Konzentrationslager Auschwitz

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Verfasst von Edith Raim

Größter NS-Lagerkomplex zur Konzentration, Ausbeutung und Vernichtung von Jüdinnen*Juden und anderen Menschen

Ankunft und ‚Selektion‘ ungarischer Juden im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, 27.5.1944 | Yad Vashem, 268_35

Auschwitz bezeichnet sowohl das Konzentrationslager Auschwitz (Auschwitz I), das Vernichtungslager und KZ Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) und das nahegelegene KZ Auschwitz-Monowitz (Auschwitz III) nahe der südpolnischen Stadt Auschwitz (Oświęcim). Weitere, etwa 50 zu Auschwitz gehörige Außenlager befanden sich an zahlreichen anderen Orten vor allem in der polnischen Region Oberschlesien. Darüber hinaus steht Auschwitz als Synonym für den industrialisierten Massenmord und den Holocaust an sich, obwohl mehr Opfer des Holocaust bei Massenerschießungen starben als in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau.

Die Errichtung des Haupt- oder Stammlagers Auschwitz im annektierten polnischen Gebiet Oberschlesien wurde von Heinrich Himmler als dem Reichsführer SS am 27.4.1940 befohlen; Ende Mai wurde es mit Häftlingen belegt. Die Wahl des Ortes beruhte auf infrastrukturellen Gegebenheiten – nach dem Ende des ‚Blitzkriegs‘ gab es leere polnische Kasernen – und der Anbindung an einen wichtigen Bahnknotenpunkt.

Die ersten Häftlinge waren Polen, die Zwangsarbeiten für das Deutsche Reich verrichten sollten. Schon weniger als ein Jahr nach der Eröffnung wurde das Lager vergrößert. Vermutlich bereits im August 1941, sicher ab dem 5./6. September 1941, wurden sowjetische Kriegsgefangene und geschwächte Häftlinge in Auschwitz I mit Gas ermordet.

Im Herbst 1941 wurde Auschwitz-Birkenau errichtet, dessen Kommandant Rudolf Höß war. Der Lagerkomplex Auschwitz erfüllte eine Doppelfunktion in der nationalsozialistischen Terror- und Vernichtungsstrategie. Einerseits diente insbesondere Auschwitz-Birkenau dem Massenmord an den europäischen Juden, andererseits der Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge. Anders als die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka zählte der Lagerkomplex Auschwitz nicht zur ‚Aktion Reinhard(t)‘, sondern war wie andere Konzentrationslager dem SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt unterstellt. Geplant war Auschwitz II ursprünglich als Lager für 100.000 sowjetische Kriegsgefangene, die nach dem Überfall auf die Sowjetunion in deutsche Hände geraten waren.

Anders als in der NS-‚Euthanasie‘, den Vernichtungslagern der ‚Aktion Reinhard(t)‘ oder den Gaswagen kam in Auschwitz nicht Kohlenmonoxid, das durch Motoren erzeugt wurde, sondern das Gift Zyklon B zum Einsatz. Die jüdischen Opfer wurden ab Juni 1942 ‚selektiert‘, wobei stets nur 10 bis 15 Prozent der in das Lager verschleppten Menschen zur Arbeit ausgewählt wurden. Die anderen wurden in zwei zu Gaskammern umgebauten Bauernhäusern, die als ‚Bunker 1‘ und ‚Bunker 2‘ bezeichnet wurden, außerhalb der Lagerumzäunung ermordet. 1943 wurden zu den bereits zwei bestehenden Gaskammern in Auschwitz-Birkenau vier Krematorien mit angeschlossenen Gaskammern errichtet. Für die Arbeiten in den Gaskammern und bei der anschließenden Verbrennung der Leichen in den Öfen der Krematorien wurden jüdische Sonderkommandos eingesetzt, deren Mitglieder in regelmäßigen Abständen getötet wurden. Bei dem Aufstand des Sonderkommandos im Oktober 1944 wurde ein Krematorium mit Sprengstoff teilweise zerstört. Im November 1944 wurden zur Verwischung von Spuren auf Befehl von Heinrich Himmler die Gaskammern gesprengt.

Das große Areal von Auschwitz-Birkenau beinhaltete einzelne Lagereinheiten, die vom Rest des Lagers isoliert waren, wie etwa das ‚Familienlager‘ Theresienstadt für Gefangene, die aus dem Ghetto Theresienstadt nach Auschwitz deportiert worden waren. Über 22.000 Sinti*zze und Rom*nja wurden in das ebenfalls klar separierte ‚Zigeunerlager‘ gepfercht. Der Lagerarzt Josef Mengele führte pseudowissenschaftliche Experimente an Menschen durch.

Die Rampe mit Gleisanschluss direkt ins Lager, an der die Bahntransporte ankamen und Selektionen stattfanden, wurde erst im Zuge der Deportation der ungarischen Juden*Jüdinnen 1944 errichtet, vorher waren die Deportierten südlich des Bahnhofs Auschwitz aus den Zügen getrieben worden.

Auschwitz-Monowitz, auch „Auschwitz III“, war ursprünglich ein Außenlager, bis es im Herbst 1943 den Status eines Konzentrationslagers erhielt. Wie bei Außenlagern typisch, stand es für die Zusammenarbeit zwischen Industrie (hier des IG Farben Konzerns) und SS. Von Seiten der SS wurden Häftlinge als Zwangsarbeiter*innen für die Buna-Werke der IG Farben AG zur Verfügung gestellt, der Konzern beteiligte sich durch die Errichtung der Baracken und bezahlte der SS pro eingesetztem Häftling einen Tagessatz von 4,- für ungelernte bzw. 6,- Reichsmark für Facharbeiter.

Von 1940 bis zur Befreiung von Auschwitz am 27.1.1945 wurden rund 400.000 Häftlinge im Lagerkomplex Auschwitz registriert. Die meisten der aus allen Teilen Europas deportierten Juden*Jüdinnen wurden aber nicht als Häftlinge aufgenommen und erhielten keine Nummer, sondern wurden sofort nach ihrer Ankunft in Gaskammern ermordet. Schätzungen zufolge wurden etwa 1,3 Millionen Menschen nach Auschwitz deportiert, von denen ca. 900.000 sofort in den Gaskammern ermordet wurden, etwa 200.000 fielen den elenden Lebens- und Arbeitsbedingungen, Menschenversuchen, Selektionen und Hinrichtungen im Lager zum Opfer. Wegen der rassistischen Verfolgung, die anders als etwa bei ‚politischen‘ Häftlingen stets die ganze Familie einbezog, war der Anteil an Frauen und Kindern in Auschwitz hoch: etwa ein Drittel der Häftlinge waren Frauen.

Vor dem Anmarsch der Roten Armee wurde Auschwitz geräumt und zehntausende Häftlinge auf ‚Todesmärschen‘ Richtung Westen getrieben. Geschwächte Häftlinge wurden erschossen. Auch nach der Befreiung am 27.1.1945 durch sowjetische Truppen starben noch Hunderte von Häftlingen an Krankheiten.

Insgesamt waren über 8000 Personen – insbesondere Angehörige der SS-Totenkopfverbände – im Betrieb und bei der Bewachung des Lagerkomplexes eingesetzt. Nach Kriegsende konnten nur einzelne Verantwortliche in verschiedenen Prozessen zur Rechenschaft gezogen werden: Im britischen Bergen-Belsen-Prozess standen Täter*innen aus Auschwitz vor Gericht, ebenso im polnischen Auschwitz-Prozess in Krakau oder im amerikanischen IG-Farben-Prozess in Nürnberg. West- und ostdeutsche Staatsanwaltschaften ermittelten seit den späten 1940er-Jahren zu den Verbrechen, erste Prozesse fanden 1948/49 in München, Nürnberg-Fürth und Berlin statt. Die umfassendsten Verfahren waren die Auschwitz-Prozesse vor dem Landgericht Frankfurt am Main in den Jahren von 1963 bis 1967. Auch in Österreich wurden Verfahren zu Auschwitz durchgeführt.

Die Überreste des Lagers sind schon seit 1947 eine Gedenkstätte, seit 2007 gilt das Gelände als UNESCO-Welterbe. Dort werden u. a. verschiedene Ausstellungen zur Geschichte und Nachgeschichte von Auschwitz gezeigt.

Quellen

Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007.
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek/Hamburg 1989.
Greif, Gideon/Siebers, Peter: Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Vernichtungslager, Köln 2016.
Bruttmann, Tal, Hördler, Stefan und Kreutzmüller, Christoph: Die fotografische Inszenierung des Verbrechens. Ein Album aus Auschwitz, Darmstadt 2019.
Steinbacher, Sybille: Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte, München 2007.
Van Pelt, Robert-Jan/Dwork, Deborah: Auschwitz. Von 1270 bis heute, Zürich 1998.



Empfohlene Zitierweise

Edith Raim: Konzentrationslager Auschwitz (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/konzentrationslager-auschwitz-452