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Historische Maisäß-Wanderung

13.11.2020 • 15:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Die Maisäß-Siedlung Montiel.                                       <span class="copyright">Hertha Glück</span>
Die Maisäß-Siedlung Montiel. Hertha Glück

Hertha Glück wandert zum Maisäß Montiel und zur Netza-Alpe.

Gleich beim Gemeindeamt in St. Gallenkirch be­ginnt laut Wegweiser rechts hinauf in Richtung Montiel/Oberer Netza/Netza-Alpe die Wanderung. In gut zweieinhalb Stunden, die sich sehr abwechslungsreich gestalten, ist das Hauptziel Netza-Alpe erreicht. Also marschiert man die steil ansteigende Straße mit dem Grappeskopf (2206 m) im Fokus taleinwärts. Bei Innerziggam hält man sich geradeaus und gewinnt rasch an Höhe. Somit führt hinter der Garage der Schoderweg direkt zum Maisäß Montiel. Weiters steigt man den Hang zum alleinstehenden Gehöft an.

Kurzbeschreibung

Besonderes: Mit jedem Höhenmeter unternimmt man eine historische Wanderung in eine wunderschöne Maisäß-Kulturlandschaft unter dem Motto „vo früanr bis mara“.

Anforderung und Gehzeit: In viereinhalb bis fünf Stunden werde 757 Höhenmeter aufwärts und wieder 757 abwärts überwunden.

Markierungen: weiß-gelb, weiß-rot-weiß

Tipp: bei Schneefall oder Schlechtwetter ungeeignet

Wege: wenig Forstwege und Straße, Wald- und Alpwege

Kultur und Natur: Maisäß-Ensemble Montiel, Netza-Alpe, Europaschutzgebiet Verwall (Natura-2000-Gebiet), Kloster Maria Hilf, Pfarrkirche heiliger Gallus

Anziehen und Mitnehmen: Wetterkleidung und Jause empfohlen

Einkehrmöglichkeiten: St. Gallenkirch

Start und Ende: Gemeindeamt St. Gallenkirch

Oberhalb am Waldrand, beim Gufeltobel, geht’s rechts auf einen schönen Wald-Felsenweg. Zahlreiche Bänke, schöne Aussichtsplätze und weite Blicke hinab ins Tal verkürzen die Wegdauer. Bald übernimmt ein Forstweg mit Wildbachverbauungen, um wiederum links hoch in den Wald zu steigen.

Montiel mit Blick ins Tal.
Montiel mit Blick ins Tal.

Auch wenn es steil ansteigt, kann man sich auf das Maisäß-Ensemble Montiel freuen, das dank seiner Ursprünglichkeit im Jahre 2019 mit dem Montafoner Baukulturpreis ausgezeichnet wurde.

Noch zwei Straßenkurven, und schon steht man inmitten der Maisäßhütten von Montiel, eines der wenigen Musterbeispiele Montafoner Maisäßsiedlungen ohne störende Umgestaltung. Sie liegt auf der Höhe von 1360 Metern und ist einfach überwältigend schön. In einer der oberen Maisäßhütten lebte bis ins Jahre 2010 Kaspar Hermann 45 Jahre lang mit an die 30 Katzen als Einsiedler und Legende von Montiel.

Panorama oberhalb von St. Gallenkirch.
Panorama oberhalb von St. Gallenkirch.

Hinter den urigen Hütten beginnt ein leicht ansteigender Alpweg durch goldglänzende Alpenmatten das Hüttnertobel umgehend, und schon befindet man sich in einer knappen Stunde auf dem Maisäß Netzen, wohin keine Straße führt. Nur eine landwirtschaftliche Materialseilbahn mit dem Baujahr 1998 erlaubt eine Nutzlast von zwei Personen bzw. 300 Kilogramm. Eine wahre Seltenheit an Abgeschiedenheit und stille Schönheit zugleich.

Über die Hüttendächer hinweg blickt man hinaus über St. Gallenkirch zum Valschavier Maderer (2769 m) und zur Tälispitze (2613 m), und gegenüber ragen die Madrisella (2466 m) und der Gampabinger Berg (2222 m) auf. Diese landschaftlich hinreißende Gegend gehört auch zum Europaschutzgebiet Verwall Natura 2000, das vom Klostertal, der Ill und der Tiroler Landesgrenze eingefasst wird und von der Talsohle der Litz bis zu den Zweitausendern der Verwallgruppe reicht. Darin befinden sich die größten Lärchen-Zirbenwälder Vorarlbergs, genauso wie zahlreiche Moore, Seen, ausgedehnte Latschen-, Erlen- und Alpenrosengebüsche, bunte Alpmatten sowie schroffe Felslebensräume. Die Abgeschiedenheit und Ruhe des Gebietes ermöglicht es einer Vielzahl von gefährdeten Vogelarten und anderen Wildtieren, ungestörte Rückzugsräume zu finden.

Blick nach Montiel

Nach ausgedehnter Rast nimmt man den steilen Abstieg zur Unteren Netza-Alpe gut unters Schuhwerk. Weiß-rot-weiß ist die Wegmarkierung auf dem Zick-Zack-Weg steil abwärts. Bei der Unteren Netza-Alpe gönnt man sich noch einen Blick hinüber nach Montiel und steigt dann weiter ab in Richtung Bödnerkapelle.
Die untere Straße nach der Straßenkurve ist richtig, und schon zweigt man wieder rechts in den Wald ab zur schmucken, kleinen Bödnerkapelle. In der Folgen sind es abwechslungsreiche Waldwege über Bäche, entlang von Wasserfällen und Verbauungen, und schon nach etwa 40 Minuten sieht man die ersten Häuser von St. Gallenkirch wieder.

Schöner Waldweg nach der Bödnerkapelle.
Schöner Waldweg nach der Bödnerkapelle.

Entweder geht man nun über die Wiesen in Richtung Innerziggam dem Ortszentrum zu, oder man nimmt die Kirchturmspitze als Wegrichtung und bleibt auf der Straße. Dann passiert man in Bälde das Kloster Maria Hilf, weitere interessante Montafoner Häuser und Gaststätten. Immer hinunter erreicht man sicheren Fußes den Ausgangspunkt der recht anspruchsvollen und eindrücklichen Rundwanderung im hinteren Montafon.

Maisäße im Montafon

Die Gemeinde St. Gallenkirch mit den Ortsteilen Gargellen und Gortipohl zählt 2213 Einwohner (Stand 1. Jänner 2020) und ist eine vom Fremdenverkehr geprägte Ortschaft im Montafon, die mit beinahe 128 Quadratkilometern Gemeindegebiet die zweitgrößte Gemeinde Vorarlbergs bildet. Im Hochmittelalter begann die Ausweitung der Alp- und Maisäßwirtschaft in der Innerfratte. In St. Gallenkirch waren vermutlich schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts auch ständig bewohnte Höfe und eine Kapelle vorhanden. Spätestens 1483 wurde eine selbstständige Pfarrei zum heiligen Gallus (daher der Ortsname) eingerichtet. In früheren Jahrhunderten war St. Gallenkirch zeitweilig bevölkerungsstärkste Gemeinde im Gebiet des Bezirkes Bludenz.

Maisäßkultur

Die Entstehung der Maisäße im Montafon geht auf die für Vorarlberg charakteristische jahrhundertealte Dreistufen-Landwirtschaft zurück. Der ursprüngliche Weg führt im Frühjahr von den Stallungen im Tal auf den Maisäß, dann weiter auf die Hochalpe und ebenso stufenweise im Spätsommer wieder zurück.

Maisäß-Ensemble Montiel (Auszeichnung Montafoner Baukulturpreis 2019)

Es liegt oberhalb von St. Gallenkirch auf einer Höhe von 1361 Metern und wurde im Jahre 1511 erstmalig als Maisäß erwähnt. Der Hauptteil der Bauwerke stammt aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, nur wenige aus dem 20. Jahrhundert. Zumeist handelt es sich um Paarhofanlagen, sprich um getrennt stehende Wohnhäuser und Stallscheunen. Der Name lässt sich vom lateinischen monticulus (= Berglein) über das romanische Montigel hin zum walser-deutschen Montiel zurückverfolgen. Der Maisäß Montiel ist sicherlich eine der ursprünglichsten und am wenigsten überformten Maisäße des Montafons. Ein großer Dank und Anerkennung gilt da der Eigentümergemeinschaft. Alle Gebäude haben Holzschindeldächer, uralte Zäune und Lesesteinmauern sind noch gut erhalten.
Der Maisäß Netza auf 1635 Metern Seehöhe zählt wohl zu den schönsten bergbäuerlichen Kulturlandschaften mit weitgehend intakter Bausubstanz und gesicherter Bewirtschaftung. Die nur durch Fuß- und Viehtriebwege erschlossene Netza-Alpe liegt im Europaschutzgebiet Verwall Natura 2000, wo frühere Nutzungsbereiche als Bergheumähder und Spuren historischer Bergbautätigkeit noch heute gut erkennbar sind.
Quellen: www.montafoner-baukultur.at, naturvielfalt.at, www.gemeinde.stgallenkirch.at