftswachstum ein, das vielen Indern zum Wohlstand verhalf. Dennoch fehlte es an Investitionen in eine moderne Infrastruktur, Bildung und den Kampf gegen die Korruption. Immer wieder kam es zu Terroranschlägen der muslimischen Minderheit, unter anderem auf Züge, Hotels und Märkte.

Obwohl 1950 ein umfassendes Frauenwahlrecht eingeführt wurde, gelten Frauen in Indien nach wie vor als stark benachteiligt. Mädchen werden bereits im Mutterleib als unerwünscht abgetrieben. Einer Studie von 2018 zufolge ist Indien das weltweit gefährlichste Land für Frauen.

Seit 2014 ist der nationalistische Hindu Narendra Modi Premierminister von Indien. Ihm wird vorgeworfen, den säkularen Vielvölkerstaat in einen autokratischen Staat verwandeln zu wollen, der Hindus privilegiert und Muslime benachteiligt.

Indien: Wirtschaft im Aufwind

Seit den ersten Schritten zur Deregulierung im Jahr 1991 ist die Wirtschaft von Indien stark gewachsen. Vor allem in den Bereichen IT und Pharmazie gehört Indien heute zu den führenden Staaten weltweit. Zahllose Firmen in aller Welt haben in den letzten Jahren Software-Programmierung, Callcenter und ähnliche Dienstleistungen nach Indien outgesourct. Bengaluru im Süden des Landes gilt als indisches Silicon Valley.

Weitere wichtige Exportgüter sind Textilien, Schmuck, Chemikalien und landwirtschaftliche Produkte. Ein großes Problem stellt dabei weiterhin die schlechte Infrastruktur im Land dar. Auch der Tourismus spielt eine wichtige Rolle für die indische Wirtschaft. Beliebte Ziele sind Rajasthan im Nordwesten, der Himalaja und die beiden südlichen Bundesstaaten Goa und Kerala mit ihren Stränden. Meistbesuchte Sehenswürdigkeit ist der Taj Mahal in Agra.

Indien: Demografie

Mit rund 1,35 Milliarden Einwohnern ist Indien der zweitbevölkerungsreichste Staat der Welt nach China und wird dieses bis 2024 vermutlich überholen. Zuletzt hat sich das rasante Bevölkerungswachstum jedoch verlangsamt. Die größten Städte Indiens (Stand lt. Volkszählung 2011):

Die nationale Volkszählung in Indien erfasst keine unterschiedlichen Rassen oder ethnischen Gruppen. Im Land werden über 100 verschiedene Sprachen gesprochen. Amtssprachen sind Englisch und Hindi, das wie Marathi, Nepali, Konkani und Sanskrit in der Devanagari-Schrift geschrieben wird. Andere regionale Sprachen nutzen eigene Schriftarten.

Die wichtigsten Religionen des Landes:

Eine Besonderheit des Hinduismus ist das Kastensystem, das die Bevölkerung in vier Hauptkasten (Varnas) unterteilt, die noch einmal in viele Subgruppen unterteilt werden. Die Varnas genießen unterschiedlich hohes Ansehen und heiraten generell nur untereinander:

Darunter stehen die Unberührbaren (Dalit), die zuletzt jedoch nicht mehr ausgegrenzt, sondern bewusst gefördert wurden.

Indien: Geografie

Aufgrund der flächenmäßigen Ausdehnung ist die indische Geografie extrem abwechslungsreich. Der Norden ist vom Himalaja geprägt, dessen Ausläufer in die Deltas von großen Flüssen wie dem Ganges und dem Brahmaputra übergehen. Höchster Berg ist der 8.586 Meter hohe Kangchendzönga an der Grenze zu Nepal.

Im Nordwesten von Indien befindet sich die Wüste Thar mit ihren weitläufigen Sanddünen. Das Landesinnere des Subkontinentes ist vom Hochland von Dekkan geprägt.

Die südlichen Küsten wiederum werden von tropischen Palmenstränden gesäumt. Berühmt sind die Backwaters des südlichsten Bundesstaates Kerala an der Malabarküste. Ein riesiges Netz an Flüssen, Kanälen und Seen durchzieht die intensiv landschaftlich genutzte Region.

Im Nordosten teilt sich Indien das Gangesdelta mit dem Nachbarland Bangladesch. Im weltweit größten Delta treffen die Flüsse Ganges, Brahmaputra und Meghna zusammen und fließen in den Golf von Bengalen. Immer wieder kommt es hier durch Zyklone zu heftigen Überschwemmungen.

Die enorme Artenvielfalt und Biodiversität von Indien ist durch Misswirtschaft und Umweltverschmutzung bedroht. Nationalschutzgebiete machen lediglich 5 Prozent der Gesamtfläche des Landes aus.

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