Leser:innenbrief – Teils nicht menschenwürdig

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Zur Betreuungsituation im Schwarzacher Hof erreicht uns folgender Leser:innenbrief.

Meine Frau und ich sind Bekannte einer Mutter einer Frau mit schwersten geistigen und körperlichen Behinderungen und setzen uns schon seit Jahren auch als rechtliche Betreuer für die Belange von Menschen mit Behinderungen im Schwarzacher Hof der Johannes-Diakonie Mosbach ein. Auch haben wir beide einen sozialen Beruf und selbst schon in der Behindertenhilfe gearbeitet.

Personalnotstand begleitet die Johannes-Diakonie Mosbach, wie viele andere soziale Unternehmen, schon seit Jahren. Trotz intensiver Werbung auch auf im sozialen Netzwerk und Anheuerung von Leiharbeitskräften aus benachbarten Staaten ist von einer ausreichenden Personaldecke weit entfernt. Wenn wir zu Besuch kommen, fehlt es oft an Personal, sodass nur das Mindestmaß an Pflege und Betreuung abgedeckt werden kann.

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Auch wenn es durch den Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich es außerordentlich schwierig ist, neue und vor allem gut qualifizierte MitarbeiterInnen anwerben zu können, ist die Situation für die Menschen, die in allen Lebenslagen auf Unterstützung angewiesen sind, durch den Personalnotstand schlicht und ergreifend nicht mehr zumutbar, teils nicht mehr menschenwürdig. So wird nur noch geschaut, dass die Mindestversorgung so gut es irgend geht abgedeckt ist, umgangssprachlich wird hier auch von „satt und sauber“ gesprochen.

Leider werden dadurch auch schöne Veranstaltungen gekürzt bzw. gestrichen. So fand letztes Jahr im Schwarzacher Hof kein Weihnachtsmarkt statt, weil MitarbeiterInnen dadurch Arbeitsstunden „sparen“ sollen. Ein Event fällt weg, was auch eine Außenwirkung hat, für die BewohnerInnen eine Attraktion bedeutet und auch für MitarbeiterInnen eine positive Abwechslung zum Arbeitsalltag bedeutet. Wenn Aktionen stattfinden muss an vielen Ecken gespart werden, so konnte in einem Haus bei einer Feier kein Kuchen mehr angeboten werden, weil dies zu teuer war.

Aber auch für die MitarbeiterInnen ist die Situation unbefriedigend, müssen sie mit weniger Personal den Dienstplan abdecken, dadurch steigt die Überlastung, sinkt die Motivation und die Krankheitsrate steigt. Die Arbeitsmotivation steigt sicherlich nicht, wenn man nur noch „Dienst nach Vorschrift“ machen muss, ständig Kollegen ersetzen muss und deren Arbeit mittragen muss, weil Personal fehlt und man immer wieder bei Erkrankungen einspringen muss!

Wie kann man aus dieser Abwärtsspirale herauskommen? Es gibt sicherlich nicht das Patentrezept, aber es wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten viele Fehler gemacht, gutes Personal nicht übernommen, befristete Verträge mit schlechten Konditionen abgeschlossen und letztendlich wurde zu wenig für das Personal getan, um es zu halten. Dies muss sich schleunigst ändern.

Die Qualität in der Behindertenhilfe hat sich stetig schon seit Jahren verschlechtert, vieles besteht nur noch auf dem Papier. Was kann ein Qualitätsmanagement leisten, wenn schlicht zu wenig und zu schlecht ausgebildetes Personal vorhanden ist?

Das passt nicht zusammen und hier muss sich schnell etwas zum Wohle der betreuten Menschen in der Einrichtung verändern!

Jochen Hirschmann
Diplom-Sozialarbeiter (FH) und Berufsbetreuer

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