Herr Kail, seit vorigem Jahr können Unternehmen in ganz Polen Steuervorteile genießen, die bislang den Sonderwirtschaftszonen vorbehalten waren. Was bedeutet das für Sie?
Wir haben mehr Arbeit. Polen wurde in 14 Investitionsbereiche unterteilt. Einer sind wir und unserer reicht bis Gniezno und Piła. Wir sind jetzt für 238 Kommunen in drei Woiwodschaften zuständig.
Es haben sich auch die Bedingungen für Steuerbefreiung geändert. Was ist jetzt anders?
Große Unternehmen, etwa Volkswagen, bekommen nach wie vor Steuererleichterungen in Höhe von 35 Prozent der Investitionskosten. Mittlere Unternehmen bekommen 45 Prozent, kleine mit bis zu 50 Mitarbeitern erhalten 55 Prozent. Wir haben 128 große Unternehmen – fast doppelt so viele wie kleine und mittlere zusammen. Geändert hat sich die Höhe der Investitionssumme: Ein großes Unternehmen musste früher 500 Millionen Złoty investieren, jetzt nur noch hundert. Neu ist, dass eine Investition nun auch Qualitätskriterien erfüllen muss.
Um die Qualität der Arbeitsplätze zu erhöhen?
Ja, unter anderem. Die Regierung will nicht nur, das viele Menschen Arbeit haben, sondern dass sie qualifizierte und gut bezahlte Arbeit haben. Also ist ein Kriterium, dass Unternehmen in die Aus- und Weiterbildung ihrer Angestellten investieren. Auch soziales Engagement wird gefördert. Belohnt wird zum Beispiel, wenn Unternehmen Zusatzversicherungen für ihre Angestellten abschließen oder ihnen Abonnements fürs Fitness-Studio anbieten. Das machen viele Firmen. Die müssen schließlich etwas tun, um Mitarbeiter zu halten. In Küstrin und Słubice haben wir quasi Vollbeschäftigung.
Was machen Sie, wenn ein Investor die Kriterien nicht erfüllt?
Die erfüllen sie fast immer. Die Kriterien sind weit gefasst. In der Woiwodschaft Lubuskie müssen fünf von zehn erfüllt werden.
Sonderwirtschaftszonen entstanden einst, um die Transformation voranzutreiben. Warum sind heute noch Steuergeschenke nötig, insbesondere für westliche Firmen?
Aber es profitieren ja immer mehr polnische Firmen von unserem Angebot. Wir haben inzwischen fast 30 Prozent polnische Unternehmen in der Zone. 32 Prozent sind deutsche, der Rest kommt aus Frankreich, Benelux, Singapur, Korea und so weiter. Wir bevorzugen ausländische Firmen in keinster Weise. Von den Interessenten kommen heute schon 90 Prozent aus Polen – junge Unternehmen, die erst nach 1989 entstanden und noch Unterstützung brauchen. Diese Unternehmen hatten noch nicht viel Zeit seit der Einführung der Marktwirtschaft, um Vermögen aufzubauen.
Das leuchtet ein. Aber warum bekommen auch große ausländische Konzerne Erleichterungen?
Es gibt eben Nebenwirkungen einer solchen Politik, die Chancen für kleineres und mittleres Kapital schafft und es nach oben nicht begrenzt. Ich persönlich würde dieses Förderinstrument für große Unternehmen einschränken, die sich Steuern und Investment leisten können. Schade, dass es das noch nicht gibt. Aber das System wird sich von selbst anpassen, wenn es so keinen Sinn mehr macht.
Wie viele in ihrer Zone angesiedelte Firmen zahlen inzwischen normal hohe Steuern?
Zehn Prozent. Nach 15 Jahren läuft die Ermäßigung aus, solange man nicht neu investiert.
Verhalten sich polnische Unternehmer anders als jene aus dem Westen?
Ein großer Unterschied besteht darin, dass sich etwa deutsche Firmen sehr bewusst sind über den Nutzen von Subventionen. Und sie können sich Unternehmensberater leisten, die ihnen das empfehlen. Bei uns holte man sich bislang lieber einen Kredit von der Familie oder setzte Geld ein, das man in Deutschland beim Spargelstechen verdient hatte. Es gibt eine große Vorsicht, ja Misstrauen gegenüber dem Staat. Aber auch da hat sich schon viel verändert.