Der bizarre Villen-Streit vom Elbstrand
Es ist eine traumhafte Lage: Aus der Jugendstilvilla am Hang von Övelgönne haben die Bewohner einen direkten Blick auf die Elbe, ein riesiger Garten umgibt das elegante Gebäude. Doch in dieser scheinbaren Idylle ist seit Monaten ein bizarrer Streit entfacht: Der wütende Mieter hat eine Initiative gegen die Pläne der Eigentümerin gegründet, die das Grundstück verkaufen und neu bebauen lassen will. Das sei denkmalschutzrechtlich und städtebaulich nicht vertretbar, argumentiert er. Aber ist das tatsächlich so? Die Eigentümerin und die Baufirma verteidigen die Entwürfe, werfen ihm falsche Aussagen und rein persönliche Motive vor.
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Es ist eine traumhafte Lage: Aus der Jugendstilvilla am Hang von Övelgönne haben die Bewohner einen direkten Blick auf die Elbe, ein riesiger Garten umgibt das elegante Gebäude. Doch in diesem Idyll tobt seit Monaten ein bizarrer Streit: Der wütende Mieter Jürgen Grauschopf hat eine Initiative gegen die Pläne der Eigentümerin gegründet, die das Grundstück verkaufen und neu bebauen lassen will. Das sei denkmalschutzrechtlich und städtebaulich nicht vertretbar, argumentiert er. Aber ist das tatsächlich so? Eigentümerin Gudrun Rehder und die Baufirma verteidigen die Entwürfe, werfen dem Mieter falsche Aussagen und rein persönliche Motive vor.
„Als ich die Pläne gesehen habe, hat mich das Entsetzen gepackt“, sagt Mieter Grauschopf. Er steht auf seinem Balkon im ersten Stock und zeigt auf den großen Vorgarten. Die Entwürfe des Architektenbüros „b99“ und der Baufirma „West Elbe GmbH“ sehen vor, am Rand des insgesamt 2700 Quadratmeter großen Grundstücks an der Straße Övelgönne drei 80 Quadratmeter-Wohnungen und zum Weg hin ein Doppelhaus mit je 200 Quadratmetern zu errichten. Außerdem soll die Villa, in der er seit 40 Jahren lebt, umfassend saniert werden.
Övelgönne: Mieter gründet Initiative gegen Baupläne
„Das denkmalgeschützte Ensemble aus Jugendstilvilla und dem parkartigen Garten würde nachhaltig zerstört, zwei alte Rotbuchen und drei Kiefern müssten gefällt werden!“, sagt er aufgebracht. Da die Villa saniert wird, bekam er die Aufforderung, seine Wohnung zum 1. Oktober 2024 zu räumen. „Das ist kein Problem, ich ziehe auch woanders hin“, betont er gegenüber der MOPO. „Mir geht es nicht um mein persönliches Schicksal, sondern darum, was hier entsteht. Ich halte das für unverantwortlich.“ Mit Nachbarn hat er deswegen im Oktober eine Bürgerinitiative gegründet, verteilt seitdem Flyer und sammelt Unterschriften gegen das Vorhaben.
Ein Stockwerk tiefer wohnt Eigentümerin Gudrun Rehder. Vor ein paar Jahren sei ihr Mann gestorben, der das Haus von seinen Eltern geerbt hatte, erzählt sie. „Die Energiekosten sind immens und ich kann mich schon lange nicht mehr um alles alleine kümmern. Deswegen möchte ich verkaufen und mir eine gemütliche und vor allem kleinere Wohnung suchen.“
Denkmalschutzamt ist bei den Planungen involviert
An dem Grundstück interessiert ist die Baufirma „West Elbe GmbH“, die hauptsächlich Wohnungen in den Elbvororten baut. Zusammen mit dem Architekturbüro „b99“ entstanden die Pläne für die zwei neuen Gebäude. „Erst einmal muss ich betonen, dass weder die Villa noch der Garten unter Denkmalschutz stehen“, so Geschäftsführer Jörg Wilken. Das bestätigt auch Sprecherin Claudia Preiksch vom Denkmalschutzamt. „Für Bauvorhaben auf dem Grundstück ist aber der gesetzliche Umgebungsschutz zu beachten, da das Gebäude sich inmitten eines größeren Denkmalensembles befindet“, sagt sie auf MOPO-Nachfrage.
Darauf sei auch geachtet worden, betont Architektin Nicole Hinse von „b99“, während sie die Pläne auf dem Tisch ausbreitet. „Wir hätten deutlich höher bauen können – haben wir aber nicht, damit die Villa gut zu sehen bleibt.“ Die Büsche am Rand des Gartens müssten für die Bauarbeiten zwar zunächst weg, würden dann aber als Sichtschutz zurückgepflanzt. „Die Aussage zu den Bäumen ist ebenfalls falsch“, ergänzt sie. „Alle Bäume bleiben erhalten – bis auf einen, weil seine Wurzeln bereits sterben.“
Streit um Villa in Övelgönne eskaliert immer weiter
Mit Jürgen Grauschopf hätten sie versucht, sich zu einigen, erzählen Rehder und Wilken. „Wir haben sogar angeboten, ihm eine neue Wohnung zu suchen“, so der Geschäftsführer. „Beim ersten Gespräch schien er davon auch nicht abgeneigt – beim nächsten Treffen legte er dann aber aus unserer Sicht unmögliche Forderungen auf den Tisch. Er wollte eine hohe, sechstellige Entschädigungssumme und eine Wohnung für 1000 Euro warm mit drei Meter hohen Decken.“
Vorläufig gipfelte der Streit im September in mehreren Whatsapp-Nachrichten, die die MOPO einsehen konnte. Darin warf der Mieter der Eigentümerin sehr persönliche Beleidigungen an den Kopf. Grauschopf sprach diese Nachrichten auch beim Gespräch mit der MOPO an – das habe nun einmal gesagt werden müssen, verteidigte er sich.
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An einer gütlichen Lösung ist die Eigentümerin laut eigener Aussage jetzt nicht mehr interessiert, sie hat bereits einen Anwalt mit einer Räumungsklage beauftragt. Grauschopf kämpft jedoch weiter gegen die von ihm so genannte „Zerstörung“. Währenddessen liegt der Bauantrag bereits seit Mai beim zuständigen Bezirksamt Altona – alle Beteiligten sind optimistisch, dass die Behörde grünes Licht geben wird.