Bürgermeisteramt: „Der Bürger ist jetzt mündiger“

Erstellt am 27. Juni 2023 | 20:00
Lesezeit: 3 Min
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Bei einem Besuch der Klassen 3A und 3B der Volksschule Stein, erklärte der Kremser Bürgermeister Reinhard Resch: „Das wichtigste ist in jedem Beruf, dass man Freude bei der Arbeit hat. Wenn man Menschen gerne mag und für sie gerne da ist, dann ist der Beruf eines Bürgermeisters ideal.“ Im Bild vorne: Ermal Veliu, Constantin Leutner, Jonas Lechner, Sebastian Wagner und Timo Gruber (von links); Hinten: Begleitlehrerin Judith Raab, Pia Pachschwöll, Victoria Negres, Florian Bah, Lara Berger, Armando Ruiz Diaz Zaracho, Alina Elhosseiny, Valentina Fuchs, Begleitlehrerin Jessica Churanek und Bürgermeister Reinhard Resch (von links).
Foto: Magistrat Krems
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Drei Bürgermeister aus dem Bezirk Krems berichten von ihren Erfahrungen: Reinhard Resch, Harald Leopold und Stefan Seif.

Spätestens ab 2024 werden in NÖ zwischen 470 und 690 Euro mehr pro Ortschef gezahlt – so wurde es im Gemeindepaket von Schwarz-Blau ausgehandelt. „Des Geldes wegen macht das aber ohnehin niemand“, ist Stefan Seif, Bürgermeister von Senftenberg, überzeugt.

Was bewegt Menschen dann, dieses Amt auszuüben? Und haben sich die Herausforderungen in den letzten Jahren verändert?

Reinhard Resch, seit vielen Jahren im Amt, meint, dieses habe sich eigentlich nicht wirklich verändert. „Die Erwartungshaltung der Menschen an das Bürgermeisteramt allerdings schon.“ So habe die Digitalisierung und die damit einhergehende Schnelllebigkeit vieles revolutioniert. „Die Digitalisierung hat viele Vorteile, bringt aber einen Mehraufwand in der Organisation verbunden mit einen enormen (Zeit-)Druck.“ Die Kommunikation und Ankündigung von Projekten und Veranstaltungen ist nun schneller möglich – „noch schneller wird aber auch kritisiert und Fake News stehen an der Tagesordnung“.

Das Amt des Bürgermeisters sei für ihn trotz allem ein Quell der Freude, denn: „Es geht immer um Menschen. Das war auch der Grund, warum ich Arzt geworden bin. Als Bürgermeister geht es nun nicht nur um die Gesundheit, es geht um die Zukunftsfähigkeit der Stadt als Ganzes.“

„Die Herausforderungen sind gewaltig“

Harald Leopold, im sechsten Jahr Bürgermeister von Langenlois, berichtet ebenfalls von Transformationen, die dieses Amt in den letzten Jahren durchmachte. Als langjähriger kommunalpolitischer Akteur konnte er diese hautnah beobachten. Sein Fazit: „Der Bürger ist mündiger geworden.“

So habe der Langenloiser Stadtchef heute mit Entscheidungen zu kämpfen, die seine Vorgänger viele Jahre vor ihm getroffen haben. „Damals waren die Leute noch Obrigkeits- bzw. Bürgermeisterhöriger. Da hat der Bürgermeister eine Entscheidung getroffen und die wurde dann einfach akzeptiert. Auch wenn die Entscheidung womöglich falsch war.“

Heute schaue man sich alles genauer an, „und sucht sich schnell auch rechtlichen Beistand, wenn die eigenen Erwartungen nicht sofort erfüllt werden“, so der pensionierte Jurist. „Das ist heute ganz anders als früher.“

Die geplante Anpassung der Entschädigung betrachtet Leopold als unzureichend, es fehle vor allem die soziale Absicherung. „Wer im eigentlichen Beruf die Stunden reduziert oder in größeren Gemeinden eventuell das Bürgeremeisteramt Vollzeit ausüben muss, der wird nicht ausreichend abgesichert. Wenn die nächste Wahl dann schief läuft, kann man nicht einfach so wieder in die alte Position zurückkehren.“ Das sei ein Risiko, das viele heute nicht mehr eingehen wollen.

Das Zeitmanagement vieler Bürgermeister früherer Zeiten, mutet heutzutage meist nur noch Hardcore an: „Manche haben sich dem Vollzeitjob von 5 bis am Nachmittag und in einigen Nachtschichten gewidmet. Dazwischen nahm man seine Pflichten als Bürgermeister wahr.“

Was noch hinzukomme sei, laut Harald Leopold, dass „sich viele junge Leute heutzutage dem Unwillen der Öffentlichkeit nicht mehr aussetzen wollen.“

„Hat mit einigen wenigen Bürgern sehr viel zu tun“

Auch Stefan Seif, der junge Senftenberger Kollege von Resch und Leopold, teilt seine Erfahrungen: „Ich bin jetzt knapp 20 Jahre kommunalpolitisch tätig. Was besonders auffällt ist, dass der Respekt in den letzten 20 Jahren abgenommen hat.“ Nicht nur gegenüber Bürgermeistern, sondern auch gegenüber Polizisten oder Lehrern. „In der Coronazeit ist eine gewisse Ungeduldigkeit aufgekommen. Man hat als Bürgermeister in der Gemeinde mit einigen Personen sehr viel zu tun, und mit den meisten kaum etwas.“ Seif betont die Wichtigkeit, dass Bürgermeister sich immer in die Situation der Bürgerinnen und Bürger hineinversetzen müssen.

Gleichzeitig appelliert er an die Bürgerinnen und Bürger, Verständnis für manche Entscheidungen aufzubringen. „Kein Bürgermeister möchte nur irgendjemandem etwas zu Fleiß machen“, ist Seif überzeugt, „sondern handelt stets im Sinne der Gemeinschaft“. Denn – da sind sich alle Drei einig – das sei es, worum es wirklich geht: Die Freude am Gestalten in der Gemeinde.