Wer unbestellte Ware erhält, kann damit verfahren wie er will – es gibt jedoch einige Ausnahmen, die Empfänger beachten sollten:

Ich hatte eine Warensendung im Briefkasten ohne Empfangsbestätigung, ohne diese bestellt zu haben. Es kam auch schon eine Zahlungserinnerung. Auf meine E-Mail, mit der Bitte um Übersendung der Kopie meiner angeblichen Bestellung, kam keine Antwort. Ich habe bei der Firma sonst schon mehrfach bestellt und bezahlt. In „Häufige Fragen“ der Firmenwebsite steht, dass ich die Sendung zum nächstgelegenen Hermes-Versand bringen und kostenlos zurücksenden soll. Ich will dafür aber weder Fahrtkosten noch Zeitaufwand auf mich nehmen. Müsste die Ware in einem solchen Fall nicht bei mir abgeholt werden?

Eva Bell, Vorstand der Verbraucherzentrale Berlin: Es kommt immer wieder vor, dass Verbraucher ohne eigene Bestellung Waren zugesandt bekommen. Die möglichen in Betracht kommenden Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen könnte es sich dabei schlichtweg um ein Versehen des Versandhauses handeln. Besonders wenn zuvor bereits Geschäfte mit dem Unternehmen getätigt wurden und Kunden- oder Adressdaten im System gespeichert sind.

Denkbar ist aber auch, dass Waren ohne vorherige Geschäftsbeziehungen und Bestellungen geschickt werden. In solchen Fällen geht es häufig darum, dem Empfänger das Gefühl zu geben, rechtlich oder zumindest moralisch zur Zahlung der verlangten Gegenleistung verpflichtet zu sein.

Verpflichtungen entstehen erst aus einem Vertrag

Grundsätzlich gilt aber: Wird Ihnen tatsächlich unbestellt eine Ware zugesandt, sind Sie weder verpflichtet diese aufzubewahren oder zurückzuschicken noch diese zu bezahlen. Vielmehr entstehen daraus überhaupt keine Verpflichtungen für Sie. Solche Verpflichtungen können sich in der Regel erst aus einem Vertrag (zum Beispiel durch eine Bestellung) ergeben.

Ein Vertrag kommt aber durch ein einseitiges Zusenden nicht zustande. Sie können mit dem Artikel daher grundsätzlich verfahren, wie sie möchten, ihn also etwa benutzen, entsorgen oder verschenken.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht, wenn die Warensendung nicht für Sie bestimmt war, also ein anderer Empfänger adressiert wurde. Auch wenn das Versandhaus die Warensendung nur aufgrund eines Irrtums vorgenommen hat – und dies für Sie erkennbar war – so kommt hier zwar kein Vertrag zustande. In diesem Fall könnten jedoch gesetzliche Ansprüche gegen Sie (wie etwa Anspruch auf Schadensersatz) bestehen, sollten Sie über die Sache wie ein Eigentümer verfügen.

Versandhaus ist in der Beweispflicht

Insofern haben Sie sich völlig korrekt verhalten, als Sie das Versandhaus zunächst dazu aufgefordert haben, eine Bestellung oder den Vertragsschluss nachzuweisen. Den Vertragsschluss muss nämlich das Versandhaus beweisen. Sollte dieser Beweis nicht gelingen und keine der zuvor beschriebenen Ausnahmen vorliegen, so könnten Sie nach Belieben mit der Sache verfahren. In jedem Falle kann von Ihnen nicht verlangt werden, eigene Kosten und Mühen auf sich zu nehmen, die Ware zurückzusenden, da der Versand nicht auf Ihrer Veranlassung beruht.

Um wirklich sicherzugehen, empfehlen wir Ihnen dennoch, die Ware zunächst aufzubewahren. Teilen Sie dem Versandhaus mit, dass die Ware aus Kulanz binnen einer zweiwöchigen Frist nach Absprache bei Ihnen abgeholt werden kann. Sollte dem nicht entsprochen werden, behalten Sie sich vor, die Ware zu entsorgen.

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