Frage & Antwort

Frage & Antwort, Nr. 125 Warum spucken Fußballer so oft?

Ein vertrauter Anblick: Fußballer, die spucken, was der Rachen hergibt.

Ein vertrauter Anblick: Fußballer, die spucken, was der Rachen hergibt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es scheint eine Notwendigkeit zu sein, von der nur Fußballer betroffen sind: Warum spucken die Spieler so oft aus? (fragt Heike A. aus Kaiserslautern)

"Das ist doch klar", erklärt uns ein Hobby-Kicker, der namentlich nicht genannt werden möchte. "Was raus muss, muss raus. Bei der ganzen Rennerei bildet sich so viel Speichel, das muss doch irgendwo hin. Das ist wie beim Joggen. Da kann man nicht anders, da spuckt man ganz automatisch."

Schöner Erklärungsversuch, aber mit dieser Antwort geben wir uns nicht zufrieden. Schließlich könnte es auch heißen: "Da kann Mann nicht anders, da spuckt Mann ganz automatisch." Denn die Frauen von Turbine Potsdam beispielsweise können meist sehr wohl anders. Und auch die laufen wie die Meister.

Gleiches gilt für Florian Keller, Serena Williams und Kenenisa Bekele. Doch im Feldhockey, beim Tennis und beim 10.000-Meter-Lauf neigen Frauen wie Männer sehr viel weniger zum Spucken als die meisten Fußballer - und das, obwohl sie sich ähnlich stark verausgaben.

In der Halle geht's auch ohne

Und was ist überhaupt mit den Hallensportarten? Da verzichtet Mann aufs Spucken, denn wer will schon in der Speichellache seiner Mitspieler oder Kontrahenten ausrutschen? Solange Fußballer in der Halle agieren, können sie Schleim- und Speichelsekrete also sehr wohl zurückhalten. Nur unter freiem Himmel müssen sie den Dingen offenbar freien Lauf lassen. – Nein, physiologisch lässt sich das Spuckverhalten der 22 Mann auf dem Rasen nicht erklären. Jedenfalls nicht überzeugend.

Die Wissenschaft ist auf dem Gebiet um sich speiender Kicker zurzeit wenig bewandert. Ob Sportmediziner, Sportpsychologen oder Sportsoziologen: Keiner der von uns Befragten hatte eine Erklärung parat, geschweige denn eine entsprechende Studie, Erhebung oder Expertise zur Hand.

Eine andere Liga: Das Ausspülen der Mundhöhle ist nicht gemeint, wenn es um spuckende Kicker geht. Wasser belastet den Magen beim Sport und wird deshalb meist nicht geschluckt.

Eine andere Liga: Das Ausspülen der Mundhöhle ist nicht gemeint, wenn es um spuckende Kicker geht. Wasser belastet den Magen beim Sport und wird deshalb meist nicht geschluckt.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Doch zur letzten Fußball-EM hatte sich Dr. Heinz-Georg Rupp, Psychotherapeut und Ex-Mentaltrainer von Bayer Uerdingen, in einem Interview zum Thema geäußert. Und seine Thesen mögen nicht jedem gefallen, überzeugen aber. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Spuckerei auf dem Spielfeld ist reines Macho-Gehabe. So wie Hunde jeden Pfahl anpinkeln, stecken Fußballer mit Speichel ihr Revier ab. – So hat es Rupp nicht gesagt. Aber seine Ausführungen lassen dieses Resümee zu. Der Sportpsychologe hat es anders formuliert. Er betrachtet das Spucken als "nonverbale Meinungsäußerung", die oft auf eine für den Spieler unangenehme Situation folgt. Sei es, dass er ausgewechselt wurde oder eine Verwarnung vom Schiedsrichter hinnehmen musste: Wenn sich der Fußballer nicht lautstark beschwert, dann spuckt er. Oder beides. Jedenfalls zeigt er deutlich, was er von der jeweiligen Entscheidung hält. Und gleichzeitig geht es ihm sicherlich auch darum, jegliche Peinlichkeit zu überspielen. Denn bei eigenen Fehlern oder Missgeschicken, einer vergebenen Torchance beispielsweise, folgt das Spucken stehenden Fußes. In diesem Fall will der Spieler für die Fans ein Zeichen setzen, meint Rupp. Er will zeigen, dass er die Blockade lösen kann. Und wenn das Rohr dann erstmal wieder frei ist, klappt's auch mit den Toren.

Aufs Spucken konditioniert

Das Spucken gehört seit Jahr und Tag zum guten Ton auf dem Fußballfeld. Zusammen mit den Spielregeln scheint es von einer Generation an die nächste weitergegeben zu werden. So glaubt Rupp, dass Fußballer von Kindesbeinen an aufs Spucken konditioniert werden. "Die Kinder ahmen das Verhalten ihrer Idole nach", sagte er im Interview. Stoppen lässt sich die ausufernde Speichelei daher wohl nur durch Verbote, wie sie zu Zeiten grassierender Schweinegrippe in diversen Fußball-Clubs ausgesprochen wurden.

Medizinisch betrachtet ist das Spucken auf dem Spielfeld übrigens geradezu kontraproduktiv. Denn die vermehrte Speichelproduktion soll Flüssigkeitsverluste ausgleichen. Je schweißtreibender der Kampf um Ball und Tor ist, umso mehr Speichel bildet sich. Sinnvollerweise sollte der dann im Körper bleiben. Doch diese Weisheit ist für viele Fußballer auffallend schwer zu schlucken ... 

Quelle: ntv.de

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