Medienschau

"Ich war nur eine kleine Ghettoschlampe, die nicht über Kunst reden konnte"

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Artnet braucht frisches Geld, die "FAZ" kann die Nutzung des "Quartier 207" als Bibliothek kaum erwarten und Künstlerin Anna Ehrenstein freut sich über ihre Gastprofessur: Das ist unsere Medienschau am Freitag

Debatte

In der "NZZ" beschäftigt sich Fatina Keilani mit der Zeche Zollern in Dortmund, wo am Samstag Schwarze und People of Color Zutritt zu einer Kolonialismus-Ausstellung haben. "Der Fall illustriert die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn sozial segregiert wird", schreibt Fatina Keilani und vergleicht den Fall mit dem viel diskutierten "Selbstbestimmungsgesetz" und der Frage, "ob etwa Betreiber von Saunen unter den Aspekten Hausrecht und Vertragsfreiheit frei bestimmen können, inwieweit sie Transpersonen einlassen." Und kommt zu dem Schluss: "Bei einer staatlich finanzierten Bildungsinstitution wie dem Museum Zeche Zollern dürfte die Rechtfertigung einer derartigen Ausgrenzung schwierig sein."

Kunstmarkt

Deutschlands einziges börsennotiertes Kunsthandelsunternehmen hat 2022 schlechte Zahlen hingelegt, nach der Online-Hauptversammlung der Artnet AG schaut Stefan Kobel im "Handelsblatt" auf den Zustand des Dienstleisters und die Rolle des Hauptaktionärs Rüdiger K. Weng: "Ohne Weng ist Artnet kaum handlungsfähig. Immerhin scheint man in internen Gesprächen über den Einstieg eines externen Investors mit Weng schon weitergekommen zu sein." Und frisches Geld brauche Artnet jetzt.

Porträt

"Die Zeit" porträtiert Sasha Huber, die mit einer Tackerpistole Kunst über Schwarze Geschichte macht. "Als Huber 2004 zum ersten Mal zur Tackerpistole griff, ging es ihr darum, zurückzuschießen", schreibt Timo Posselt . "In der Serie Shooting Back zielte sie auf die Kolonisatoren von Haiti, der Heimat ihrer Mutter. Zum Beispiel auf Christoph Kolumbus. 'Mit jedem Schuss gedachte ich seiner Opfer', sagt sie. Eine 'radikale dekoloniale Geste' sei das gewesen. Aber eine, mit der sie den Kolonisatoren ein weiteres Denkmal setzte." Nun porträtiert sie Schwarze Helden, Opfer, Vergessene.

Architektur

Die Umnutzung des "Quartier 207" für die Zentral- und Landesbibliothek Berlin, wie sie Kultursenator Joe Chialo (CDU) am Montag ins Gespräch gebracht hat, entflammt in der "FAZ" die Fantasie von Kritiker Nikolaus Bernau: "Die semitransparente, gebogene Glas- und Stahlfassade und der kegelartige Innenhof strahlen einen ­technikbegeisterten Zukunftsoptimismus aus, das Haus scheint geradezu von innen heraus zu leuchten. Hier könnte eine auch in ihrer Architektur maximal öffentliche Bibliothek entstehen." Es gibt nur ein Problem: Der aktuelle Mieter, das Kaufhaus Galeries Lafayette, möchte das Gebäude offensichtlich noch nicht so schnell verlassen. "Hat sich Joe Chialo mit dem Alleingang für eine neue Bibliothek übernommen?", fragt deshalb Elmar Schütze in der "Berliner Zeitung". Kommt jetzt doch ein Neubau auf dem Tempelhofer Feld, wie vom einstigen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit gewünscht?

Ausstellung

Ingeborg Ruthe schreibt in der "Berliner Zeitung" über zweite Schau aus Noa Eshkols Nachlass in der Berliner Galerie Neugerriemschneider: Poetische Textilkunst, genäht "in Holon, südlich von Tel Aviv, zusammen mit ihren Tänzerinnen der Chamber Dance Group zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren. Immer dann, wenn die Männer seit dem Jom-Kippur-Krieg zu den Waffen mussten und Auftritte unmöglich waren. Damals begann Eshkol, aus gefundenen Stoffstücken Textilbilder zu gestalten – aufwendige gegenständliche oder abstrakte Kompositionen, die ihre Tänzerinnen nach ihren Entwürfen zusammennähten."

Lehre

So wie Anna Ehrenstein hat sich eine Kunstprofessorin bestimmt auch noch nicht vorgestellt: Auf Instagram postete die Berliner Künstlerin Strandfotos von sich anlässlich der Unterschrift auf ihrem Vertrag für eine Gastprofessur an der Berliner Universität der Künste. "Als ich 18 war, bewarb ich mich zweimal an der UdK und wurde abgelehnt, weil 'kein künstlerisches Talent erkennbar war'", schrieb Ehrenstein dazu. "Ich war nur eine kleine Ghettoschlampe, die nicht über Kunst reden konnte. Ich habe es dann noch einmal für meinen Master versucht und wurde angenommen, musste aber aufgrund meiner prekären finanziellen Situation feststellen, dass ich nicht genug Privilegien hatte, um diesen Master zu machen, und entschied mich für ein finanziertes Programm an einer anderen Akademie. Im Alter von 30 Jahren werde ich Professorin an derselben Hochschule."