Politik

Wegen Abschiebeflug nach Ruanda London will sich teils von Menschenrechtshof lossagen

Ex-Labour-Chef und zahlreiche Londoner protestierten gegen die geplanten Abschiebeflüge nach Ruanda.

Ex-Labour-Chef und zahlreiche Londoner protestierten gegen die geplanten Abschiebeflüge nach Ruanda.

(Foto: picture alliance/dpa/PA Wire)

London will sich nach dem Brexit von weiteren europäischen Regeln absetzen. Nachdem der Gerichtshof für Menschenrechte einen Abschiebeflug Geflüchteter nach Ruanda verhinderte, will London ihn künftig in weniger Fällen einbeziehen. Dabei hatten die Briten 1950 die Menschenrechtskonventionen mitverfasst.

Nach dem Stopp eines Abschiebeflugs nach Ruanda infolge eines Urteils aus Straßburg will sich Großbritannien teilweise von den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lossagen. Ein erwarteter Gesetzentwurf sieht laut Justizminister Dominic Raab die Umgehung des EGMR in bestimmten Fällen vor. Auch die Abschiebung verurteilter Ausländer soll dadurch erleichtert werden. Einen vollständigen Rückzug Großbritanniens aus der Rechtsprechung des EGMR schloss Raab indes aus.

"Diese Erklärung der Rechte wird unsere britische Tradition der Freiheit stärken und gleichzeitig eine gesunde Dosis gesunden Menschenverstandes in das System einfließen lassen", sagte Raab dem Sender Sky News. Die Meinungsfreiheit würde so gestärkt und die Behörden in die Lage versetzt, "mehr ausländische Kriminelle auszuweisen und die Öffentlichkeit besser vor gefährlichen Kriminellen zu schützen".

Die britische Regierung war in der vergangenen Woche mit ihrem Vorhaben, irregulär nach Großbritannien gekommene Asylsuchende nach Ruanda zu bringen, vorerst gescheitert. Die Ausweisung der ursprünglich 130 für den ersten derartigen Abschiebeflug vorgesehenen Asylbewerber war nach und nach durch rechtliche Anfechtungen aus Menschenrechtsgründen unterbunden worden.

Regierung sieht politisches Motiv

Die letzten verbliebenen noch abzuschiebenden Menschen wurden dann im letzten Moment durch ein Eingreifen des Straßburger EGMR davor bewahrt. Die Richter entschieden, dass die britische Justiz die Rechtmäßigkeit der Abschiebungen noch im Detail prüfen muss. Die britische Regierung reagierte erbost und sprach von einer "politisch motivierten" Entscheidung.

Die Darstellung, die Entscheidung des europäischen Gerichts habe eine politische Dimension, passt in Londons Darstellung einer Bedrohung der britischen Souveränität durch europäische Institutionen. Allerdings gehört der EGMR nicht zur Europäischen Union, aus der Großbritannien ausgetreten ist. Der Gerichtshof ist das Justizorgan des Europarats und überwacht die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Großbritannien 1950 mitverfasst hatte.

Ruanda soll Geld für aufgenommen Flüchtlinge bekommen

London will nun das britische Menschenrechtsgesetz, das bislang auf der Europäischen Konvention für Menschenrechte beruht, ändern. Die oppositionelle Labour-Partei sowie Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisierten die Pläne scharf.

Mit Ruanda hatte London ein Abkommen geschlossen, das vorsieht, gegen Geld Asylsuchende in dem ostafrikanischen Land unterzubringen. Dadurch sollen andere Flüchtlinge abgeschreckt werden, die Überfahrt über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu versuchen. Menschenrechtsaktivisten, Kirchen und die UNO kritisieren dieses Vorgehen scharf.

Quelle: ntv.de, als/AFP

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