Gleichzeitig erinnern sie an jene Zeit, in der Groß Briesen als Dahliendorf von sich reden machte - obgleich die Wiege des Dahlienfestes eigentlich im benachbarten Klein Briesen stand. Wie auch immer. Bis zu den Feierlichkeiten aus Anlass des 600-jährigen Ortsjubiläums am 3. August sollen die Knollen vor dem Gemeindehaus ihre Blütenpracht entfaltet haben. Die Groß Briesener sind sich sicher, dass es gelingt. "Sie werden regelrecht verwöhnt", sagt Herms Ehefrau Christiane und hat folgende Liedstrophe auf den Lippen. "Das waren schöne Tage in Groß Briesen, die Sonne hat den Weg uns gewiesen, regnen tut es im Sommer hier nicht, die Sonne ihre Bahn sich stets bricht. Eine Prise Sand aus Groß Briesen im Schuh, lässt uns die ganze Woche nicht in Ruh, wir denken an die Stunden voller Glück, an die Tage in Groß Briesen zurück."
Sie erzählt, dass diese Zeilen von Helmut Paulick stammen. Jenem Mann, der das Dorf zum Dahliendorf machte. Bis in das Jahr 2003 wurde im Sommer ein großes Dahlienfest gefeiert. Danach wurde es still um die wuchs- und blühfreudigen Knollen. Mehr noch. Im Laufe der Jahre verschwanden die Dahlien auch aus vielen Hausgärten. "Wir mussten die Knollen für das Jubiläum im ganzen Dorf zusammenstoppeln", sagt Wolfgang Herm. In dieser Folge wächst mit den Blumen die Spannung auf die Farben-, Formenpracht der Dahlien, die in der Ortsmitte blühen werden.
"Dabei wurden früher bis zu 130 Dahliensorten angepflanzt", erinnert sich Marianne Vogel. Während Wolfgang Herm vor dem Gemeindehaus wässert, schwelgen Roswitha Kabelitz, Kerstin Krüger, Gisela Popp, Liane Berlin, Manuela Serig, sowie Monika und Dieter Brandenburg in Erinnerungen. Sie stopfen Heupuppen für das Jubiläum und sind in Gedanken bei den Dahlienfesten vergangener Jahrzehnte.
Den "grünen Daumen" für die Knollen hatte Helmut Paulick, der nicht nur reimte, sondern auch Blumen liebte. Er war der Vater der Dahlienfeste und hatte sich in den frühen 1970er Jahren ein kleines Häuschen in Klein Briesen gekauft. "Er hatte in Brandenburg eine Gärtnerei", weiß Christiane Herm. Dort wohnte Paulick auch. Das Häuschen in Klein Briesen wurde sein Wochenenddomizil, das alsbald auch einen Namen bekam. "Am Haus stand Villa Dahlie", sind sich die Damen sicher. Zu diesem Zeitpunkt begann der Gärtner in Klein Briesen die ersten Knollen anzubauen. Seine stetig wachsenden Blumenbeete sprachen sich herum und bald wurde das erste Dahlienfest gefeiert. In den Glanzzeiten des Festes hatte ein Reisebüro sogar Ausflüge zu den Blumenfeldern des Gärtners im Angebot. Zusätzlich wurden im Dorf Kremserfahrten zur "Schönen Aussicht", Kaffeetafeln und ein kleines Bühnenprogramm organisiert. Paulicks Traum, die Dorfgemeinschaft für seine Idee zu begeistern, die Dahlienblüte zu nutzen, um die Klein und Groß Briesen bekannt zu machen, war aufgegangen. Die Blumen bereiteten Freude und stifteten Identität. Und so blühten die Knollen nicht nur auf riesigen Beeten, sondern auch in Vorgärten und in Blumentöpfen auf den Fensterbänken. Nach der Wende verabschiedete sich Helmut Paulick aus dem liebgewordenen Dahliendorf. "Er zog fort", sagen die Damen. Anfang der 1990er Jahre übernahm der Rentnerklub die Pflegschaft über die Knollen. Über Jahre hielten die Senioren das Blumenzepter straff in den Händen. Sie sorgten für hervorragende Wachstumsbedingungen, holten im Frühling die Knollen aus den Kellern, brachten sie in den Boden, gingen fleißig hacken und brachen verblühte Knospen am laufenden Band aus  – um die Pracht möglichst lange zu erhalten.
Nach dem ersten Frost wurden die Dahlien wieder aus der Erde geholt und überwinterten. "Das war viel Arbeit", sagt Liane Berlin, die sich gut an die Pflegeeinsätze und die überdimensionalen Blumenbeete erinnert. Mehr als 25 verschiedene Dahliensorten soll der Knollenbestand damals umfasst haben. Rund 1.000 Knollen wurden in jedem Jahr gesetzt. Heute erinnern nur noch Fotografien an die blühende Pracht. Obgleich später auch die Feuerwehr und die Jugend den Senioren bei der Pflege unter die Arme griffen, wurde das Fest aufgegeben und die Dahlien gerieten in Vergessenheit.
Mit der Erinnerung an Paulicks Blumentraum sind zwischenzeitlich auch einige Lieder und Verse aus seiner Hand wieder aufgetaucht. Womöglich werden sie am 3. August, wenn in Groß Briesen tüchtig gefeiert wird, wieder zu Gehör gebracht.