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Prüfaufträge konkretisieren und bis Jahresende beschließen

Schwerpunktthema: Pakt für Planungs- und Genehmigungsverfahren

Windrad Baustelle
Quelle: Pixabay

Der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft, die Sicherung des Industriestandortes und die Infrastrukturmodernisierung stellen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen vor große Herausforderungen. Um die Modernisierung in Deutschland voranzutreiben ist die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren von entscheidender Bedeutung. Seit der ad-hoc Inbetriebnahme von LNG-Terminals wissen wir, dass der Staat in Krisenzeiten schnell reagieren kann. Das ändert aber nichts daran, dass die Planungs- und Genehmigungsverfahren bislang flächendeckend in allen Lebensbereichen viel zu langsam sind.

Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag ambitionierte Ziele wie die Halbierung von Verfahrensdauern gesetzt. Bei der Erarbeitung erster Gesetzesvorhaben wurden einige Vorschläge aus dem NKR-Gutachten „Möglichkeiten zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren“ aufgegriffen und umgesetzt. Hierzu gehören die Einführung einer Soll-Vorschrift zur Durchführung eines frühen Erörterungstermins, die effektivere Gestaltung des Rechtschutzes und der verstärkte Einsatz spezialisierter Senate. Zudem hat die Koalition im März 2023 ein Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung beschlossen. Auch hier konnte sich der NKR erfolgreich einbringen. Ein in dem Paket enthaltenes Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich konnte der NKR durch neue Ideen verbessern (siehe Stellungnahme hier).  

Die Bundesregierung hat die anhaltende Notwendigkeit von Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung nun erneut in einem 10-Punkte-Plan für den Wirtschaftsstandort Deutschland betont und dabei eigene Erfolge der letzten eineinhalb Jahre rekapituliert. Trotz dieser Bemühungen und erster Erfolge in ausgewählten Bereichen sind wir von der generellen Halbierung der Verfahrensdauern noch weit entfernt. Umso wichtiger ist jetzt, dass der von der Bundesregierung geplante Pakt für Planungs- und Genehmigungsverfahren zeitnah verabschiedet wird. Vorher sollte die Beschlussvorlage aber deutlich nachgeschärft werden. Denn aus Sicht des NKR bleiben die darin enthaltenen Maßnahmen immer noch zu vage und enthalten zu viele Prüfaufträge. Hinzu kommt, dass Bund und Länder den Pakt ursprünglich im Sommer 2022 beschließen wollten. Es bleibt zu hoffen, dass die Verzögerung mit dem Anspruch verbunden ist, substantielle Verbesserungen zu erzielen. Um das Bundeskanzleramt bei seinen Vorbereitungen des Pakts zu unterstützen, hat der NKR im Juli 2023 ein neues Positionspapier veröffentlicht, in dem einige Prüfaufträge konkretisiert und bislang unberücksichtigte Maßnahmen vorgestellt werden.

Die wichtigsten Forderungen im Überblick:

  • Die Vereinfachung des materiellen Rechts als wirksamsten Beschleunigungshebel nutzen: Formeller- und materieller Prüfumfang müssen auf das erforderliche Maß reduziert werden. Dabei sollten europäische Regeln nicht weiter verschärft werden. Weiterhin müssen Stichtagsregelungen eingeführt werden. Zudem sollte die Bundesregierung eine wirksame und unionsrechtlich zulässige Form der materiellen Präklusion einführen. Auch indirekte Beschleunigungseffekte, wie etwa mit der Erleichterung der Genehmigungspraxis von Großraum- und Schwertransporten bereits realisiert, müssen verstärkt genutzt werden.
  • Prozesse und Verfahren vereinfachen: Erörterungstermine sind zeitintensiv, verfehlen jedoch häufig ihr Ziel. Sie sollten deshalb nur noch dann durchgeführt werden, wenn sie tatsächlich erforderlich sind. Zudem ist es wichtig, die Verbindlichkeit der vorgesehenen Fristen z.B. über die Einführung von Vollständigkeitsfiktionen zu erhöhen. Darüber hinaus sollte das Verbandsklagerecht in seiner Reichweite überprüft, verstärkt auf Mediation gesetzt, sowie Verfahren und Prozesse standardisiert werden.
  • Digitalisierungspotenziale erkennen und ausschöpfen: Die Digitalisierung ist notwendige Bedingung für das Erreichen einer echten Beschleunigung. Perspektivisch müssen alle Genehmigungsverfahren vollständig über digitale Plattformen abgewickelt werden. Dabei soll insbesondere auf die Erfahrungen mit dem OZG aufgesetzt werden, wobei es unerlässlich ist, die bereits bestehenden digitalen Lösungen sowie die Entwicklung neuer IT-Komponenten frühzeitig zusammenzubringen.
  • Knappe Personalressourcen gezielt einsetzen: Ein wesentlicher Verzögerungsfaktor ist der Mangel an qualifiziertem Personal in den Genehmigungsbehörden. Es braucht deshalb zunächst einer gemeinsamen Anstrengung, um die Planstellen mit qualifiziertem Fachpersonal zu besetzen. Dies muss jedoch mit Blick auf den Fachkräftemangel um innovative Maßnahmen wie einem stärkeren Einsatz externer Projektmanager und der Bündelung von Expertise in Poollösungen auf Länderebene komplementiert werden. Des Weiteren braucht es einen Kulturwandel in den Genehmigungsbehörden hin zu einem neuen Verwaltungsleitbild, welches durch Lösungs- und Kundenorientierung sowie Agilität und Flexibilität geprägt ist. 

Um das vielbeschworene Deutschland-Tempo noch in dieser Legislaturperiode zu erreichen, ist es wichtig, dass sich Bund und Länder bis spätestens Jahresende auf den Beschleunigungspakt einigen. Der NKR wird die weiteren notwendigen politischen Prozesse dabei auch weiterhin aktiv begleiten.

Zum Download:

Das vollständige NKR-Positionspapier von Juli 2023 können Sie hier einsehen.

Das NKR-Gutachten von 2019 „Möglichkeiten zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren“ lesen Sie hier.