Die Bautzener Band kann die Berliner Columbiahalle mit einem erstaunlich gemischten Publikum füllen. Aber Optimisten oder solche, die es nach einem Silbermond-Konzert sein wollen, gibt es in jeder Altersstufe. Und sie wurden durch die Bank weg gut bedient: Am Dienstagabend gab kein Jammern, sondern pure Lebenslust und Träumerei.

Silbermond sind eine erstaunlich erfolgreiche Band, die jungen Mädchen Kraft und Selbstbestätigung gibt und bei der erwachsene Menschen entweder die Augen verdrehen, oder sich einen Abend lang noch einmal blutjung und sehr dabei fühlen: Bei all dem diffusen Weltschmerz und den trotzigen Rockkrachern, bei einem Lächeln, wenn man nicht aus anständigen Geschmacksfragen gerade eher weinen müsste.

Die Erwachsenen waren am Dienstagabend überraschend zahlreich in die Columbiahalle gepilgert, vielleicht weil Alter heute noch längst nicht das Ende der Sehnsucht nach einem gehauchten Schlager Marke: „Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit/ in einer Welt, in der nichts sicher scheint“ markiert. Und bei Silbermond kann man sicher sein: Die Band legt sich ins Zeug, hier wird nicht rumgejammert, sondern druckvoll geröhrt und in den ruhigen Momenten klicken immer noch die Fotohandys und man darf sich sportlich betätigen, in dem man Arme schwenkt, La-Ola-Wellen durchhält und anschließend verdient seufzen darf.

Dazu hatte man an diesem Abend auch allen Grund: Die Columbiahalle war ein Brutkasten – ein Albtraum für Klaustrophobe und ein Fest für alle, die gerne mal fremde nasse Arme auf der Schulter spüren und sich gemeinsam zu Songs wie „Zeit für Optimisten“ oder dem Eröffnungsstück des Abends, „Alles Gute“, zuprosten und verbrüdern, weil im Schwitzkasten eh alle gleich sind: Kurz vor der Ohnmacht. Doch Sängerin Stefanie Kloß ließ keine Schwächeanfälle zu: Sie stürmte munter über die Bühne, flirtete kumpelhaft mit ihren beachtlich agilen und druckvoll aufspielenden drei Bandjungs und rief: “Berliiiin, wollt ihr mit mir tanzen?“ Berlin wollte.

Das Publikum feierte Silbermond gebührend und verdient, denn die Band bediente an diesem Abend alle Fangruppen: Sie gaben die balladesken Träumer ebenso glaubhaft wie die pogenden Rocker, spielten Singles wie „Symphonie“ oder besagtes „Irgendwas bleibt“ vom aktuellen dritten Album „Nichts passiert“ neben wilderen Ausbrüchen wie „Nicht mein Problem“ oder „Tanz aus der Reihe“.

Es gab das intime Stelldichein mit dem Publikum, als Frontfrau Stefanie gemeinsam mit dem Gitarristen mitten im Publikum unplugged ganz leise wurde – gefolgt von Stagediven, beachtlichen Bass- und Drum-Soli und einem eher amüsanten aber dennoch druckvollen „We Will Rock You“- Instrumentalcover. Es gab die ständige Vergewisserung beim Publikum: „Seid ihr gut drauf?“ und die übliche Berlin-ist-ja-so-toll-Ranschmeiße, die man Silbermond abkauft, weil sie selbst der Mitte ihres Publikums entstammen und über soviel Fanenthusiasmus noch staunen können.

Es war ein ganz und gar freundlicher Abend. Etwas zu feucht und klamm zwar, und etwas zu beliebig, aber dennoch irgendwie tröstlich. Für mehr als zwei hitzige Stunden war Krise nur ein Wort, das mit ein wenig Erbauungslyrik, fleißigem Klatschen und viel Bier ganz leicht abzuschütteln und herunterzuspülen ist. Realistisch und besonders schlau ist das nicht. Aber, ganz ehrlich: Silbern scheint der Mond ja auch eher selten.

Am 29. August spielt Silbermond wieder in Berlin. Dann aber Openair in der Zitadelle Spandau.