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Keine ideologische Engstirnigkeit mehr

Datum: 21.06.2023Quelle: molkerei-industrie

In seinem Geschäftsbericht anlässlich der Generalversammlung der Hohenloher Molkerei ging Geschäftsführer Martin Boschet (Foto: Hohenloher Molkerei) am 21. Juni in Wolpertshausen auch auf die aktuelle Politik ein. Die Verunsicherung in der Bevölkerung in Deutschland sei groß, die Ampel bringe gefühlt – vorsichtig ausgedrückt – wenig zustande. Insbesondere die Grünen-Minister müssten lernen, dass Regierungsverantwortung mehr Herausforderungen bringt als Opposition und ideologische Wunschvorstellungen. Dies treffe auf die Außenpolitik genauso zu wie auf das Wirtschaftsministerium. Deutschland befindet sich in einer Rezession, sagte Boschet, und sei in vielerlei Hinsicht zum Sorgenkind in Europa geworden. Was fehlt ist  eine Wirtschaftspolitik, die der Wirtschaft und den Menschen mit verlässlichen Parametern hilft, bezahlbare Energie, Förderung von Zukunftstechnologien, also eine Politik, die Arbeitsplätze schafft und nicht eine Politik, die die Abwanderung und Verlagerung ganzer Industriezweige oder auch deren Verkauf ins Ausland fördert und die Menschen wie beim Heizungsgesetz extrem verunsichert.

In die Kategorie „Schildbürgerstreich“ dürfe man sicher die geplante Finanzierung von Tierwohlprogrammen in Deutschland einordnen. Noch in dieser Legislaturperiode soll ein entsprechendes Steuergesetz verabschiedet werden. Danach werden die Molkereien verpflichtet, eine Abgabe zu zahlen. Bei Milch spricht man von 2 Cent/kg! Die Parteien gehen davon aus, dass diese Belastung über den Handel an die Verbraucher geleitet wird. Marktexperten bestreiten das jedoch und es wird befürchtet, dass die Molkereien auf den Kosten sitzen bleiben und entsprechend das Milchgeld kürzen müssen. Das alles erinnere sehr an die damalige Einführung des Grünen Punkts und dem damit verbundenen Irrglauben, dass der Verbraucher die Kosten trägt. Bezahlt haben es die Milchbauern.

Wenn die von der Politik, dem deutschen LEH und dem Reden nach auch von Verbrauchern gewünschte Transformation der deutschen Landwirtschaft hin zu mehr Tierwohl durch eine Erzeugerselbstfinanzierung alle Landwirte gemeinsam die Tierwohlbeihilfe für investitionswillige Milcherzeuger bezahlen sollen, dann wird das nicht funktionieren, sagte Boschet. Bei 30 Mrd. kg deutscher Milchproduktion wäre das eine Abgabenbelastung für die Molkereien von 600 Mio. Euro pro Jahr.

„Die Möglichkeit, ihre Höfe und Tiere ins Ausland zu verlagern, haben unsere Landwirte nicht. Vielmehr wird die geplante Reduktion der Nutztierhaltung in Deutschland nicht dazu führen, dass wir in Deutschland weniger Nahrungsmittel benötigen.“

Alle diese Faktoren, noch dazu in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld mit vielen geopolitischen Spannungen erzeuge eine große Unsicherheit in den Märkten, auch im Milchmarkt.

Eingehend auf die Energiekostensituation sagte Boschet, dass die Genossenschaft im Jahr 2022 eine Steigerung der Stromkosten in Höhe von 2,5 Mio. Euro oder 73 % zu verkraften hatte. Mehr Tierwohl, besserer Klimaschutz, gesicherte heimische Lebensmittelversorgung auch in Krisenzeiten, bezahlbar für den Verbraucher auch mit geringem Haushaltseinkommen, werde so niemals erreicht.

Ausblick für das Jahr 2023

Der deutsche Discount liefert sich momentan einen erbitterten Wettbewerb um die Preisführerschaft gegenüber dem Kunden – nach dem Motto „Billig ist gut“, so Boschet. Die Hohenloher Molkerei sei diesem Markt ausgesetzt und zwar in beide Richtungen, schneller und heftiger als man dies von 1970 bis 2020 gekannt hat.

„Was ich von der Politik in diesem Land einfordere ist eine Rückkehr zur Sacharbeit, eine Beendigung der ideologischen Engstirnigkeit. Wir benötigen eine Planungs- und Finanzierungssicherheit gerade für die landwirtschaftlichen Betriebe. Bauern und Verarbeiter, egal ob Milch oder Fleisch, müssen weiter in Deutschland bestehen können und nicht durch Lieferanten aus dem Ausland ersetzt werden. Es geht auch um Arbeitsplätze. Ebenfalls abzulehnen ist die einseitige Förderung und Bevorzugung eines Ernährungsstils, eines biologischen oder veganen Ernährungsstils, durch die Politik. Notwendig ist auch hier eine objektive, auf wissenschaftlichen, medizinischen und ernährungsphysiologischen Erkenntnissen beruhende Herangehensweise zum Wohle und zur Gesunderhaltung der Menschen“, erklärte Boschet abschließend.

 

Titelfoto: Hohenloher Molkerei

Roland Sossna / moproweb

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