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Es ist die Zeit der Zweige

Von Roman Sandgruber, 19. Dezember 2015, 00:04 Uhr
Es ist die Zeit der Zweige
Bild: APA/dpa-Zentralbild/Bernd Wüstne

Zweige bedeuten Wachstum. Hinter dem Wort steckt sprachgeschichtlich die Wurzel "zwei". Aus eins wird zwei.

Das Brauchtum schätzt Zweige. Im Advent ganz besonders. Die ganze Wohnung wird mit ihnen befüllt: Barbarazweige, Tannenzweige, Mistelzweige, Lorbeerzweige, Palmenzweige, Ölzweige. Der Mythos der Zweige ist uralt. Ein goldener Zweig ermöglichte dem trojanischen Helden Aeneas den Zugang in die Unterwelt. Ein Mistelzweig erweckte den Toten wieder zum Leben. Ähnlich ist es mit den Barbarazweigen. In der Legende sind sie eng mit dem Leben verknüpft. Im Brauchtum sollen sie bis zum Heiligen Abend aufblühen und in der kalten und düsteren Winterzeit das neue Leben ankündigen. Ebenso sind grüne Adventkränze und Tannenzweige Symbole der Hoffnung, auch wenn sie oft schon vom ersten Tag weg zu nadeln beginnen. Das Geheimnis der Mistel liegt in dem Umstand, dass sie dem Absterben zu trotzen scheint und den ganzen Winter über grüne Büschel auf den kahlen Bäumen bildet.

Zweige bedeuten Wachstum. Hinter dem Wort "Zweig" steckt sprachgeschichtlich die Wurzel "zwei". Aus eins wird zwei. Der Zweig bringt immer mehr Zweige und immer mehr neue Glieder hervor und wächst sich zum Stammbaum aus. Daher wird die Geburt Christi immer wieder mit einem Zweig oder Reis verglichen. Das alte Weihnachtslied "Es ist ein Ros entsprungen, aus einer Wurzel zart" bezieht seine Bedeutung aus diesem alten Mythos: Gemeint ist keine Rose, sondern ein Reis oder Zweig. Der Text bezieht sich auf die Prophetenstelle: "Und ein Reis wird hervorgehen aus dem Stumpfe Jesaja, und ein Schössling aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen." Ein Reis oder Setzling wird in die Erde gesteckt, schlägt Wurzeln und beginnt zu wachsen, gleichsam ohne Befruchtung und in jungfräulicher Zeugung. Im mystischen Denken wird die Jungfrau Maria mit einem dürren Reis verglichen, das auf wundersame Weise zu grünen und blühen beginnt und den Gottessohn hervorbringt.

Der grüne Zweig gilt als Symbol der Fruchtbarkeit. Er galt auch als Rechtssymbol und in Form des Zepters als Herrschaftssymbol: Nach altem deutschen Rechtsbrauch wurde bei der symbolischen Investitur dem Erwerber ein von einem Baum des übertragenen Besitzes oder Herrschaftsbereichs abgebrochener Zweig überreicht und dieser in die Scholle gesteckt. Das ist auch der Hintergrund für die Redensart "auf keinen grünen Zweig kommen": Man wird sich nicht einig. Das Geschäft oder die Übereinkunft kommt nicht zustande. Und Zweige auf den Hut gesteckt oder ums Haupt gewickelt sind Symbole der Freude und des Friedens, des Jagd- und Liebesglücks, und wenn sie aus Lorbeer sind, Symbole des Sieges und Auszeichnung. 

 

Roman Sandgruber ist Professor an der Johannes Kepler Universität Linz und Kolumnist bei den OÖNachrichten.

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