Eva Padberg ist behütet auf dem Land aufgewachsen. Doch einmal tat sie etwas Verrücktes: Sie bewarb sich als Bravo Girl des Jahres. Am Ende vieler Castings ist sie nun Topmodel. Anne Klesse traf Eva Padberg, und der erste Eindruck blieb bis zum Ende: Perfekt.

Die Welt ist ungerecht: 90-63-90 auf einen Meter achtzig. Makellose Haut, dickes Haar, graziler Gang. Zu schön, um wahr zu sein? Eben nicht. Das ist Eva Padberg. Sie war als Vorgängerin von Julia Stegner das Gesicht der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin, es gab Modestrecken mit ihr in der deutschen "Vogue", in "Harper's Bazaar", "Elle" und "FHM".

Sie warb für Karstadt-Klamotten und für den Quelle-Katalog, moderierte die Bambi-Verleihung in der ARD und saß in der Jury von "Star Search" auf Sat.1. Eva Padberg ist vielseitig einsetzbar und verliert dabei offenbar nicht an Attraktivität: 2005 wählten die Leser der "FHM" sie zur Sexiest Women in the World. Heute also ein Spaziergang mit einer Frau, von der Männer träumen und Frauen sich wünschen, wie sie zu sein - oder zumindest so auszusehen. Es geht, vergleichsweise schnöde, in den Volkspark Friedrichshain.

Fotograf Martin ist schon vor dem Treffen ganz aus dem Häuschen (aus rein professionellen Gründen, versteht sich). Eine wirklich Nette sei das ja, die Eva, so unkompliziert und so fotogen. Als Eva Padberg dann pünktlich am Treffpunkt erscheint, redet er aufgeregt drauflos. Vermutlich ist sie es gewohnt, dass die Männer ihr zu Füßen liegen, vielleicht findet sie es auch einfach charmant, jedenfalls hört sie aufmerksam zu, nickt, lächelt. Ja, doch, natürlich könne sie sich an ihn erinnern.

Eva - wir nennen uns alle beim Vornamen - macht es einem leicht, sie zu mögen. Kein Zickengehabe, keine Sonderwünsche wie manch anderer Promi à la "bitte keine Fragen zu diesem und jenem". Sie drückt einen Anrufer auf ihrem Mobiltelefon weg ("ruf ich nachher zurück"), und los geht's.

"Mir war schon klar: Da irgendwo ist der Westen"

Geboren wurde Eva Padberg im Januar 1980 im thüringischen Bad Frankenhausen, im Nachbardorf Rottleben verbrachte sie mit ihren Eltern und zwei Schwestern (eine acht Jahre älter, eine sieben Jahre jünger) ihre Kindheit und Jugend. "Dadurch, dass wir altersmäßig so weit auseinander waren, haben wir nicht so viel miteinander gespielt", erinnert sie sich. Dafür hatte sie Haustiere, es gab Hühner und Kaninchen, für die die Kinder mitsorgen mussten. "Das war idyllisch, ein Dorf, ein Riesengarten, und unsere Oma hat mit bei uns gewohnt."

Ab und zu wurde eines der Kaninchen geschlachtet. Im Osten war das eben so, sagt sie, auf dem Dorf lebte man mit und von den Tieren. Wenn die Cousins und Cousinen aus dem Westen zu Besuch waren, habe man denen lieber verschwiegen, dass da das niedliche Karnickel auf dem Teller liegt, was man am Vortag noch gestreichelt hatte. "Die hatten einen ganz anderen Bezug zu Tieren, das war immer sehr lustig für uns", sagt Eva. Ein weiterer Unterschied zum Leben im Westen machte sich an Konsumgütern fest: "Die ganzen tollen Sachen, die die anderen so besaßen, die Barbies und die vielen leckeren Süßigkeiten - dass ich das alles nicht haben konnte, das hat mich gewurmt." Ansonsten spielte die DDR aber in ihrer Wahrnehmung kaum eine Rolle. Bespitzelungen, Verfolgung, Unterdrückung - all das war im behüteten Leben der Padbergs kein Thema. "Mir war schon klar: Da irgendwo ist der Westen", sie macht eine Handbewegung in die Ferne, tippt sich dann an die Brust: "Und wir hier sind halt Osten. Und ich kann da nicht rüber, ich darf nicht." Als Kind habe sie das "Warum" nicht nachvollziehen können. Und sei auch ein bisschen traurig gewesen, denn es konnten immer nur die anderen zu Besuch kommen.

Keine Saufgeschichten, keine Skandale

Aus dem wenigen, was sie hatten und durften, machte die Familie das Beste. "Mit dem gut zu leben, was man hat, manchmal auch erfinderisch sein zu müssen, mit dieser Einstellung bin ich aufgewachsen." Und damit, dass Familie wichtig ist. Mutter, eine Zahntechnikerin, Vater, Diplom-Ingenieur, und die drei Töchter hielten zusammen. "Wir hatten nie groß Stress oder Streit - also klar, das Übliche halt, wenn man als Teenager so durchdreht", erzählt Eva lachend.

Dass dieses perfekte Wesen mal "durchgedreht" haben soll, kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Über Eva Padberg gibt es keine bösen Dinge zu lesen. Keine Saufgeschichten, keine Betrügereien, überhaupt keine Skandale. Das Verrückteste, was Teenager Eva mal gemacht hat, war vielleicht die Bewerbung bei der ",Bravo' Girl!"-Wahl. 1995 war das, Eva gerade 15 Jahre alt und großer Take-That-Fan. "Hysterisch" nennt sie ihre Schwärmerei für Bandmitglied Jason heute, "das ganze Zimmer mit Postern tapeziert und so". Mit einer Cousine hatte sie zu Hause in Rottleben kleine Fotosessions veranstaltet. Ein Bettlaken als Hintergrund, eine Schreibtischlampe und Schminke von der Mutter reichten den Mädchen, um sich wie richtige Models zu fühlen. Sie posierten wie die Frauen in den Modezeitschriften und schickten die Fotos an die ",Bravo' Girl!"-Redaktion.

"Monate später kam da so 'n Brief an", erinnert sich Eva. Sie saßen gerade beim Abendbrot. Der Vater hatte die Post reingeholt, die Mutter machte die Briefe auf, wie immer. Hervor kam ein Heftchen von der Deutschen Bahn mit der Aufschrift "Gute Reise", darin lag ein Zugticket. Die Mutter rief durch das ganze Haus: "Eva, du hast was gewonnen! Eine Reise!" Es war die Einladung nach Berlin, zum Casting für die "Girl- und Boy-Wahl" der Jugendzeitschrift. Mit der Mutter und einem Freund ihrer Eltern fuhr Eva Padberg kurze Zeit später zum ersten Mal in die Hauptstadt, zum ersten Mal in den Westen. "Und dann war das halt so ein richtiges Fotoshooting, im richtigen Studio, mit Fotograf und Make-up und ... waaah", Eva reißt die Augen auf. Das Ganze muss damals sehr beeindruckend gewesen sein. Der erste Einblick in die bunte Glitzerwelt der Models.

Das erste Mal in Paris bekam sie Ausschlag

Im Studio warteten noch etliche andere Mädchen auf ihren Auftritt. Eva kam als Letzte dran. Die Fotos von damals hat Eva heute leider nicht dabei. Man muss wissen: 1995 war modisch gesehen ein scheußliches Jahr. Vielleicht hält sie die Bilder deshalb lieber unter Verschluss. Manche Jugendlichen trugen damals Grunge-Look, bei anderen war der Future-Techno-Style angesagt. Mit bauchfrei und Neonfarben. In solchen Klamotten wurden die ",Bravo' Girl!"-Anwärterinnen fotografiert. Nachts ging es dann zurück nach Rottleben, Eva unter dicken Make-up-Schichten stolz wie Bolle und ziemlich aufgedreht.

Sie schaffte es unter die ersten zehn, den Titel des ",Bravo' Girls!" 1995 bekam eine andere. Dass dies trotzdem der Beginn einer erfolgreichen Modelkarriere sein würde, dachte damals wohl kaum jemand. Eva Padberg war zwar bald bei einer Münchner Modelagentur unter Vertrag, machte aber erst mal brav ihr Abitur. In den Schulferien wurde sie für kleine Jobs gebucht. Einmal ging es für ein Shooting nach Paris. "Da hab ich direkt 'nen Ausschlag im Gesicht bekommen", erinnert sich Eva. Vom schlechten Wasser, schätzt sie. Vielleicht war es aber auch die Nervosität, so ganz allein und zum ersten Mal weit weg von Zuhause.

Die Musik will sie ohne Promifaktor vermarkten

Wir schlendern durch den Volkspark Friedrichshain, Kinder spielen auf der Wiese, Spaziergänger mit Hunden kommen uns entgegen. Eva hat auch zwei, einen Jack-Russel-Terrier und einen Mischling, sie dreht hier auch häufig Gassirunden. Ehemann Niklas Worgt und sie wohnen gleich nebenan im Bötzowkiez. Vor wenigen Monaten ist das Paar von Kreuzberg nach Prenzlauer Berg gezogen, in eine ausgebaute ehemalige Garage mit eigenem Tonstudio. Evas Mann ist DJ und Produzent, er hat ein Musiklabel und komponiert Tracks. Eva schreibt dazu die Texte und singt oder spricht dann die "Vocals". Unter dem Namen Dapayk & Padberg machen die beiden elektronische Musik. "Das ist toll, man kann halt einfach auch mal so rumspinnen, einfach abspacken", findet Eva.

Vor einiger Zeit habe ich die beiden mal zufällig auf einem Festival gesehen. Eva Padberg und Niklas Worgt standen nebeneinander auf der Bühne hinter ihren Laptops, er mit Kopfhörer, sie mit Mikro. Wenn man nicht gewusst hätte, dass sie das Model Eva Padberg ist, hätte man es nicht gemerkt. Der Auftritt war eher unspektakulär, ohne großartige Showelemente, musikalisch aber nicht schlecht. Sie möchte sich da nicht in den Vordergrund drängen, sagt Eva. "Es geht um die Musik, wir wollen das nicht über den Promifaktor verkaufen."

Mit dem zwei Jahre älteren Niklas Worgt ist Eva schon seit Schulzeiten zusammen. Seit 13 Jahren mittlerweile, seit drei Jahren ist das Paar verheiratet. Die erste große Liebe ist es also geblieben, so einfach kann das sein. Seit 2004 leben sie in Berlin. Er verbringt viel Zeit im Studio, auf den roten Teppichen sieht man immer nur sie, er bleibt entweder dezent im Hintergrund. Oder er kommt gar nicht erst mit. Die ganze vermeintliche Glitzerwelt ist nicht sein Ding. Sie hingegen ist da hineingewachsen und fühlt sich wohl.

Kein Problem mit nackter Haut

Nach dem Abitur ging Eva Padberg nach New York. Bis dahin hatte sie nicht wirklich Erfolg im Modelbusiness. Das änderte sich, sie bekam Laufstegjobs bei coolen Modeschauen und wurde für eine Kampagne der französischen Unterwäschefirma Eres gebucht. Kurze Zeit später zierte sie die Werbeplakate des Konkurrenten Palmers, die auch hierzulande für große Aufmerksamkeit sorgten. Angeblich gab es wegen der Dessousfotos sogar Autounfälle.

Sich vor der Kamera zu entblößen - damit hatte Eva nie ein Problem. Für den "Playboy" ließ sie sich 2004 oben ohne mit Strapsen und Reitstiefeln im Pferdestall fotografieren, auch bei anderen Produktionen zeigte sie viel Haut. Gerade erst konnten auf dem Wiener Life Ball alle ihre nackte Brust sehen. Sie lacht, die Grübchen an Kinn und Wangen verbreitern sich: "Ich war immer diejenige, die bei Shootings mit vielen anderen Mädchen irgendwann als Einzige in Unterwäsche oder ohne was an dastand." Unser Weg führt jetzt bergauf. Oben auf dem Bunkerberg will Martin Bilder von Eva machen. Dort angekommen, setzt sie sich unter ein dichtes Blätterdach auf einen Mauervorsprung. Kitschig, aber wahr: In dem Licht sieht sie aus wie eine kleine Elfe. Fehlen nur noch die Flügel. Keine Frage: Sie weiß, was ein Fotograf für ein gutes Motiv braucht. Und sie gibt es ihm.

Die Models werden wie Vieh durchgetrieben

Bis hierhin war es ein langer Weg. Nach den Unterwäschejobs folgten unzählige Castings, Vorstellungstermine mit zig anderen Models: rein, Sedcard abgeben, laufen, danke, raus. Oft unwürdige Veranstaltungen. "Natürlich gibt es immer wieder Kunden, die dir nicht gerade das Gefühl vermitteln, sich für dich zu interessieren", sagt Eva. Manche telefonieren währenddessen, blättern gelangweilt das Modelbuch durch. Sie habe das damals Kettenshow genannt, weil die Models wie Vieh durchgetrieben und begutachtet wurden. Man braucht schon ein gesundes Selbstbewusstsein, um das auszuhalten. So glitzernd ist die Welt dann doch nicht, Models sind nur die Trägerfläche für ein Produkt, das verkauft werden soll. "Da muss man sich schon ein dickes Fell anschaffen", sagt Eva.

Der Job hat aber auch viele gute Seiten: Sie hat viele wunderschöne Orte rund um die Welt gesehen, lernte berühmte Fotografen kennen und große Designer. Das Geld, was Eva verdient hat, ist gut angelegt, sagt sie. Mittlerweile, auch weil sie mit 29 Jahren schon fast zu den Alten im Modelbusiness gehört, geht sie nur noch selten zu Castings. Sie konzentriere sich jetzt mehr auf das "Promi-Ding": Partys, Kinopremieren, Wohltätigkeitsveranstaltungen. Angst vor dem Alter hat sie nicht, meistens jedenfalls nicht. Aber, so viel ist sicher, das wird alles ohnehin nicht mehr so wichtig sein. Wenn das Familiending Mittelpunkt wird - Ehemann Niklas und sie wollen unbedingt irgendwann Kinder.